Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der drey und sechzigste Brief
von
Hrn. Lovelace an Fräulein Clarissa Harlowe.
Mit der Aufschrift:
An Frau Lovelacen.

Mein allerliebstes Leben.

Wo Sie die elende Person, welche ich gestern
Abends vor Jhnen spielte, nicht der Liebe
und dem Schrecken, das die Liebe erweckte, zu-
schreiben, so werden Sie mir nicht Gerechtigkeit
widerfahren lassen. Jch dachte, ich wollte bis
auf den letzten Augenblick versuchen, ob ich Sie
nicht gewinnen könnte, wenn ich Jhnen in allen
Stücken
gefällig wäre, mir zu versprechen, daß
Sie künftigen Donnerstag die Meinige seyn woll-
ten: da Sie mir doch den Tag nicht eher bestim-
men wollten. Hätte ich so glücklich seyn können:
so würde Jhnen keine Hinderniß geleget seyn,
nach Hampstead, oder wohin Jhnen sonst belieb-
te, zu gehen. Da ich Sie aber nicht bewegen
konnte, mir diese Versicherung zu geben: was
hatte ich denn wohl für Grund übrig, bey meiner
so großen Unwürdigkeit zu glauben, daß ich Jh-

rer
F f f 4




Der drey und ſechzigſte Brief
von
Hrn. Lovelace an Fraͤulein Clariſſa Harlowe.
Mit der Aufſchrift:
An Frau Lovelacen.

Mein allerliebſtes Leben.

Wo Sie die elende Perſon, welche ich geſtern
Abends vor Jhnen ſpielte, nicht der Liebe
und dem Schrecken, das die Liebe erweckte, zu-
ſchreiben, ſo werden Sie mir nicht Gerechtigkeit
widerfahren laſſen. Jch dachte, ich wollte bis
auf den letzten Augenblick verſuchen, ob ich Sie
nicht gewinnen koͤnnte, wenn ich Jhnen in allen
Stuͤcken
gefaͤllig waͤre, mir zu verſprechen, daß
Sie kuͤnftigen Donnerſtag die Meinige ſeyn woll-
ten: da Sie mir doch den Tag nicht eher beſtim-
men wollten. Haͤtte ich ſo gluͤcklich ſeyn koͤnnen:
ſo wuͤrde Jhnen keine Hinderniß geleget ſeyn,
nach Hampſtead, oder wohin Jhnen ſonſt belieb-
te, zu gehen. Da ich Sie aber nicht bewegen
konnte, mir dieſe Verſicherung zu geben: was
hatte ich denn wohl fuͤr Grund uͤbrig, bey meiner
ſo großen Unwuͤrdigkeit zu glauben, daß ich Jh-

rer
F f f 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0829" n="823"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der drey und &#x017F;echzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Hrn. Lovelace an Fra&#x0364;ulein Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe.</hi><lb/>
Mit der Auf&#x017F;chrift:<lb/><hi rendition="#fr">An Frau Lovelacen.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">M. Hall Sonnabends Abends,<lb/>
den 24ten Jun.</hi> </dateline><lb/>
          <salute> <hi rendition="#et">Mein allerlieb&#x017F;tes Leben.</hi> </salute><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>o Sie die elende Per&#x017F;on, welche ich ge&#x017F;tern<lb/>
Abends vor Jhnen &#x017F;pielte, nicht der Liebe<lb/>
und dem Schrecken, das die Liebe erweckte, zu-<lb/>
&#x017F;chreiben, &#x017F;o werden Sie mir nicht Gerechtigkeit<lb/>
widerfahren la&#x017F;&#x017F;en. Jch dachte, ich wollte bis<lb/>
auf den letzten Augenblick ver&#x017F;uchen, ob ich Sie<lb/>
nicht gewinnen ko&#x0364;nnte, wenn ich Jhnen in <hi rendition="#fr">allen<lb/>
Stu&#x0364;cken</hi> gefa&#x0364;llig wa&#x0364;re, mir zu ver&#x017F;prechen, daß<lb/>
Sie ku&#x0364;nftigen Donner&#x017F;tag die Meinige &#x017F;eyn woll-<lb/>
ten: da Sie mir doch den Tag nicht eher be&#x017F;tim-<lb/>
men wollten. Ha&#x0364;tte ich &#x017F;o glu&#x0364;cklich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen:<lb/>
&#x017F;o wu&#x0364;rde Jhnen keine Hinderniß geleget &#x017F;eyn,<lb/>
nach Hamp&#x017F;tead, oder wohin Jhnen &#x017F;on&#x017F;t belieb-<lb/>
te, zu gehen. Da ich Sie aber nicht bewegen<lb/>
konnte, mir die&#x017F;e Ver&#x017F;icherung zu geben: was<lb/>
hatte ich denn wohl fu&#x0364;r Grund u&#x0364;brig, bey meiner<lb/>
&#x017F;o großen Unwu&#x0364;rdigkeit zu glauben, daß ich Jh-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f f 4</fw><fw place="bottom" type="catch">rer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[823/0829] Der drey und ſechzigſte Brief von Hrn. Lovelace an Fraͤulein Clariſſa Harlowe. Mit der Aufſchrift: An Frau Lovelacen. M. Hall Sonnabends Abends, den 24ten Jun. Mein allerliebſtes Leben. Wo Sie die elende Perſon, welche ich geſtern Abends vor Jhnen ſpielte, nicht der Liebe und dem Schrecken, das die Liebe erweckte, zu- ſchreiben, ſo werden Sie mir nicht Gerechtigkeit widerfahren laſſen. Jch dachte, ich wollte bis auf den letzten Augenblick verſuchen, ob ich Sie nicht gewinnen koͤnnte, wenn ich Jhnen in allen Stuͤcken gefaͤllig waͤre, mir zu verſprechen, daß Sie kuͤnftigen Donnerſtag die Meinige ſeyn woll- ten: da Sie mir doch den Tag nicht eher beſtim- men wollten. Haͤtte ich ſo gluͤcklich ſeyn koͤnnen: ſo wuͤrde Jhnen keine Hinderniß geleget ſeyn, nach Hampſtead, oder wohin Jhnen ſonſt belieb- te, zu gehen. Da ich Sie aber nicht bewegen konnte, mir dieſe Verſicherung zu geben: was hatte ich denn wohl fuͤr Grund uͤbrig, bey meiner ſo großen Unwuͤrdigkeit zu glauben, daß ich Jh- rer F f f 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/829
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 823. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/829>, abgerufen am 28.03.2024.