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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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I.
Das Tribunal von Petrikau.

(Zu Seite 23.)


Zur Ergänzung dessen, was ich über das Tribunal von
Petrikau S. 23 gesagt, theile ich aus den "Erinnerungen" des
Königs Stanislaw Poniatowski's (Pamietniki, p. 29 sqq.) die
Schilderung mit, welche derselbe sowohl von den Formen, in
welchen das Tribunal herkömmlich constituirt ward, als auch von
der Art und Weise giebt, in welcher die einander gegenüber-
stehenden Parteien diese Formen zu ihrem Vortheil auszunutzen
gewohnt waren:

"Seit der Errichtung dieses höchsten Gerichtshofes durch den
König Stephan Bathory waren alle Woiwodschaften der Krone
verpflichtet am ersten Montag nach dem Fest Mariä Geburt
(8. Septbr.) zwei oder drei Deputirte zu erwählen, welche sich am
ersten Montag nach dem Fest des heiligen Franziskus (4. Octbr.)
in Petrikau einfinden mußten, um zusammen das Tribunal zu
constituiren, welches alle vor den Land- und Schloßgerichten ge-
führten Rechtshändel in letzter Instanz zu entscheiden hatte. Be-
vor die Deputirten jedoch die ihnen im städtischen Rathhause be-
stimmten Sessel einnehmen durften, mußten sie die Rechtmäßigkeit
ihrer Wahl vor einer Prüfungscommission beweisen, welche aus
dem Landrichter und Landschreiber der Woiwodschaft Sieradz,

I.
Das Tribunal von Petrikau.

(Zu Seite 23.)


Zur Ergänzung deſſen, was ich über das Tribunal von
Petrikau S. 23 geſagt, theile ich aus den „Erinnerungen“ des
Königs Stanislaw Poniatowski’s (Pamiętniki, p. 29 sqq.) die
Schilderung mit, welche derſelbe ſowohl von den Formen, in
welchen das Tribunal herkömmlich conſtituirt ward, als auch von
der Art und Weiſe giebt, in welcher die einander gegenüber-
ſtehenden Parteien dieſe Formen zu ihrem Vortheil auszunutzen
gewohnt waren:

„Seit der Errichtung dieſes höchſten Gerichtshofes durch den
König Stephan Bathory waren alle Woiwodſchaften der Krone
verpflichtet am erſten Montag nach dem Feſt Mariä Geburt
(8. Septbr.) zwei oder drei Deputirte zu erwählen, welche ſich am
erſten Montag nach dem Feſt des heiligen Franziskus (4. Octbr.)
in Petrikau einfinden mußten, um zuſammen das Tribunal zu
conſtituiren, welches alle vor den Land- und Schloßgerichten ge-
führten Rechtshändel in letzter Inſtanz zu entſcheiden hatte. Be-
vor die Deputirten jedoch die ihnen im ſtädtiſchen Rathhauſe be-
ſtimmten Seſſel einnehmen durften, mußten ſie die Rechtmäßigkeit
ihrer Wahl vor einer Prüfungscommiſſion beweiſen, welche aus
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[[203]/0217] I. Das Tribunal von Petrikau. (Zu Seite 23.) Zur Ergänzung deſſen, was ich über das Tribunal von Petrikau S. 23 geſagt, theile ich aus den „Erinnerungen“ des Königs Stanislaw Poniatowski’s (Pamiętniki, p. 29 sqq.) die Schilderung mit, welche derſelbe ſowohl von den Formen, in welchen das Tribunal herkömmlich conſtituirt ward, als auch von der Art und Weiſe giebt, in welcher die einander gegenüber- ſtehenden Parteien dieſe Formen zu ihrem Vortheil auszunutzen gewohnt waren: „Seit der Errichtung dieſes höchſten Gerichtshofes durch den König Stephan Bathory waren alle Woiwodſchaften der Krone verpflichtet am erſten Montag nach dem Feſt Mariä Geburt (8. Septbr.) zwei oder drei Deputirte zu erwählen, welche ſich am erſten Montag nach dem Feſt des heiligen Franziskus (4. Octbr.) in Petrikau einfinden mußten, um zuſammen das Tribunal zu conſtituiren, welches alle vor den Land- und Schloßgerichten ge- führten Rechtshändel in letzter Inſtanz zu entſcheiden hatte. Be- vor die Deputirten jedoch die ihnen im ſtädtiſchen Rathhauſe be- ſtimmten Seſſel einnehmen durften, mußten ſie die Rechtmäßigkeit ihrer Wahl vor einer Prüfungscommiſſion beweiſen, welche aus dem Landrichter und Landſchreiber der Woiwodſchaft Sieradz,

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. [203]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/217>, abgerufen am 29.03.2024.