Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



daß ich kein höflicher Mann bin!) den seine
eigne Zärtlichkeit verräth, und der zu weibli-
chen Thränen nicht gewöhnt ist, überwunden
seyn würde? Jch werde bei dieser Gelegenheit
eine Unentschlossenheit annehmen, damit sie
mich nicht ganz verabscheuet; - - damit in mei-
ner Abwesenheit ihre Betrachtungen über die-
sen Auftrit sie an einige meiner Schönheiten
erinnern mögen, die ich dabei gezeiget habe.
Eine ehrerbietige, ehrfurchtsvolle, demüthige
Unentschlossenheit, die beredter seyn wird, als
alle Worte sie auszudrücken vermögen! Sprich
nur aus, mein Schaz, nur ganz aus!

Wer eine freie Lebensart u. s. w.

Th. IV. S. 108. L. 11. nach den Worten:
Unvollkommenheit herrschet.

Das Ende von allem, was ich geschrieben
habe, ist dies: Entweder heirathen Sie, mein
Kind, oder entfernen Sie sich von ihnen allen,
und von ihm auch.

Sie gedenken das letztere zu thun, werden
Sie sagen, so bald Sie eine Gelegenheit finden,
Diese hoffe ich Jhnen, wie ich schon oben zu
verstehen gegeben, bald genug zu verschaffen;
und dann werden Sie mit sich selbst zu käm-
pfen haben.

Dies sind eben die Herren, die wir Mädgen
von Natur nicht hassen. Wir wissen nie, was
in unsrer Macht stehet, zu thun, oder nicht.
Wenn ein Haupt-Vorwurf, den wir lange im

Gesicht
K 2



daß ich kein hoͤflicher Mann bin!) den ſeine
eigne Zaͤrtlichkeit verraͤth, und der zu weibli-
chen Thraͤnen nicht gewoͤhnt iſt, uͤberwunden
ſeyn wuͤrde? Jch werde bei dieſer Gelegenheit
eine Unentſchloſſenheit annehmen, damit ſie
mich nicht ganz verabſcheuet; ‒ ‒ damit in mei-
ner Abweſenheit ihre Betrachtungen uͤber die-
ſen Auftrit ſie an einige meiner Schoͤnheiten
erinnern moͤgen, die ich dabei gezeiget habe.
Eine ehrerbietige, ehrfurchtsvolle, demuͤthige
Unentſchloſſenheit, die beredter ſeyn wird, als
alle Worte ſie auszudruͤcken vermoͤgen! Sprich
nur aus, mein Schaz, nur ganz aus!

Wer eine freie Lebensart u. ſ. w.

Th. IV. S. 108. L. 11. nach den Worten:
Unvollkommenheit herrſchet.

Das Ende von allem, was ich geſchrieben
habe, iſt dies: Entweder heirathen Sie, mein
Kind, oder entfernen Sie ſich von ihnen allen,
und von ihm auch.

Sie gedenken das letztere zu thun, werden
Sie ſagen, ſo bald Sie eine Gelegenheit finden,
Dieſe hoffe ich Jhnen, wie ich ſchon oben zu
verſtehen gegeben, bald genug zu verſchaffen;
und dann werden Sie mit ſich ſelbſt zu kaͤm-
pfen haben.

Dies ſind eben die Herren, die wir Maͤdgen
von Natur nicht haſſen. Wir wiſſen nie, was
in unſrer Macht ſtehet, zu thun, oder nicht.
Wenn ein Haupt-Vorwurf, den wir lange im

