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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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5.

Wir können nicht mehr deutlich erkennen, wie der Seelen-
cult in nachhomerischer Zeit sich neu belebt und in auf- oder
absteigender Richtung entwickelt hat. Einzelne Thatsachen

Auf Verwandtschaft des agathos daimon mit chthonischen Mächten weist
Mancherlei. Er erscheint als Schlange (Gerhardt, Akad. Abh. 2, 24), wie
alle khthonioi. Eine bestimmte Art giftfreier Schlangen (beschrieben nach
Archigenes bei dem von mir hervorgezogenen Vaticanischen Iologen:
Rhein. Mus. 28, 278. Vgl. Phot. lex. s. pareiai opheis, und namentlich s.
opheis pareias 364, 1) nannte man agathodaimones; in Alexandria opferte
man diesen am 25. Tybi als tois agathois daimosi tois pronooumenois
ton oikion
: Pseudocallisth. 1, 32 (cod. A), als "penates dei", wie Jul.
Valer. p. 38, 29 ff. (Kuebl.) übersetzt. Hier ist der ag. d. deutlich ein
haushütender guter Geist. Nur wenn man ihn so fasst, versteht man, wie
man agatho daimoni sein Haus "weihen" konnte: wie Timoleon zu Syrakus
that (agatho daimoni Plut. de se ips. laud. 11 p. 542 E; ten oikian iero
daimoni kathierosen Plut. Timol. 36 ist offenbar alter Schreibfehler). Vgl.
das Wort des Xeniades, Laert. D. 6, 74. Solche haushütende Geister
kennt ja auch unser Volksglaube sehr wohl, da aber "lässt sich der
Uebergang der Seelen in gutmüthige Hausgeister oder Kobolde noch
nachweisen" (Grimm, D. Myth.4 p. 761). Nach dem häuslichen Mahle
gebührt der erste Schluck ungemischten Weines als Spende (speison aga-
thou daimonos Aristoph.) dem agathos daimon (s. Hug, Plat. Sympos.2
p. 23). Dann folgt die Spende an Zeus Soter. Aber man liess auch,
statt des ag. d., dem Zeus Soter vorangehen die "Heroen" (Schol. Pind.
Isthm. 5, 10. S. Gerhardt p. 39): diese treten also an die Stelle des
ag. d., worin sich Wesensverwandtschaft des ag. d. mit diesen Seelen-
geistern verräth. In dieselbe Richtung weist, dass im Trophoniosheilig-
thum bei Lebadea agathos daimon unter vielen anderen Gottheiten chtho-
nischen Charakters verehrt wird (Paus. 9, 39, 4), dort neben Tyche, mit
der er auch auf Grabinschriften bisweilen zusammen genannt wird (z. B.
C. I. Gr. 2465, f.), sowie Tyche ihrerseits neben chthonischen Gottheiten,
Despoina, Pluton, Persephone erscheint (C. I. Gr. 1464, Sparta). Auf
Grabschriften tritt bisweilen: daimonon agathon vollständig = Dis Manibus
ein: z. B. Daimonon agathon Potiou C. I. Gr. 2700 b. c (Mylasa); daimonon
agathon Artemonos kai Titou Mittheil. Athen. 1889 p. 110 (Mylasa) (dai-
mosin eautou te kai Laititias tes gunaikos autou = Dis Manibus suis et
Laetitiae uxoris
, zweisprachige Ins. [Berroea] C. I. Gr. 4452; cfr. 4232;
auch 5827). Dies unter römischem Einfluss; aber es bleibt nicht minder
beachtenswerth, dass man eben daimon agathos und Di Manes gleichsetzte,
den daimon agathos also als einen aus einer abgeschiedenen Menschenseele
gewordenen Dämon fasste. -- Der Gegenstand liesse sich genauer aus-
führen als hier am Platze ist.
5.

