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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.

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ist noch geringer als die von Kasan, aber man wird N002
selten eine Stadt finden, in welcher wie hier eine so N003
gemischte Bevölkerung lebt, die das merkantilische N004
Interesse aus den entferntesten Enden von Asien und N005
Europa zusammengeführt hat. Denn ausser den Rus- N006
sen, die etwa die kleinere Hälfte der Bewohner Astra- N007
chans ausmachen, den Kosaken und den übrigen hier N008
ansässigen Europäern, finden sich hier noch Armenier, N009
Tataren, Georgier, Bucharen, Chiwensen, Truchme- N010
nen, Perser, Hindus, Kirgisen und Kalmücken; dem- N011
nach Bekenner der verschiedensten Religionen, Chri- N012
sten, Mohamedaner, Bramaisten und Buddhaisten 1).

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Wir hatten schon gleich am Morgen des 13. Oc- N002
tobers Gelegenheit diess bunte Gemisch von Völker- N003
kerschaften kennen zu lernen, indem Abgeordnete der N004
meisten derselben in unsere Wohnung kamen, Herrn N005
von Humboldt ihre Aufwartung zu machen, und N006
von dem Herrn General-Gouverneur der Reihe nach N007
vorgestellt wurden. Zuerst erschien der Bürgermeister N008
mit den Aeltesten der Kaufmannschaft, die, nach rus- N009
sischer Sitte, die Zeichen der Ehrerbietung, aber statt N010
wie gewöhnlich Brod und Salz, hier einen mit den N011
vortrefflichsten astrachanischen Früchten, mit Wein¬ N012
trauben, grossen Eierpflaumen, Birnen und Aepfeln N013
geschmückten Napfkuchen und Salz brachten. Darauf N014
kam der Adel, die Officiere der Garnison, und dann N015
die Abgeordneten der Armenier, Perser, Hindus, Tata- N016
ren u. s. w. Die Armenier sind unter den asiatischen N017
Bewohnern Astrachans die zahlreichsten; sie haben N018
alle eine ausgezeichnete Nationalphysiognomie, ovales N019
Gesicht, schwarze Augen und Haare und eine gebogene N020
Nase. Sie tragen eng anschliessende Röcke und darüber N021
Kaftans mit aufgeschlitzten Aermeln, weite Beinkleider,

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1) Auch Juden leben hier, doch nicht in grosser Zahl, da sie N002
wegen der vielen Armenier, die nach den Berichten aller Reisenden N003
ihnen im Charakter gleichen, nicht bestehen können.

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ist noch geringer als die von Kasan, aber man wird N002
selten eine Stadt finden, in welcher wie hier eine so N003
gemischte Bevölkerung lebt, die das merkantilische N004
Interesse aus den entferntesten Enden von Asien und N005
Europa zusammengeführt hat. Denn ausser den Rus- N006
sen, die etwa die kleinere Hälfte der Bewohner Astra- N007
chans ausmachen, den Kosaken und den übrigen hier N008
ansässigen Europäern, finden sich hier noch Armenier, N009
Tataren, Georgier, Bucharen, Chiwensen, Truchme- N010
nen, Perser, Hindus, Kirgisen und Kalmücken; dem- N011
nach Bekenner der verschiedensten Religionen, Chri- N012
sten, Mohamedaner, Bramaisten und Buddhaisten 1).

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Wir hatten schon gleich am Morgen des 13. Oc- N002
tobers Gelegenheit diess bunte Gemisch von Völker- N003
kerschaften kennen zu lernen, indem Abgeordnete der N004
meisten derselben in unsere Wohnung kamen, Herrn N005
von Humboldt ihre Aufwartung zu machen, und N006
von dem Herrn General-Gouverneur der Reihe nach N007
vorgestellt wurden. Zuerst erschien der Bürgermeister N008
mit den Aeltesten der Kaufmannschaft, die, nach rus- N009
sischer Sitte, die Zeichen der Ehrerbietung, aber statt N010
wie gewöhnlich Brod und Salz, hier einen mit den N011
vortrefflichsten astrachanischen Früchten, mit Wein¬ N012
trauben, grossen Eierpflaumen, Birnen und Aepfeln N013
geschmückten Napfkuchen und Salz brachten. Darauf N014
kam der Adel, die Officiere der Garnison, und dann N015
die Abgeordneten der Armenier, Perser, Hindus, Tata- N016
ren u. s. w. Die Armenier sind unter den asiatischen N017
Bewohnern Astrachans die zahlreichsten; sie haben N018
alle eine ausgezeichnete Nationalphysiognomie, ovales N019
Gesicht, schwarze Augen und Haare und eine gebogene N020
Nase. Sie tragen eng anschliessende Röcke und darüber N021
Kaftans mit aufgeschlitzten Aermeln, weite Beinkleider,

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1) Auch Juden leben hier, doch nicht in grosser Zahl, da sie N002
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[294/0312] N001 ist noch geringer als die von Kasan, aber man wird N002 selten eine Stadt finden, in welcher wie hier eine so N003 gemischte Bevölkerung lebt, die das merkantilische N004 Interesse aus den entferntesten Enden von Asien und N005 Europa zusammengeführt hat. Denn ausser den Rus- N006 sen, die etwa die kleinere Hälfte der Bewohner Astra- N007 chans ausmachen, den Kosaken und den übrigen hier N008 ansässigen Europäern, finden sich hier noch Armenier, N009 Tataren, Georgier, Bucharen, Chiwensen, Truchme- N010 nen, Perser, Hindus, Kirgisen und Kalmücken; dem- N011 nach Bekenner der verschiedensten Religionen, Chri- N012 sten, Mohamedaner, Bramaisten und Buddhaisten 1). N001 Wir hatten schon gleich am Morgen des 13. Oc- N002 tobers Gelegenheit diess bunte Gemisch von Völker- N003 kerschaften kennen zu lernen, indem Abgeordnete der N004 meisten derselben in unsere Wohnung kamen, Herrn N005 von Humboldt ihre Aufwartung zu machen, und N006 von dem Herrn General-Gouverneur der Reihe nach N007 vorgestellt wurden. Zuerst erschien der Bürgermeister N008 mit den Aeltesten der Kaufmannschaft, die, nach rus- N009 sischer Sitte, die Zeichen der Ehrerbietung, aber statt N010 wie gewöhnlich Brod und Salz, hier einen mit den N011 vortrefflichsten astrachanischen Früchten, mit Wein¬ N012 trauben, grossen Eierpflaumen, Birnen und Aepfeln N013 geschmückten Napfkuchen und Salz brachten. Darauf N014 kam der Adel, die Officiere der Garnison, und dann N015 die Abgeordneten der Armenier, Perser, Hindus, Tata- N016 ren u. s. w. Die Armenier sind unter den asiatischen N017 Bewohnern Astrachans die zahlreichsten; sie haben N018 alle eine ausgezeichnete Nationalphysiognomie, ovales N019 Gesicht, schwarze Augen und Haare und eine gebogene N020 Nase. Sie tragen eng anschliessende Röcke und darüber N021 Kaftans mit aufgeschlitzten Aermeln, weite Beinkleider, [footnote reference] [footnote reference] N001 1) Auch Juden leben hier, doch nicht in grosser Zahl, da sie N002 wegen der vielen Armenier, die nach den Berichten aller Reisenden N003 ihnen im Charakter gleichen, nicht bestehen können.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/312>, abgerufen am 19.04.2024.