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Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603.

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lesset er sich nicht schen oder hören/ ehe dann er sich mit der
Beume Laub bedecken kan. Vnd so bald er einen Sperber
oder Krahe fliegen siehet/ macht er sich dauon. Es frisset aber
von natur kein Wolff den andern/ hackt auch keine Krahe der
andern ein Auge aus.

Vber das isset er durchaus kein Fleisch. Sondern allein/
Maden/ Würm vnd Raupen. Darumb kompt er/ so bald
die Früeraupen/ aus ihren nesten ausgekrochen sein.

Wenn aber die hinwegk vnd tod sein/ so verleurt er sich
auch/ Vnd sucht ein ander Land. Wenn man ihn da-
heim aus dem nest auffzeugt/ so isset er den Winter vber
gerieben Maen/ Brey von Gerstenmehl/ vnd Trebern. Nimpt
durch aus kein Fleisch an/ das doch die Nachtigaln/ Ler-
chen vnd andere Mückenfenger thun. Wie solt er denn
seine Brüder/ die jungen Ringeltauben vnd Graßmücken/
vnd endlich seine Mutter/ die Ringeltaube/ die zweymahl
grösser ist/ oder die Grasemücke fressen/ die ihm mit fiie-
gen viel zu geschwind vnd behend ist. Das aber die Gra-
semück ihn mit frieden vnd freuden/ lenger denn vier wo-
chen speiset/ wenn er aus ihrem nest ausgeflogen ist/ gibt
auch der augenschein. Vnd fürchtet sich gar nicht/ das er
sie fresse. Darumb solt man billig/ den vnschüldigen Ku-
ckuck mit solcher vngegründten aufflage/ vnd nichtigen le-
sterung verschonen. Aber es gehet ihm wie den Christen/
die bey allen andern Nationen, haben Meutmacher vnd
Landverrheter sein müssen. Das doch wider all ihr Lehr vnd
Glauben ist.

Das ist aber gewiß/ das das Weiblein blawlich ist/ wie
eine Holtztaube/ das Menlein breunlicht/ vnd wird der rote
Kuckuck genant. Vnd haben beyde schöne gehle Füsse
wie ein Sperber. Daher etwa die Fabel kömpt/ das er
ein Sperber sey. Er legt auch sein einiges Ey in

ein
K k

leſſet er ſich nicht ſchen oder hoͤren/ ehe dann er ſich mit der
Beume Laub bedecken kan. Vnd ſo bald er einen Sperber
oder Krahe fliegen ſiehet/ macht er ſich dauon. Es friſſet aber
von natur kein Wolff den andern/ hackt auch keine Krahe der
andern ein Auge aus.

Vber das iſſet er durchaus kein Fleiſch. Sondern allein/
Maden/ Wuͤrm vnd Raupen. Darumb kompt er/ ſo bald
die Fruͤeraupen/ aus ihren neſten ausgekrochen ſein.

Wenn aber die hinwegk vnd tod ſein/ ſo verleurt er ſich
auch/ Vnd ſucht ein ander Land. Wenn man ihn da-
heim aus dem neſt auffzeugt/ ſo iſſet er den Winter vber
gerieben Maen/ Brey von Gerſtenmehl/ vnd Trebern. Nimpt
durch aus kein Fleiſch an/ das doch die Nachtigaln/ Ler-
chen vnd andere Muͤckenfenger thun. Wie ſolt er denn
ſeine Bruͤder/ die jungen Ringeltauben vnd Graßmuͤcken/
vnd endlich ſeine Mutter/ die Ringeltaube/ die zweymahl
groͤſſer iſt/ oder die Graſemuͤcke freſſen/ die ihm mit fiie-
gen viel zu geſchwind vnd behend iſt. Das aber die Gra-
ſemuͤck ihn mit frieden vnd freuden/ lenger denn vier wo-
chen ſpeiſet/ wenn er aus ihrem neſt ausgeflogen iſt/ gibt
auch der augenſchein. Vnd fuͤrchtet ſich gar nicht/ das er
ſie freſſe. Darumb ſolt man billig/ den vnſchuͤldigen Ku-
ckuck mit ſolcher vngegruͤndten aufflage/ vnd nichtigen le-
ſterung verſchonen. Aber es gehet ihm wie den Chriſten/
die bey allen andern Nationen, haben Meutmacher vnd
Landverrheter ſein muͤſſen. Das doch wider all ihr Lehr vnd
Glauben iſt.

Das iſt aber gewiß/ das das Weiblein blawlich iſt/ wie
eine Holtztaube/ das Menlein breunlicht/ vnd wird der rote
Kuckuck genant. Vnd haben beyde ſchoͤne gehle Fuͤſſe
wie ein Sperber. Daher etwa die Fabel koͤmpt/ das er
ein Sperber ſey. Er legt auch ſein einiges Ey in

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[249/0259] leſſet er ſich nicht ſchen oder hoͤren/ ehe dann er ſich mit der Beume Laub bedecken kan. Vnd ſo bald er einen Sperber oder Krahe fliegen ſiehet/ macht er ſich dauon. Es friſſet aber von natur kein Wolff den andern/ hackt auch keine Krahe der andern ein Auge aus. Vber das iſſet er durchaus kein Fleiſch. Sondern allein/ Maden/ Wuͤrm vnd Raupen. Darumb kompt er/ ſo bald die Fruͤeraupen/ aus ihren neſten ausgekrochen ſein. Wenn aber die hinwegk vnd tod ſein/ ſo verleurt er ſich auch/ Vnd ſucht ein ander Land. Wenn man ihn da- heim aus dem neſt auffzeugt/ ſo iſſet er den Winter vber gerieben Maen/ Brey von Gerſtenmehl/ vnd Trebern. Nimpt durch aus kein Fleiſch an/ das doch die Nachtigaln/ Ler- chen vnd andere Muͤckenfenger thun. Wie ſolt er denn ſeine Bruͤder/ die jungen Ringeltauben vnd Graßmuͤcken/ vnd endlich ſeine Mutter/ die Ringeltaube/ die zweymahl groͤſſer iſt/ oder die Graſemuͤcke freſſen/ die ihm mit fiie- gen viel zu geſchwind vnd behend iſt. Das aber die Gra- ſemuͤck ihn mit frieden vnd freuden/ lenger denn vier wo- chen ſpeiſet/ wenn er aus ihrem neſt ausgeflogen iſt/ gibt auch der augenſchein. Vnd fuͤrchtet ſich gar nicht/ das er ſie freſſe. Darumb ſolt man billig/ den vnſchuͤldigen Ku- ckuck mit ſolcher vngegruͤndten aufflage/ vnd nichtigen le- ſterung verſchonen. Aber es gehet ihm wie den Chriſten/ die bey allen andern Nationen, haben Meutmacher vnd Landverrheter ſein muͤſſen. Das doch wider all ihr Lehr vnd Glauben iſt. Das iſt aber gewiß/ das das Weiblein blawlich iſt/ wie eine Holtztaube/ das Menlein breunlicht/ vnd wird der rote Kuckuck genant. Vnd haben beyde ſchoͤne gehle Fuͤſſe wie ein Sperber. Daher etwa die Fabel koͤmpt/ das er ein Sperber ſey. Er legt auch ſein einiges Ey in ein K k

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Zitationshilfe: Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rollenhagen_reysen_1603/259>, abgerufen am 29.03.2024.