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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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quergestellten länglichen Rindenhöckerchen. Das Holz ist feinporig, dicht
und fest, mit braunem Kern und hellem Splint, wohlriechend, sehr schwer-
spaltig.

Der Standort der Mahalebkirsche ist auf zerklüfteten trockenen
Felsenklippen und also nicht eigentlich unmittelbar im Walde selbst; sie
findet ihre Verbreitung vorzüglich im Süden Deutschlands, in Ungarn
und noch weiter südöstlich, kommt jedoch an geeigneten nicht zu rauhen
Lagen auch in Mitteldeutschland vor.

Die Felsenkirsche hat ein großes Ausschlagsvermögen, besonders am
Stocke und liefert in ihren Stocklohden die schon genannten Weichselrohre
zu den Tabakpfeifen, welche ihren bekannten angenehmen Geruch sehr lange
behalten. Dieser Geruch beruht auf dem Cumarin (Tonka-Campher),
einer in den verschiedensten Pflanzen vorkommenden organischen Verbindung.
Außer den Tonkabohnen (dem Samen von Dipterix odorata Willd., einem
guyanischen Baum mit Schmetterlingsblüthen) findet sich das Cumarin
noch im Waldmeister (Asperula odorata), in vielen Steinkleearten, im
Ruchgrase (Anthoxanthum odoratum) und andern Gräsern -- daher
der ganz dem Weichselgeruch ähnliche Heugeruch. Das Cumarin giebt
dem beliebten Maiwein den würzigen Geschmack und dieser kann daher
nicht blos mit dem dadurch berühmten Waldmeister allein bereitet werden.
Eine große Bedeutung hat die Felsenkirsche dadurch, daß man von ihr
in großer Menge Wildlinge zu Veredlung der Süß- und Sauerkirschen
erzieht.

Die Felsen- oder Mahalebkirsche heißt auch noch Steinkirsche, Stein-
weichsel, wohlriechende Kirsche, Ahlkirsche, türkische oder ungarische Weichsel,
Mahaleb- oder Parfümeriekirsche.

47. Die Traubenkirsche, Prunus Padus L.

Die den Kirschblüthen ähnlichen doch kleineren und schmalbättrigen
Blüthen bilden eine bis 4 Zoll lange hängende, Anfang Mai zugleich
mit den Blättern sich entfaltende, traubenförmige vielblumige Aehre, welche
bald unbeblättert, bald an ihrem Grunde mit einigen Blättern versehen ist.
Die Früchte, deren meist nur wenige zur Ausbildung kommen, sind

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quergeſtellten länglichen Rindenhöckerchen. Das Holz iſt feinporig, dicht
und feſt, mit braunem Kern und hellem Splint, wohlriechend, ſehr ſchwer-
ſpaltig.

Der Standort der Mahalebkirſche iſt auf zerklüfteten trockenen
Felſenklippen und alſo nicht eigentlich unmittelbar im Walde ſelbſt; ſie
findet ihre Verbreitung vorzüglich im Süden Deutſchlands, in Ungarn
und noch weiter ſüdöſtlich, kommt jedoch an geeigneten nicht zu rauhen
Lagen auch in Mitteldeutſchland vor.

Die Felſenkirſche hat ein großes Ausſchlagsvermögen, beſonders am
Stocke und liefert in ihren Stocklohden die ſchon genannten Weichſelrohre
zu den Tabakpfeifen, welche ihren bekannten angenehmen Geruch ſehr lange
behalten. Dieſer Geruch beruht auf dem Cumarin (Tonka-Campher),
einer in den verſchiedenſten Pflanzen vorkommenden organiſchen Verbindung.
Außer den Tonkabohnen (dem Samen von Dipterix odorata Willd., einem
guyaniſchen Baum mit Schmetterlingsblüthen) findet ſich das Cumarin
noch im Waldmeiſter (Asperula odorata), in vielen Steinkleearten, im
Ruchgraſe (Anthoxanthum odoratum) und andern Gräſern — daher
der ganz dem Weichſelgeruch ähnliche Heugeruch. Das Cumarin giebt
dem beliebten Maiwein den würzigen Geſchmack und dieſer kann daher
nicht blos mit dem dadurch berühmten Waldmeiſter allein bereitet werden.
Eine große Bedeutung hat die Felſenkirſche dadurch, daß man von ihr
in großer Menge Wildlinge zu Veredlung der Süß- und Sauerkirſchen
erzieht.

