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Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603.

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Man kan aber das wunderwerck also gebrauchen. Das
ein generosus animus vnd tapffer gemüth/ im vnglück/ das
es nicht wenden kan/ nicht Weibisch lamentiret, sondern sich
mit willen drein begibt/ vnd des Feindes dazu spottet. Wie der
Zaunkönig/ darin sich sonderlich Königlich erzeigt/ das er sich
selbst am brathspieß/ wie ein Laurentius vmbwendet.

Es ist auch gar ein böß geschrey/ vber den Haußsperling.
Das derselbige solche grosse vnzucht/ ohne maß vngehalten
treiben soll. Das er daß dritte jahr nicht vberlebe.

Darumb solle ein jeder sich für vnzucht hüten/ das jhm
dergleichen nicht auch wiederfahre.

Es ist aber wol zuuerwundern/ warumb man die Vogel
vnd das Viehe/ für vnzüchtig schelten wolle? Das doch seine
fortpflantzung nur nach ordenung der Natur sucht/ wie Beum
vnd Kreuter/ vnd darin wider die Natur/ keinen muthwillen
braucht/ Wie durch des Teuffels anstifftung/ leider die Men-
schen/ vnmenschlich zu thun pflegen. Also bringt der Sperling
im jahr drey mahl seine jungen fort/ vnd gegen die zelt helt er
sich zu seinem Weibe. Vnd duldet keinen Ehebrecher/ solts jm
auch sein leben kosten. Ausser der zeit im Herbst vnd Winter/
nimmet er sich solcher sachen durchaus nichts an. Darumb
gibt jhm/ das keine leibes schwachheit oder kurtzes leben. Wie
man auch vnter so viel Tausent Sperlingen/ nicht einen fin-
det der tod were. Sondern man weis Exempel/ das einer/ der
einen weissen Schwantz hatte/ vnd derhalben für andern/ in
derselben Haußhaltung viel jahr bekant war. Wie auch im
jahr 1598. am Hartz bey Ballensted/ ein gantz weisser Sper-
ling war. Der denn Dörffern darin er kam/ nach der Bauren
meinung/ die Pestilentz mitbrachte. Der Weis Schwantz aber/
bliebe vber zehen jahr an einem gewissen orth/ daselbst er vnter
dem Scheuntach seine jungen ausbrachte. Biß bas Tach ver-
newet/ vnd also sein Nest verstöret ward.

Jst derhalben vermuthlich/ das man auch diese meinung

von

Man kan aber das wunderwerck alſo gebrauchen. Das
ein generoſus animus vnd tapffer gemuͤth/ im vngluͤck/ das
es nicht wenden kan/ nicht Weibiſch lamentiret, ſondern ſich
mit willen drein begibt/ vnd des Feindes dazu ſpottet. Wie der
Zaunkoͤnig/ darin ſich ſonderlich Koͤniglich erzeigt/ das er ſich
ſelbſt am brathſpieß/ wie ein Laurentius vmbwendet.

Es iſt auch gar ein boͤß geſchrey/ vber den Haußſperling.
Das derſelbige ſolche groſſe vnzucht/ ohne maß vngehalten
treiben ſoll. Das er daß dritte jahr nicht vberlebe.

Darumb ſolle ein jeder ſich fuͤr vnzucht huͤten/ das jhm
dergleichen nicht auch wiederfahre.

