Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite


Montags Nachts um eilf Uhr.

Jch fürchte, man wird mich nicht würdig
halten - -

Eben wie ich fürchtete, daß man mich kei-
ner Antwort würdigen würde, klopfet Elisa-
beth
an meine Thür, und sagt, wenn ich noch
nicht zu Bette wäre, so hätte sie einen Brief an
mich. Jch hatte nur eben das obige Gespräch
niedergeschrieben, und gieng, mit der Feder in
der Hand, nach der Thür zu - - Jmmer im
schreiben, Fräulein! sagte das verwegne Weib-
stück. Es ist zu verwundern, wie Sie das so
wegbringen können, was Sie schreiben. Es
müssen doch wol, wie man sagt, die Heren all-
zeit bei der Hand seyn, den Verliebten zu hel-
fen - - Sie gieng so geschwind wieder fort,
daß, wenn ich auch dazu aufgeräumt gewesen
wäre, ich doch diese Verwegenheit nicht so ahn-
den konnte, wie sie es verdiente.

Jch lege meines Bruders Brief bei. Er
hat mir zeigen wollen, daß ich von seiner Gut-
heit nichts zu hoffen haben sollte. Doch wird
man ihm wenigstens nicht alles zugestehen, was
er sucht. Die Zusammenkunft meiner Ver-
wandten auf Morgen ist ein gutes Zeichen, und
dies sowol, als daß meine Vorschläge so billig
sind, läßt mich etwas hoffen. Jetzt will ich
versuchen, ob ich wol so glücklich seyn sollte,
die übrige Nacht ein wenig auszuruhen.

An
A 3


Montags Nachts um eilf Uhr.

Jch fuͤrchte, man wird mich nicht wuͤrdig
halten ‒ ‒

Eben wie ich fuͤrchtete, daß man mich kei-
ner Antwort wuͤrdigen wuͤrde, klopfet Eliſa-
beth
an meine Thuͤr, und ſagt, wenn ich noch
nicht zu Bette waͤre, ſo haͤtte ſie einen Brief an
mich. Jch hatte nur eben das obige Geſpraͤch
niedergeſchrieben, und gieng, mit der Feder in
der Hand, nach der Thuͤr zu ‒ ‒ Jmmer im
ſchreiben, Fraͤulein! ſagte das verwegne Weib-
ſtuͤck. Es iſt zu verwundern, wie Sie das ſo
wegbringen koͤnnen, was Sie ſchreiben. Es
muͤſſen doch wol, wie man ſagt, die Heren all-
zeit bei der Hand ſeyn, den Verliebten zu hel-
fen ‒ ‒ Sie gieng ſo geſchwind wieder fort,
daß, wenn ich auch dazu aufgeraͤumt geweſen
waͤre, ich doch dieſe Verwegenheit nicht ſo ahn-
den konnte, wie ſie es verdiente.

Jch lege meines Bruders Brief bei. Er
hat mir zeigen wollen, daß ich von ſeiner Gut-
heit nichts zu hoffen haben ſollte. Doch wird
man ihm wenigſtens nicht alles zugeſtehen, was
er ſucht. Die Zuſammenkunft meiner Ver-
wandten auf Morgen iſt ein gutes Zeichen, und
dies ſowol, als daß meine Vorſchlaͤge ſo billig
ſind, laͤßt mich etwas hoffen. Jetzt will ich
verſuchen, ob ich wol ſo gluͤcklich ſeyn ſollte,
die uͤbrige Nacht ein wenig auszuruhen.

