Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Von Titulaturen.
Das IV. Capitul.
Von Titulaturen.

§. 1.

Es ist mit den Titulaturen so wohl unter den
höhesten Standes-Personen als unter
Privat-Leuten, von den ältesten Zeiten
an biß auf die ietzigen, manche Verände-
rung vorgegangen. Einige alte Titul hatten fast
mehr Realite als die neuern. Ehedem waren die
grösten Monarchen mit dem Titul Herr zufrieden,
weil man aber dieses Wort zu einer allgemeinen
Benennung derjenigen gebrauchte, welche andern
etwas zu befehlen haben, so ertheilte man ihnen
nach der Zeit andere Beywörter, um die Höhern
von den Geringern zu unterscheiden. Jn Teutsch-
land wird bey unterschiedenen geistlichen und welt-
lichen Dignitaeten grosse Parade gemacht, weil
grosse Einkünffte und ein hoher Rang damit ver-
gesellschafftet, und manche würden sich doch gewiß
der Verrichtungen schämen, welche sonst diejeni-
gen, deren Successores sie seyn wollen, über sich
genommen.

§. 2. Ob zwar in den vorigen Zeiten da das Hey-
denthum geherrschet, so wohl den Kaysern als an-
dern Regenten, ebenfalls sehr grosse Titul und fast
göttliche Benennungen beygelegt worden, wovon

die
Von Titulaturen.
Das IV. Capitul.
Von Titulaturen.

§. 1.

Es iſt mit den Titulaturen ſo wohl unter den
hoͤheſten Standes-Perſonen als unter
Privat-Leuten, von den aͤlteſten Zeiten
an biß auf die ietzigen, manche Veraͤnde-
rung vorgegangen. Einige alte Titul hatten faſt
mehr Realité als die neuern. Ehedem waren die
groͤſten Monarchen mit dem Titul Herr zufrieden,
weil man aber dieſes Wort zu einer allgemeinen
Benennung derjenigen gebrauchte, welche andern
etwas zu befehlen haben, ſo ertheilte man ihnen
nach der Zeit andere Beywoͤrter, um die Hoͤhern
von den Geringern zu unterſcheiden. Jn Teutſch-
land wird bey unterſchiedenen geiſtlichen und welt-
lichen Dignitæten groſſe Parade gemacht, weil
groſſe Einkuͤnffte und ein hoher Rang damit ver-
geſellſchafftet, und manche wuͤrden ſich doch gewiß
der Verrichtungen ſchaͤmen, welche ſonſt diejeni-
gen, deren Succeſſores ſie ſeyn wollen, uͤber ſich
genommen.

§. 2. Ob zwar in den vorigen Zeiten da das Hey-
denthum geherrſchet, ſo wohl den Kayſern als an-
dern Regenten, ebenfalls ſehr groſſe Titul und faſt
goͤttliche Benennungen beygelegt worden, wovon

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0439" n="415"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von <hi rendition="#aq">Titulatur</hi>en.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">IV.</hi></hi> Capitul.<lb/>
Von <hi rendition="#aq">Titulatur</hi>en.</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">§. 1.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t mit den <hi rendition="#aq">Titulatur</hi>en &#x017F;o wohl unter den<lb/>
ho&#x0364;he&#x017F;ten Standes-Per&#x017F;onen als unter<lb/><hi rendition="#aq">Privat-</hi>Leuten, von den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten<lb/>
an biß auf die ietzigen, manche Vera&#x0364;nde-<lb/>
rung vorgegangen. Einige alte <hi rendition="#aq">Titul</hi> hatten fa&#x017F;t<lb/>
mehr <hi rendition="#aq">Realité</hi> als die neuern. Ehedem waren die<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten Monarchen mit dem <hi rendition="#aq">Titul</hi> Herr zufrieden,<lb/>
weil man aber die&#x017F;es Wort zu einer allgemeinen<lb/>
Benennung derjenigen gebrauchte, welche andern<lb/>
etwas zu befehlen haben, &#x017F;o ertheilte man ihnen<lb/>
nach der Zeit andere Beywo&#x0364;rter, um die Ho&#x0364;hern<lb/>
von den Geringern zu unter&#x017F;cheiden. Jn Teut&#x017F;ch-<lb/>
land wird bey unter&#x017F;chiedenen gei&#x017F;tlichen und welt-<lb/>
lichen <hi rendition="#aq">Dignitæt</hi>en gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Parade</hi> gemacht, weil<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Einku&#x0364;nffte und ein hoher Rang damit ver-<lb/>
ge&#x017F;ell&#x017F;chafftet, und manche wu&#x0364;rden &#x017F;ich doch gewiß<lb/>
der Verrichtungen &#x017F;cha&#x0364;men, welche &#x017F;on&#x017F;t diejeni-<lb/>
gen, deren <hi rendition="#aq">Succe&#x017F;&#x017F;ores</hi> &#x017F;ie &#x017F;eyn wollen, u&#x0364;ber &#x017F;ich<lb/>
genommen.</p><lb/>
          <p>§. 2. Ob zwar in den vorigen Zeiten da das Hey-<lb/>
denthum geherr&#x017F;chet, &#x017F;o wohl den Kay&#x017F;ern als an-<lb/>
dern Regenten, ebenfalls &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Titul</hi> und fa&#x017F;t<lb/>
go&#x0364;ttliche Benennungen beygelegt worden, wovon<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0439] Von Titulaturen. Das IV. Capitul. Von Titulaturen. §. 1. Es iſt mit den Titulaturen ſo wohl unter den hoͤheſten Standes-Perſonen als unter Privat-Leuten, von den aͤlteſten Zeiten an biß auf die ietzigen, manche Veraͤnde- rung vorgegangen. Einige alte Titul hatten faſt mehr Realité als die neuern. Ehedem waren die groͤſten Monarchen mit dem Titul Herr zufrieden, weil man aber dieſes Wort zu einer allgemeinen Benennung derjenigen gebrauchte, welche andern etwas zu befehlen haben, ſo ertheilte man ihnen nach der Zeit andere Beywoͤrter, um die Hoͤhern von den Geringern zu unterſcheiden. Jn Teutſch- land wird bey unterſchiedenen geiſtlichen und welt- lichen Dignitæten groſſe Parade gemacht, weil groſſe Einkuͤnffte und ein hoher Rang damit ver- geſellſchafftet, und manche wuͤrden ſich doch gewiß der Verrichtungen ſchaͤmen, welche ſonſt diejeni- gen, deren Succeſſores ſie ſeyn wollen, uͤber ſich genommen. §. 2. Ob zwar in den vorigen Zeiten da das Hey- denthum geherrſchet, ſo wohl den Kayſern als an- dern Regenten, ebenfalls ſehr groſſe Titul und faſt goͤttliche Benennungen beygelegt worden, wovon die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/439
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/439>, abgerufen am 19.04.2024.