Geſicht
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0155" n="147"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
daß ich kein <hi rendition="#fr">ho&#x0364;flicher</hi> Mann bin!) den &#x017F;eine<lb/>
eigne Za&#x0364;rtlichkeit verra&#x0364;th, und der zu weibli-<lb/>
chen Thra&#x0364;nen nicht gewo&#x0364;hnt i&#x017F;t, u&#x0364;berwunden<lb/>
&#x017F;eyn wu&#x0364;rde? Jch werde bei die&#x017F;er Gelegenheit<lb/>
eine Unent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit annehmen, damit &#x017F;ie<lb/>
mich nicht <hi rendition="#fr">ganz</hi> verab&#x017F;cheuet; &#x2012; &#x2012; damit in mei-<lb/>
ner Abwe&#x017F;enheit ihre Betrachtungen u&#x0364;ber die-<lb/>
&#x017F;en Auftrit &#x017F;ie an einige meiner Scho&#x0364;nheiten<lb/>
erinnern mo&#x0364;gen, die <hi rendition="#fr">ich</hi> dabei gezeiget habe.<lb/>
Eine ehrerbietige, ehrfurchtsvolle, demu&#x0364;thige<lb/>
Unent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit, die beredter &#x017F;eyn wird, als<lb/>
alle Worte &#x017F;ie auszudru&#x0364;cken vermo&#x0364;gen! Sprich<lb/>
nur aus, mein Schaz, nur ganz aus!</p><lb/>
          <p>Wer eine freie Lebensart u. &#x017F;. w.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 108. L. 11. nach den Worten:<lb/><hi rendition="#fr">Unvollkommenheit herr&#x017F;chet.</hi></head><lb/>
          <p>Das Ende von allem, was ich ge&#x017F;chrieben<lb/>
habe, i&#x017F;t dies: Entweder heirathen Sie, mein<lb/>
Kind, oder entfernen Sie &#x017F;ich von ihnen allen,<lb/>
und von ihm auch.</p><lb/>
          <p>Sie gedenken das letztere zu thun, werden<lb/>
Sie &#x017F;agen, &#x017F;o bald Sie eine Gelegenheit finden,<lb/>
Die&#x017F;e hoffe ich Jhnen, wie ich &#x017F;chon oben zu<lb/>
ver&#x017F;tehen gegeben, bald genug zu ver&#x017F;chaffen;<lb/>
und dann werden Sie mit <hi rendition="#fr">&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t</hi> zu ka&#x0364;m-<lb/>
pfen haben.</p><lb/>
          <p>Dies &#x017F;ind eben die Herren, die wir Ma&#x0364;dgen<lb/>
von Natur nicht ha&#x017F;&#x017F;en. Wir wi&#x017F;&#x017F;en nie, was<lb/>
in un&#x017F;rer Macht &#x017F;tehet, zu thun, oder nicht.<lb/>
Wenn ein Haupt-Vorwurf, den wir lange im<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;icht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0155] daß ich kein hoͤflicher Mann bin!) den ſeine eigne Zaͤrtlichkeit verraͤth, und der zu weibli- chen Thraͤnen nicht gewoͤhnt iſt, uͤberwunden ſeyn wuͤrde? Jch werde bei dieſer Gelegenheit eine Unentſchloſſenheit annehmen, damit ſie mich nicht ganz verabſcheuet; ‒ ‒ damit in mei- ner Abweſenheit ihre Betrachtungen uͤber die- ſen Auftrit ſie an einige meiner Schoͤnheiten erinnern moͤgen, die ich dabei gezeiget habe. Eine ehrerbietige, ehrfurchtsvolle, demuͤthige Unentſchloſſenheit, die beredter ſeyn wird, als alle Worte ſie auszudruͤcken vermoͤgen! Sprich nur aus, mein Schaz, nur ganz aus! Wer eine freie Lebensart u. ſ. w. Th. IV. S. 108. L. 11. nach den Worten: Unvollkommenheit herrſchet. Das Ende von allem, was ich geſchrieben habe, iſt dies: Entweder heirathen Sie, mein Kind, oder entfernen Sie ſich von ihnen allen, und von ihm auch. Sie gedenken das letztere zu thun, werden Sie ſagen, ſo bald Sie eine Gelegenheit finden, Dieſe hoffe ich Jhnen, wie ich ſchon oben zu verſtehen gegeben, bald genug zu verſchaffen; und dann werden Sie mit ſich ſelbſt zu kaͤm- pfen haben. Dies ſind eben die Herren, die wir Maͤdgen von Natur nicht haſſen. Wir wiſſen nie, was in unſrer Macht ſtehet, zu thun, oder nicht. Wenn ein Haupt-Vorwurf, den wir lange im Geſicht K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/155
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/155>, abgerufen am 18.04.2024.