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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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EXCURS I.


DIE LAOKOONSAGE.

Der Mythos von dem Tode des Laokoon und seiner beiden
Söhne, der heute, Dank der vatikanischen Gruppe, zu den
populärsten Sagen gehört, scheint sich im Altertum keineswegs
der gleichen Beliebtheit und Verbreitung erfreut zu haben; wie
es keine bildliche Darstellung desselben giebt, die mit Sicherheit
für älter zu halten wäre, als Vergil, so sind auch die Er-
wähnungen desselben in der Litteratur recht vereinzelt und
dürftig. Es erscheint, namentlich einigen neueren Besprechungen
gegenüber, nicht überflüssig, das Wenige, was sich über die Ent-
wickelungsgeschichte des Mythos erkennen lässt, hier in Kürze
zusammenzustellen.

Die älteste Erwähnung des Mythos in der Litteratur ist die
bei Arktinos; in der Inhaltsangabe des Proklos heisst es: tra-
pentes de eis euphrosunen euokhountai os apellagmenoi tou pole-
mou; en auto de touto duo drakontes epiphanentes ton te Lao-
koonta kai ton eteron ton paidon diaphtheirousin; epi de to
terati dusphoresantes oi peri ton Aineian upexelthon eis ten
Iden 1). Charakteristisch ist an dieser Fassung vor Allem die

1) Dass Tzetzes zu Lykophron 344 und Posthom. 714 den Proklos ausschreibt,
also als selbständiger Zeuge nicht in Betracht kommt, würde ich nicht er-
innern, wenn nicht Welcker, Griech. Trag. S. 155 und Stark, Arch. Zeit. 1879
S. 169 auf diese Stellen Gewicht zu legen schienen; von "Eudokia" p. 31
ganz zu geschweigen.
EXCURS I.


DIE LAOKOONSAGE.

Der Mythos von dem Tode des Laokoon und seiner beiden
Söhne, der heute, Dank der vatikanischen Gruppe, zu den
populärsten Sagen gehört, scheint sich im Altertum keineswegs
der gleichen Beliebtheit und Verbreitung erfreut zu haben; wie
es keine bildliche Darstellung desselben giebt, die mit Sicherheit
für älter zu halten wäre, als Vergil, so sind auch die Er-
wähnungen desselben in der Litteratur recht vereinzelt und
dürftig. Es erscheint, namentlich einigen neueren Besprechungen
gegenüber, nicht überflüssig, das Wenige, was sich über die Ent-
wickelungsgeschichte des Mythos erkennen läſst, hier in Kürze
zusammenzustellen.

Die älteste Erwähnung des Mythos in der Litteratur ist die
bei Arktinos; in der Inhaltsangabe des Proklos heiſst es: τρα-
πέντες δὲ εἰς εὐφροσύνην εὐωχοῦνται ὡς ἀπηλλαγμένοι τοῦ πολέ-
μου· ἐν αὐτῷ δὲ τούτῳ δύο δράκοντες ἐπιφανέντες τόν τε Λαο-
κόωντα καὶ τὸν ἕτερον τῶν παίδων διαφϑείρουσιν· ἐπὶ δὲ τῷ
τέρατι δυσφορήσαντες οἱ περὶ τὸν Αἰνείαν ὑπεξῆλϑον εἰς τὴν
Ἴδην 1). Charakteristisch ist an dieser Fassung vor Allem die

1) Daſs Tzetzes zu Lykophron 344 und Posthom. 714 den Proklos ausschreibt,
also als selbständiger Zeuge nicht in Betracht kommt, würde ich nicht er-
innern, wenn nicht Welcker, Griech. Trag. S. 155 und Stark, Arch. Zeit. 1879
S. 169 auf diese Stellen Gewicht zu legen schienen; von „Eudokia“ p. 31
ganz zu geschweigen.
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[[192]/0206] EXCURS I. DIE LAOKOONSAGE. Der Mythos von dem Tode des Laokoon und seiner beiden Söhne, der heute, Dank der vatikanischen Gruppe, zu den populärsten Sagen gehört, scheint sich im Altertum keineswegs der gleichen Beliebtheit und Verbreitung erfreut zu haben; wie es keine bildliche Darstellung desselben giebt, die mit Sicherheit für älter zu halten wäre, als Vergil, so sind auch die Er- wähnungen desselben in der Litteratur recht vereinzelt und dürftig. Es erscheint, namentlich einigen neueren Besprechungen gegenüber, nicht überflüssig, das Wenige, was sich über die Ent- wickelungsgeschichte des Mythos erkennen läſst, hier in Kürze zusammenzustellen. Die älteste Erwähnung des Mythos in der Litteratur ist die bei Arktinos; in der Inhaltsangabe des Proklos heiſst es: τρα- πέντες δὲ εἰς εὐφροσύνην εὐωχοῦνται ὡς ἀπηλλαγμένοι τοῦ πολέ- μου· ἐν αὐτῷ δὲ τούτῳ δύο δράκοντες ἐπιφανέντες τόν τε Λαο- κόωντα καὶ τὸν ἕτερον τῶν παίδων διαφϑείρουσιν· ἐπὶ δὲ τῷ τέρατι δυσφορήσαντες οἱ περὶ τὸν Αἰνείαν ὑπεξῆλϑον εἰς τὴν Ἴδην 1). Charakteristisch ist an dieser Fassung vor Allem die 1) Daſs Tzetzes zu Lykophron 344 und Posthom. 714 den Proklos ausschreibt, also als selbständiger Zeuge nicht in Betracht kommt, würde ich nicht er- innern, wenn nicht Welcker, Griech. Trag. S. 155 und Stark, Arch. Zeit. 1879 S. 169 auf diese Stellen Gewicht zu legen schienen; von „Eudokia“ p. 31 ganz zu geschweigen.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. [192]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/206>, abgerufen am 25.04.2024.