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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

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B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
dem Dreiblatt. Die einzelnen Blätter zeigen eine deutliche vegetabilische
Stilisirung mit Mittelrippe und divergirenden Seitenrippchen. Diese
Stilisirung ist den analogen egyptischen Lotus-Dreiblättern27) fremd.
Man könnte daher versucht sein das mykenische Dreiblatt, wie es in
Fig. 54 entgegentritt, für eine selbständige mykenische Erfindung zu
halten, wenn sich der Zusammenhang desselben mit egyptischen Vor-
bildern nicht monumental nachweisen liesse.

Den Ausgangspunkt für diesen Nachweis bildet die berühmte, in
Stein skulpirte Decke von Orchomenos (Fig. 55 nach Schliemann,

[Abbildung] Fig. 55.

Skulpirtes Deckenornament von Orchomenos.

Orchomenos Taf. 2). Wer den entwicklungsgeschichtlichen Faden der
Ornamentik, soweit wir ihn bisher entrollt haben, sich gegenwärtig hält,
dem wird auf den ersten Blick insbesondere die daran (Schliemann,
ebendas. Taf. 1) durchgeführte entschiedene Scheidung zwischen Innen-
feld und Bordüre auffallen. Doch müssen wir die Erörterung dieses
Punktes vorläufig verschieben und vor Allem jene Umstände in's Auge
fassen, welche einen unmittelbaren Zusammenhang des vorliegenden

27) Z. B. Fig. 20 in Skulptur, aber auch in der minder strengen
Malerei.

B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
dem Dreiblatt. Die einzelnen Blätter zeigen eine deutliche vegetabilische
Stilisirung mit Mittelrippe und divergirenden Seitenrippchen. Diese
Stilisirung ist den analogen egyptischen Lotus-Dreiblättern27) fremd.
Man könnte daher versucht sein das mykenische Dreiblatt, wie es in
Fig. 54 entgegentritt, für eine selbständige mykenische Erfindung zu
halten, wenn sich der Zusammenhang desselben mit egyptischen Vor-
bildern nicht monumental nachweisen liesse.

Den Ausgangspunkt für diesen Nachweis bildet die berühmte, in
Stein skulpirte Decke von Orchomenos (Fig. 55 nach Schliemann,

[Abbildung] Fig. 55.

Skulpirtes Deckenornament von Orchomenos.

Orchomenos Taf. 2). Wer den entwicklungsgeschichtlichen Faden der
Ornamentik, soweit wir ihn bisher entrollt haben, sich gegenwärtig hält,
dem wird auf den ersten Blick insbesondere die daran (Schliemann,
ebendas. Taf. 1) durchgeführte entschiedene Scheidung zwischen Innen-
feld und Bordüre auffallen. Doch müssen wir die Erörterung dieses
Punktes vorläufig verschieben und vor Allem jene Umstände in’s Auge
fassen, welche einen unmittelbaren Zusammenhang des vorliegenden

27) Z. B. Fig. 20 in Skulptur, aber auch in der minder strengen
Malerei.
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[130/0156] B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. dem Dreiblatt. Die einzelnen Blätter zeigen eine deutliche vegetabilische Stilisirung mit Mittelrippe und divergirenden Seitenrippchen. Diese Stilisirung ist den analogen egyptischen Lotus-Dreiblättern 27) fremd. Man könnte daher versucht sein das mykenische Dreiblatt, wie es in Fig. 54 entgegentritt, für eine selbständige mykenische Erfindung zu halten, wenn sich der Zusammenhang desselben mit egyptischen Vor- bildern nicht monumental nachweisen liesse. Den Ausgangspunkt für diesen Nachweis bildet die berühmte, in Stein skulpirte Decke von Orchomenos (Fig. 55 nach Schliemann, [Abbildung Fig. 55. Skulpirtes Deckenornament von Orchomenos.] Orchomenos Taf. 2). Wer den entwicklungsgeschichtlichen Faden der Ornamentik, soweit wir ihn bisher entrollt haben, sich gegenwärtig hält, dem wird auf den ersten Blick insbesondere die daran (Schliemann, ebendas. Taf. 1) durchgeführte entschiedene Scheidung zwischen Innen- feld und Bordüre auffallen. Doch müssen wir die Erörterung dieses Punktes vorläufig verschieben und vor Allem jene Umstände in’s Auge fassen, welche einen unmittelbaren Zusammenhang des vorliegenden 27) Z. B. Fig. 20 in Skulptur, aber auch in der minder strengen Malerei.

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Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/156>, abgerufen am 19.04.2024.