Wir können nicht mehr deutlich erkennen, wie der Seelen-
cult in nachhomerischer Zeit sich neu belebt und in auf- oder
absteigender Richtung entwickelt hat. Einzelne Thatsachen

Auf Verwandtschaft des ἀγαϑὸς δαίμων mit chthonischen Mächten weist
Mancherlei. Er erscheint als Schlange (Gerhardt, Akad. Abh. 2, 24), wie
alle χϑόνιοι. Eine bestimmte Art giftfreier Schlangen (beschrieben nach
Archigenes bei dem von mir hervorgezogenen Vaticanischen Iologen:
Rhein. Mus. 28, 278. Vgl. Phot. lex. s. παρεῖαι ὄφεις, und namentlich s.
ὄφεις παρείας 364, 1) nannte man ἀγαϑοδαίμονες; in Alexandria opferte
man diesen am 25. Tybi als τοῖς ἀγαϑοῖς δαίμοσι τοῖς προνοουμένοις
τῶν οἰκιῶν
: Pseudocallisth. 1, 32 (cod. A), als „penates dei“, wie Jul.
Valer. p. 38, 29 ff. (Kuebl.) übersetzt. Hier ist der ἀγ. δ. deutlich ein
haushütender guter Geist. Nur wenn man ihn so fasst, versteht man, wie
man ἀγαϑῷ δαίμονι sein Haus „weihen“ konnte: wie Timoleon zu Syrakus
that (ἀγαϑῷ δαίμονι Plut. de se ips. laud. 11 p. 542 E; τὴν οἰκίαν ἰερῷ
δαίμονι καϑιέρωσεν Plut. Timol. 36 ist offenbar alter Schreibfehler). Vgl.
das Wort des Xeniades, Laert. D. 6, 74. Solche haushütende Geister
kennt ja auch unser Volksglaube sehr wohl, da aber „lässt sich der
Uebergang der Seelen in gutmüthige Hausgeister oder Kobolde noch
nachweisen“ (Grimm, D. Myth.4 p. 761). Nach dem häuslichen Mahle
gebührt der erste Schluck ungemischten Weines als Spende (σπεῖσον ἀγα-
ϑοῦ δαίμονος Aristoph.) dem ἀγαϑὸς δαίμων (s. Hug, Plat. Sympos.2
p. 23). Dann folgt die Spende an Zeus Soter. Aber man liess auch,
statt des ἀγ. δ., dem Zeus Soter vorangehen die „Heroen“ (Schol. Pind.
Isthm. 5, 10. S. Gerhardt p. 39): diese treten also an die Stelle des
ἀγ. δ., worin sich Wesensverwandtschaft des ἀγ. δ. mit diesen Seelen-
geistern verräth. In dieselbe Richtung weist, dass im Trophoniosheilig-
thum bei Lebadea ἀγαϑὸς δαίμων unter vielen anderen Gottheiten chtho-
nischen Charakters verehrt wird (Paus. 9, 39, 4), dort neben Tyche, mit
der er auch auf Grabinschriften bisweilen zusammen genannt wird (z. B.
C. I. Gr. 2465, f.), sowie Tyche ihrerseits neben chthonischen Gottheiten,
Despoina, Pluton, Persephone erscheint (C. I. Gr. 1464, Sparta). Auf
Grabschriften tritt bisweilen: δαιμόνων ἀγαϑῶν vollständig = Dis Manibus
ein: z. B. Δαιμόνων ἀγαϑῶν Ποτίου C. I. Gr. 2700 b. c (Mylasa); δαιμόνων
ἀγαϑῶν Ἀρτέμωνος καὶ Τίτου Mittheil. Athen. 1889 p. 110 (Mylasa) (δαί-
μοσιν ἑαυτοῦ τε κἁὶ Λαιτιτίας τῆς γυναικὸς αὐτοῦ = Dis Manibus suis et
Laetitiae uxoris
, zweisprachige Ins. [Berroea] C. I. Gr. 4452; cfr. 4232;
auch 5827). Dies unter römischem Einfluss; aber es bleibt nicht minder
beachtenswerth, dass man eben δαίμων ἀγαϑός und Di Manes gleichsetzte,
den δαίμων ἀγαϑός also als einen aus einer abgeschiedenen Menschenseele
gewordenen Dämon fasste. — Der Gegenstand liesse sich genauer aus-
führen als hier am Platze ist.