An
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0013" n="5"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p> <hi rendition="#et">Montags Nachts um eilf Uhr.</hi> </p><lb/>
          <p>Jch fu&#x0364;rchte, man wird mich nicht wu&#x0364;rdig<lb/>
halten &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Eben wie ich fu&#x0364;rchtete, daß man mich kei-<lb/>
ner Antwort wu&#x0364;rdigen wu&#x0364;rde, klopfet <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;a-<lb/>
beth</hi> an meine Thu&#x0364;r, und &#x017F;agt, wenn ich noch<lb/>
nicht zu Bette wa&#x0364;re, &#x017F;o ha&#x0364;tte &#x017F;ie einen Brief an<lb/>
mich. Jch hatte nur eben das obige Ge&#x017F;pra&#x0364;ch<lb/>
niederge&#x017F;chrieben, und gieng, mit der Feder in<lb/>
der Hand, nach der Thu&#x0364;r zu &#x2012; &#x2012; Jmmer im<lb/>
&#x017F;chreiben, Fra&#x0364;ulein! &#x017F;agte das verwegne Weib-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ck. Es i&#x017F;t zu verwundern, wie Sie das &#x017F;o<lb/>
wegbringen ko&#x0364;nnen, was Sie &#x017F;chreiben. Es<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en doch wol, wie man &#x017F;agt, die Heren all-<lb/>
zeit bei der Hand &#x017F;eyn, den Verliebten zu hel-<lb/>
fen &#x2012; &#x2012; Sie gieng &#x017F;o ge&#x017F;chwind wieder fort,<lb/>
daß, wenn ich auch dazu aufgera&#x0364;umt gewe&#x017F;en<lb/>
wa&#x0364;re, ich doch die&#x017F;e Verwegenheit nicht &#x017F;o ahn-<lb/>
den konnte, wie &#x017F;ie es verdiente.</p><lb/>
          <p>Jch lege meines Bruders Brief bei. Er<lb/>
hat mir zeigen wollen, daß ich von &#x017F;einer Gut-<lb/>
heit nichts zu hoffen haben &#x017F;ollte. Doch wird<lb/>
man ihm wenig&#x017F;tens nicht alles zuge&#x017F;tehen, was<lb/>
er &#x017F;ucht. Die Zu&#x017F;ammenkunft meiner Ver-<lb/>
wandten auf Morgen i&#x017F;t ein gutes Zeichen, und<lb/>
dies &#x017F;owol, als daß meine Vor&#x017F;chla&#x0364;ge &#x017F;o billig<lb/>
&#x017F;ind, la&#x0364;ßt mich etwas hoffen. Jetzt will ich<lb/>
ver&#x017F;uchen, ob ich wol &#x017F;o glu&#x0364;cklich &#x017F;eyn &#x017F;ollte,<lb/>
die u&#x0364;brige Nacht ein wenig auszuruhen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">An</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0013] Montags Nachts um eilf Uhr. Jch fuͤrchte, man wird mich nicht wuͤrdig halten ‒ ‒ Eben wie ich fuͤrchtete, daß man mich kei- ner Antwort wuͤrdigen wuͤrde, klopfet Eliſa- beth an meine Thuͤr, und ſagt, wenn ich noch nicht zu Bette waͤre, ſo haͤtte ſie einen Brief an mich. Jch hatte nur eben das obige Geſpraͤch niedergeſchrieben, und gieng, mit der Feder in der Hand, nach der Thuͤr zu ‒ ‒ Jmmer im ſchreiben, Fraͤulein! ſagte das verwegne Weib- ſtuͤck. Es iſt zu verwundern, wie Sie das ſo wegbringen koͤnnen, was Sie ſchreiben. Es muͤſſen doch wol, wie man ſagt, die Heren all- zeit bei der Hand ſeyn, den Verliebten zu hel- fen ‒ ‒ Sie gieng ſo geſchwind wieder fort, daß, wenn ich auch dazu aufgeraͤumt geweſen waͤre, ich doch dieſe Verwegenheit nicht ſo ahn- den konnte, wie ſie es verdiente. Jch lege meines Bruders Brief bei. Er hat mir zeigen wollen, daß ich von ſeiner Gut- heit nichts zu hoffen haben ſollte. Doch wird man ihm wenigſtens nicht alles zugeſtehen, was er ſucht. Die Zuſammenkunft meiner Ver- wandten auf Morgen iſt ein gutes Zeichen, und dies ſowol, als daß meine Vorſchlaͤge ſo billig ſind, laͤßt mich etwas hoffen. Jetzt will ich verſuchen, ob ich wol ſo gluͤcklich ſeyn ſollte, die uͤbrige Nacht ein wenig auszuruhen. An A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/13
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/13>, abgerufen am 28.03.2024.