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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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ohne welche man einzeln stehende Bäume nicht leicht findet. Im Aus-
schlagsvermögen ist sie der Schwarzerle mindestens gleich. Da die Wurzel-
brut schon an schwachen Bäumen hervorbricht, so bildet dadurch die
Weißerle namentlich auf nicht ganz angemessenem Boden einen buschigen
Wuchs, während sie auf höheren Berglagen einen stattlichen Baum bildet.
Die Feinde hat sie mit der vorigen gemein.

Wegen ihrer großen Massenerzeugung hat die Weißerle eine nicht
geringere Bedeutung, namentlich in Gebirgsgegenden für die Niederwald-
wirthschaft. Die forstliche Behandlung ist in der Hauptsache dieselbe
wie bei voriger, so weit nicht ihr anderes Bodenbedürfniß andere Rück-
sichten, namentlich hinsichtlich des ihr zu gebenden Standortes gebietet.
Auch in der Benutzung findet kein erheblicher Unterschied statt.

Die Weißerle hat durch ihren schönen silbergrauen Stamm und die
aus Graugrün und einem saftigen Dunkelgrün, nach den beiden Seiten
der Blätter, gemischten Farbe den Vorzug eines freundlicheren Ansehens,
vor der düsterfarbigen und auch etwas ärmlicher belaubten Schwarzerle.
Sie empfiehlt sich daher auch ganz besonders für Baumgärten, wo bei
bewegter Luft die zur Erscheinung kommende Rückseite der Blätter eine
angenehme Unterbrechung des gleichmäßigen Grün der Baumgruppe hervor-
bringt, wodurch sich die Weißerle einigermaßen der Silberpappel nähert.

11. Die Strauch- oder Alpen-Erle, A. viridis Decandolle.

Diese, mehr Strauch als Baum, gehört kaum noch zu den Bestand-
theilen des deutschen Waldes, da sie nur auf den höchsten Gebirgskämmen,
soweit sie noch Baumwuchs haben, heimisch ist und hier gewissermaßen ein
Laubholz-Seitenstück zu der Krummholzkiefer bildet, welche von der Strauch-
erle zuweilen noch überholt wird.

Indem wir ihrer hier aber kurze Erwähnung thun und sie als letzte
der drei deutschen Erlenarten an die Grenze gegen die nun folgenden
Birken stellen, so spricht sich hierdurch zugleich ihre systematische Stellung
aus. Hiernach ist die Straucherle so sehr ein Mittelding zwischen den
Gattungen Alnus und Betula, daß man sogar aus ihr eine Zwischen-
gattung: Falschbirke, Betulaster, zwischen diesen beiden hat machen
wollen, sie auch Betula Alnobetula genannt hat.

ohne welche man einzeln ſtehende Bäume nicht leicht findet. Im Aus-
ſchlagsvermögen iſt ſie der Schwarzerle mindeſtens gleich. Da die Wurzel-
brut ſchon an ſchwachen Bäumen hervorbricht, ſo bildet dadurch die
Weißerle namentlich auf nicht ganz angemeſſenem Boden einen buſchigen
Wuchs, während ſie auf höheren Berglagen einen ſtattlichen Baum bildet.
Die Feinde hat ſie mit der vorigen gemein.

Wegen ihrer großen Maſſenerzeugung hat die Weißerle eine nicht
geringere Bedeutung, namentlich in Gebirgsgegenden für die Niederwald-
wirthſchaft. Die forſtliche Behandlung iſt in der Hauptſache dieſelbe
wie bei voriger, ſo weit nicht ihr anderes Bodenbedürfniß andere Rück-
ſichten, namentlich hinſichtlich des ihr zu gebenden Standortes gebietet.
Auch in der Benutzung findet kein erheblicher Unterſchied ſtatt.

Die Weißerle hat durch ihren ſchönen ſilbergrauen Stamm und die
aus Graugrün und einem ſaftigen Dunkelgrün, nach den beiden Seiten
der Blätter, gemiſchten Farbe den Vorzug eines freundlicheren Anſehens,
vor der düſterfarbigen und auch etwas ärmlicher belaubten Schwarzerle.
Sie empfiehlt ſich daher auch ganz beſonders für Baumgärten, wo bei
bewegter Luft die zur Erſcheinung kommende Rückſeite der Blätter eine
angenehme Unterbrechung des gleichmäßigen Grün der Baumgruppe hervor-
bringt, wodurch ſich die Weißerle einigermaßen der Silberpappel nähert.