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[233/0249] 5. Wir können nicht mehr deutlich erkennen, wie der Seelen- cult in nachhomerischer Zeit sich neu belebt und in auf- oder absteigender Richtung entwickelt hat. Einzelne Thatsachen 2) 2) Auf Verwandtschaft des ἀγαϑὸς δαίμων mit chthonischen Mächten weist Mancherlei. Er erscheint als Schlange (Gerhardt, Akad. Abh. 2, 24), wie alle χϑόνιοι. Eine bestimmte Art giftfreier Schlangen (beschrieben nach Archigenes bei dem von mir hervorgezogenen Vaticanischen Iologen: Rhein. Mus. 28, 278. Vgl. Phot. lex. s. παρεῖαι ὄφεις, und namentlich s. ὄφεις παρείας 364, 1) nannte man ἀγαϑοδαίμονες; in Alexandria opferte man diesen am 25. Tybi als τοῖς ἀγαϑοῖς δαίμοσι τοῖς προνοουμένοις τῶν οἰκιῶν: Pseudocallisth. 1, 32 (cod. A), als „penates dei“, wie Jul. Valer. p. 38, 29 ff. (Kuebl.) übersetzt. Hier ist der ἀγ. δ. deutlich ein haushütender guter Geist. Nur wenn man ihn so fasst, versteht man, wie man ἀγαϑῷ δαίμονι sein Haus „weihen“ konnte: wie Timoleon zu Syrakus that (ἀγαϑῷ δαίμονι Plut. de se ips. laud. 11 p. 542 E; τὴν οἰκίαν ἰερῷ δαίμονι καϑιέρωσεν Plut. Timol. 36 ist offenbar alter Schreibfehler). Vgl. das Wort des Xeniades, Laert. D. 6, 74. Solche haushütende Geister kennt ja auch unser Volksglaube sehr wohl, da aber „lässt sich der Uebergang der Seelen in gutmüthige Hausgeister oder Kobolde noch nachweisen“ (Grimm, D. Myth.4 p. 761). Nach dem häuslichen Mahle gebührt der erste Schluck ungemischten Weines als Spende (σπεῖσον ἀγα- ϑοῦ δαίμονος Aristoph.) dem ἀγαϑὸς δαίμων (s. Hug, Plat. Sympos.2 p. 23). Dann folgt die Spende an Zeus Soter. Aber man liess auch, statt des ἀγ. δ., dem Zeus Soter vorangehen die „Heroen“ (Schol. Pind. Isthm. 5, 10. S. Gerhardt p. 39): diese treten also an die Stelle des ἀγ. δ., worin sich Wesensverwandtschaft des ἀγ. δ. mit diesen Seelen- geistern verräth. In dieselbe Richtung weist, dass im Trophoniosheilig- thum bei Lebadea ἀγαϑὸς δαίμων unter vielen anderen Gottheiten chtho- nischen Charakters verehrt wird (Paus. 9, 39, 4), dort neben Tyche, mit der er auch auf Grabinschriften bisweilen zusammen genannt wird (z. B. C. I. Gr. 2465, f.), sowie Tyche ihrerseits neben chthonischen Gottheiten, Despoina, Pluton, Persephone erscheint (C. I. Gr. 1464, Sparta). Auf Grabschriften tritt bisweilen: δαιμόνων ἀγαϑῶν vollständig = Dis Manibus ein: z. B. Δαιμόνων ἀγαϑῶν Ποτίου C. I. Gr. 2700 b. c (Mylasa); δαιμόνων ἀγαϑῶν Ἀρτέμωνος καὶ Τίτου Mittheil. Athen. 1889 p. 110 (Mylasa) (δαί- μοσιν ἑαυτοῦ τε κἁὶ Λαιτιτίας τῆς γυναικὸς αὐτοῦ = Dis Manibus suis et Laetitiae uxoris, zweisprachige Ins. [Berroea] C. I. Gr. 4452; cfr. 4232; auch 5827). Dies unter römischem Einfluss; aber es bleibt nicht minder beachtenswerth, dass man eben δαίμων ἀγαϑός und Di Manes gleichsetzte, den δαίμων ἀγαϑός also als einen aus einer abgeschiedenen Menschenseele gewordenen Dämon fasste. — Der Gegenstand liesse sich genauer aus- führen als hier am Platze ist.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/249>, abgerufen am 25.04.2024.