Es iſt aber wol zuuerwundern/ warumb man die Vogel
vnd das Viehe/ fuͤr vnzuͤchtig ſchelten wolle? Das doch ſeine
fortpflantzung nur nach ordenung der Natur ſucht/ wie Beum
vnd Kreuter/ vnd darin wider die Natur/ keinen muthwillen
braucht/ Wie durch des Teuffels anſtifftung/ leider die Men-
ſchen/ vnmenſchlich zu thun pflegen. Alſo bringt der Sperling
im jahr drey mahl ſeine jungen fort/ vnd gegen die zelt helt er
ſich zu ſeinem Weibe. Vnd duldet keinen Ehebrecher/ ſolts jm
auch ſein leben koſten. Auſſer der zeit im Herbſt vnd Winter/
nimmet er ſich ſolcher ſachen durchaus nichts an. Darumb
gibt jhm/ das keine leibes ſchwachheit oder kurtzes leben. Wie
man auch vnter ſo viel Tauſent Sperlingen/ nicht einen fin-
det der tod were. Sondern man weis Exempel/ das einer/ der
einen weiſſen Schwantz hatte/ vnd derhalben fuͤr andern/ in
derſelben Haußhaltung viel jahr bekant war. Wie auch im
jahr 1598. am Hartz bey Ballenſted/ ein gantz weiſſer Sper-
ling war. Der denn Doͤrffern darin er kam/ nach der Bauren
meinung/ die Peſtilentz mitbrachte. Der Weis Schwantz aber/
bliebe vber zehen jahr an einem gewiſſen orth/ daſelbſt er vnter
dem Scheuntach ſeine jungen ausbrachte. Biß bas Tach ver-
newet/ vnd alſo ſein Neſt verſtoͤret ward.

Jſt derhalben vermuthlich/ das man auch dieſe meinung

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[290/0300] Man kan aber das wunderwerck alſo gebrauchen. Das ein generoſus animus vnd tapffer gemuͤth/ im vngluͤck/ das es nicht wenden kan/ nicht Weibiſch lamentiret, ſondern ſich mit willen drein begibt/ vnd des Feindes dazu ſpottet. Wie der Zaunkoͤnig/ darin ſich ſonderlich Koͤniglich erzeigt/ das er ſich ſelbſt am brathſpieß/ wie ein Laurentius vmbwendet. Es iſt auch gar ein boͤß geſchrey/ vber den Haußſperling. Das derſelbige ſolche groſſe vnzucht/ ohne maß vngehalten treiben ſoll. Das er daß dritte jahr nicht vberlebe. Darumb ſolle ein jeder ſich fuͤr vnzucht huͤten/ das jhm dergleichen nicht auch wiederfahre. Es iſt aber wol zuuerwundern/ warumb man die Vogel vnd das Viehe/ fuͤr vnzuͤchtig ſchelten wolle? Das doch ſeine fortpflantzung nur nach ordenung der Natur ſucht/ wie Beum vnd Kreuter/ vnd darin wider die Natur/ keinen muthwillen braucht/ Wie durch des Teuffels anſtifftung/ leider die Men- ſchen/ vnmenſchlich zu thun pflegen. Alſo bringt der Sperling im jahr drey mahl ſeine jungen fort/ vnd gegen die zelt helt er ſich zu ſeinem Weibe. Vnd duldet keinen Ehebrecher/ ſolts jm auch ſein leben koſten. Auſſer der zeit im Herbſt vnd Winter/ nimmet er ſich ſolcher ſachen durchaus nichts an. Darumb gibt jhm/ das keine leibes ſchwachheit oder kurtzes leben. Wie man auch vnter ſo viel Tauſent Sperlingen/ nicht einen fin- det der tod were. Sondern man weis Exempel/ das einer/ der einen weiſſen Schwantz hatte/ vnd derhalben fuͤr andern/ in derſelben Haußhaltung viel jahr bekant war. Wie auch im jahr 1598. am Hartz bey Ballenſted/ ein gantz weiſſer Sper- ling war. Der denn Doͤrffern darin er kam/ nach der Bauren meinung/ die Peſtilentz mitbrachte. Der Weis Schwantz aber/ bliebe vber zehen jahr an einem gewiſſen orth/ daſelbſt er vnter dem Scheuntach ſeine jungen ausbrachte. Biß bas Tach ver- newet/ vnd alſo ſein Neſt verſtoͤret ward. Jſt derhalben vermuthlich/ das man auch dieſe meinung von

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Zitationshilfe: Rollenhagen, Gabriel: Vier Bücher Wunderbarlicher biß daher vnerhörter/ vnd vngleublicher Jndianischer reysen. Magdeburg, 1603, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rollenhagen_reysen_1603/300>, abgerufen am 28.03.2024.