11. Die Strauch- oder Alpen-Erle, A. viridis Decandolle.

Dieſe, mehr Strauch als Baum, gehört kaum noch zu den Beſtand-
theilen des deutſchen Waldes, da ſie nur auf den höchſten Gebirgskämmen,
ſoweit ſie noch Baumwuchs haben, heimiſch iſt und hier gewiſſermaßen ein
Laubholz-Seitenſtück zu der Krummholzkiefer bildet, welche von der Strauch-
erle zuweilen noch überholt wird.

Indem wir ihrer hier aber kurze Erwähnung thun und ſie als letzte
der drei deutſchen Erlenarten an die Grenze gegen die nun folgenden
Birken ſtellen, ſo ſpricht ſich hierdurch zugleich ihre ſyſtematiſche Stellung
aus. Hiernach iſt die Straucherle ſo ſehr ein Mittelding zwiſchen den
Gattungen Alnus und Betula, daß man ſogar aus ihr eine Zwiſchen-
gattung: Falſchbirke, Betulaster, zwiſchen dieſen beiden hat machen
wollen, ſie auch Betula Alnobetula genannt hat.

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[424/0466] ohne welche man einzeln ſtehende Bäume nicht leicht findet. Im Aus- ſchlagsvermögen iſt ſie der Schwarzerle mindeſtens gleich. Da die Wurzel- brut ſchon an ſchwachen Bäumen hervorbricht, ſo bildet dadurch die Weißerle namentlich auf nicht ganz angemeſſenem Boden einen buſchigen Wuchs, während ſie auf höheren Berglagen einen ſtattlichen Baum bildet. Die Feinde hat ſie mit der vorigen gemein. Wegen ihrer großen Maſſenerzeugung hat die Weißerle eine nicht geringere Bedeutung, namentlich in Gebirgsgegenden für die Niederwald- wirthſchaft. Die forſtliche Behandlung iſt in der Hauptſache dieſelbe wie bei voriger, ſo weit nicht ihr anderes Bodenbedürfniß andere Rück- ſichten, namentlich hinſichtlich des ihr zu gebenden Standortes gebietet. Auch in der Benutzung findet kein erheblicher Unterſchied ſtatt. Die Weißerle hat durch ihren ſchönen ſilbergrauen Stamm und die aus Graugrün und einem ſaftigen Dunkelgrün, nach den beiden Seiten der Blätter, gemiſchten Farbe den Vorzug eines freundlicheren Anſehens, vor der düſterfarbigen und auch etwas ärmlicher belaubten Schwarzerle. Sie empfiehlt ſich daher auch ganz beſonders für Baumgärten, wo bei bewegter Luft die zur Erſcheinung kommende Rückſeite der Blätter eine angenehme Unterbrechung des gleichmäßigen Grün der Baumgruppe hervor- bringt, wodurch ſich die Weißerle einigermaßen der Silberpappel nähert. 11. Die Strauch- oder Alpen-Erle, A. viridis Decandolle. Dieſe, mehr Strauch als Baum, gehört kaum noch zu den Beſtand- theilen des deutſchen Waldes, da ſie nur auf den höchſten Gebirgskämmen, ſoweit ſie noch Baumwuchs haben, heimiſch iſt und hier gewiſſermaßen ein Laubholz-Seitenſtück zu der Krummholzkiefer bildet, welche von der Strauch- erle zuweilen noch überholt wird. Indem wir ihrer hier aber kurze Erwähnung thun und ſie als letzte der drei deutſchen Erlenarten an die Grenze gegen die nun folgenden Birken ſtellen, ſo ſpricht ſich hierdurch zugleich ihre ſyſtematiſche Stellung aus. Hiernach iſt die Straucherle ſo ſehr ein Mittelding zwiſchen den Gattungen Alnus und Betula, daß man ſogar aus ihr eine Zwiſchen- gattung: Falſchbirke, Betulaster, zwiſchen dieſen beiden hat machen wollen, ſie auch Betula Alnobetula genannt hat.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/466>, abgerufen am 29.03.2024.