Die Felſen- oder Mahalebkirſche heißt auch noch Steinkirſche, Stein-
weichſel, wohlriechende Kirſche, Ahlkirſche, türkiſche oder ungariſche Weichſel,
Mahaleb- oder Parfümeriekirſche.

47. Die Traubenkirſche, Prunus Padus L.

Die den Kirſchblüthen ähnlichen doch kleineren und ſchmalbättrigen
Blüthen bilden eine bis 4 Zoll lange hängende, Anfang Mai zugleich
mit den Blättern ſich entfaltende, traubenförmige vielblumige Aehre, welche
bald unbeblättert, bald an ihrem Grunde mit einigen Blättern verſehen iſt.
Die Früchte, deren meiſt nur wenige zur Ausbildung kommen, ſind

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[515/0567] quergeſtellten länglichen Rindenhöckerchen. Das Holz iſt feinporig, dicht und feſt, mit braunem Kern und hellem Splint, wohlriechend, ſehr ſchwer- ſpaltig. Der Standort der Mahalebkirſche iſt auf zerklüfteten trockenen Felſenklippen und alſo nicht eigentlich unmittelbar im Walde ſelbſt; ſie findet ihre Verbreitung vorzüglich im Süden Deutſchlands, in Ungarn und noch weiter ſüdöſtlich, kommt jedoch an geeigneten nicht zu rauhen Lagen auch in Mitteldeutſchland vor. Die Felſenkirſche hat ein großes Ausſchlagsvermögen, beſonders am Stocke und liefert in ihren Stocklohden die ſchon genannten Weichſelrohre zu den Tabakpfeifen, welche ihren bekannten angenehmen Geruch ſehr lange behalten. Dieſer Geruch beruht auf dem Cumarin (Tonka-Campher), einer in den verſchiedenſten Pflanzen vorkommenden organiſchen Verbindung. Außer den Tonkabohnen (dem Samen von Dipterix odorata Willd., einem guyaniſchen Baum mit Schmetterlingsblüthen) findet ſich das Cumarin noch im Waldmeiſter (Asperula odorata), in vielen Steinkleearten, im Ruchgraſe (Anthoxanthum odoratum) und andern Gräſern — daher der ganz dem Weichſelgeruch ähnliche Heugeruch. Das Cumarin giebt dem beliebten Maiwein den würzigen Geſchmack und dieſer kann daher nicht blos mit dem dadurch berühmten Waldmeiſter allein bereitet werden. Eine große Bedeutung hat die Felſenkirſche dadurch, daß man von ihr in großer Menge Wildlinge zu Veredlung der Süß- und Sauerkirſchen erzieht. Die Felſen- oder Mahalebkirſche heißt auch noch Steinkirſche, Stein- weichſel, wohlriechende Kirſche, Ahlkirſche, türkiſche oder ungariſche Weichſel, Mahaleb- oder Parfümeriekirſche. 47. Die Traubenkirſche, Prunus Padus L. Die den Kirſchblüthen ähnlichen doch kleineren und ſchmalbättrigen Blüthen bilden eine bis 4 Zoll lange hängende, Anfang Mai zugleich mit den Blättern ſich entfaltende, traubenförmige vielblumige Aehre, welche bald unbeblättert, bald an ihrem Grunde mit einigen Blättern verſehen iſt. Die Früchte, deren meiſt nur wenige zur Ausbildung kommen, ſind 33*

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/567>, abgerufen am 25.04.2024.