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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen.
daß die Römischen Kayser und Könige ihre Hof-
haltung vor diesen gar selten in ihren Ländern ange-
stellt, sondern dieselbe gemeiniglich in den Reichs-
Städten aufgeschlagen. Sie vertraueten ihre
Kayserlichen und Königlichen Höfe, welche Pfal-
tzen Paläste, oder Pahlentzen hiessen, gewissen Be-
amten, die im Nahmen der Römischen Kayser als
Richter oder Grafen, wie sie damahls genennt wor-
den, bey den Einwohnern allerhand verrichten und
entscheiden musten.

§. 2. Die Fürstlichen Residentz-Häuser müssen
vor andern einer beständigen Ruhe und Sicherheit
geniessen, und wer sich unterstehet auf dem Schloß-
Platz oder gar in einem Fürstlichen Gemach den
andern mit Verbal- oder Real-Injurien anzugreif-
fen, wird mit weit härterer Straffe angesehen, als
wer solches in einem andern Privat-Hause thut.
Jn manchen Hof-Ordnungen ist wohl gar die Ab-
hauung der rechten Hand darauf gesetzt. Es heist
dieses den Burg-Frieden brechen, weil vor diesen
im Gebrauch gewesen, daß man bey den Schlös-
sern gewisse Tafeln ausgehangen, und die Worte
Burg-Frieden darauf setzen lassen, zum Zeichen,
daß an diesen Orten eine allgemeine in violabilität
seyn solte. S. Wehners Observ. Pract. voc. Burg-
Friede.

§. 3. So darff sich auch niemand unterfangen,
aus den Fürstlichen Gemächern von den Meublen
etwas zu entwenden, zu vertauschen, oder nur das
allergeringste Stück/ so in den Residentz-Häusern

ange-

Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen.
daß die Roͤmiſchen Kayſer und Koͤnige ihre Hof-
haltung vor dieſen gar ſelten in ihren Laͤndern ange-
ſtellt, ſondern dieſelbe gemeiniglich in den Reichs-
Staͤdten aufgeſchlagen. Sie vertraueten ihre
Kayſerlichen und Koͤniglichen Hoͤfe, welche Pfal-
tzen Palaͤſte, oder Pahlentzen hieſſen, gewiſſen Be-
amten, die im Nahmen der Roͤmiſchen Kayſer als
Richter oder Grafen, wie ſie damahls genennt wor-
den, bey den Einwohnern allerhand verrichten und
entſcheiden muſten.

§. 2. Die Fuͤrſtlichen Reſidentz-Haͤuſer muͤſſen
vor andern einer beſtaͤndigen Ruhe und Sicherheit
genieſſen, und wer ſich unterſtehet auf dem Schloß-
Platz oder gar in einem Fuͤrſtlichen Gemach den
andern mit Verbal- oder Real-Injurien anzugreif-
fen, wird mit weit haͤrterer Straffe angeſehen, als
wer ſolches in einem andern Privat-Hauſe thut.
Jn manchen Hof-Ordnungen iſt wohl gar die Ab-
hauung der rechten Hand darauf geſetzt. Es heiſt
dieſes den Burg-Frieden brechen, weil vor dieſen
im Gebrauch geweſen, daß man bey den Schloͤſ-
ſern gewiſſe Tafeln ausgehangen, und die Worte
Burg-Frieden darauf ſetzen laſſen, zum Zeichen,
daß an dieſen Orten eine allgemeine in violabilitaͤt
ſeyn ſolte. S. Wehners Obſerv. Pract. voc. Burg-
Friede.

§. 3. So darff ſich auch niemand unterfangen,
aus den Fuͤrſtlichen Gemaͤchern von den Meublen
etwas zu entwenden, zu vertauſchen, oder nur das
allergeringſte Stuͤck/ ſo in den Reſidentz-Haͤuſern

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[63/0087] Von Schloß- u. Zimmer-Ceremoniellen. daß die Roͤmiſchen Kayſer und Koͤnige ihre Hof- haltung vor dieſen gar ſelten in ihren Laͤndern ange- ſtellt, ſondern dieſelbe gemeiniglich in den Reichs- Staͤdten aufgeſchlagen. Sie vertraueten ihre Kayſerlichen und Koͤniglichen Hoͤfe, welche Pfal- tzen Palaͤſte, oder Pahlentzen hieſſen, gewiſſen Be- amten, die im Nahmen der Roͤmiſchen Kayſer als Richter oder Grafen, wie ſie damahls genennt wor- den, bey den Einwohnern allerhand verrichten und entſcheiden muſten. §. 2. Die Fuͤrſtlichen Reſidentz-Haͤuſer muͤſſen vor andern einer beſtaͤndigen Ruhe und Sicherheit genieſſen, und wer ſich unterſtehet auf dem Schloß- Platz oder gar in einem Fuͤrſtlichen Gemach den andern mit Verbal- oder Real-Injurien anzugreif- fen, wird mit weit haͤrterer Straffe angeſehen, als wer ſolches in einem andern Privat-Hauſe thut. Jn manchen Hof-Ordnungen iſt wohl gar die Ab- hauung der rechten Hand darauf geſetzt. Es heiſt dieſes den Burg-Frieden brechen, weil vor dieſen im Gebrauch geweſen, daß man bey den Schloͤſ- ſern gewiſſe Tafeln ausgehangen, und die Worte Burg-Frieden darauf ſetzen laſſen, zum Zeichen, daß an dieſen Orten eine allgemeine in violabilitaͤt ſeyn ſolte. S. Wehners Obſerv. Pract. voc. Burg- Friede. §. 3. So darff ſich auch niemand unterfangen, aus den Fuͤrſtlichen Gemaͤchern von den Meublen etwas zu entwenden, zu vertauſchen, oder nur das allergeringſte Stuͤck/ ſo in den Reſidentz-Haͤuſern ange-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/87>, abgerufen am 25.04.2024.