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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Madame Robinson,
drey Töchter hatte, war ihr Heyraths-Guth nicht
eben so gar groß: Denn da er sich verbunden sahe,
auch für seine übrigen Kinder zu sorgen, kunnte er ihr
über 500. Pfund nicht bestimmen. Nichts desto-
weniger ersatzte ihr holdseliges Antlitz, schöne Ge-
stalt, und gute Auferziehung dasjenige, so ihr am
Gelde gebracht: Wannenhero eines ansehnlichen
Mannes Sohn, der ein Erbe von 900. Pfund
jährlicher Einkünffte war, sich in sie verliebte; Weil
aber seine Zuneigung seines Vaters Willen zuwi-
der war, wurde die Liebe zwischen ihnen mit aller
möglichen Heimlichkeit fortgesetzet; Dessen unge-
achtet wurde das heimliche Verständniß, nach wel-
chem sie sich mit einander verplämpert hatten, des
jungen Menschen seinem Vater durch folgenden
Brieff entdecket:

Mein Hochgeehrter Herr,

Woferne sie es nicht geschwind hinter-
treiben, so wird Dero Sohn bald mit des
Herrn
Robinsons Tochter verehliget
werden. Diesen Morgen ist er, an statt,
daß er, nach ihrer Meynung, nach
Dor-
setshire
reisen sollen, nach Guilford ge-
gangen, von wannen er seine Liebste mit
sich nehmen will, mit welcher er morgen
zu
Gravesend zu seyn gedencket, um von
dar zu Wasser nach Holland zu gehen;

All-

Madame Robinſon,
drey Toͤchter hatte, war ihr Heyraths-Guth nicht
eben ſo gar groß: Denn da er ſich verbunden ſahe,
auch fuͤr ſeine uͤbrigen Kinder zu ſorgen, kunnte er ihr
uͤber 500. Pfund nicht beſtimmen. Nichts deſto-
weniger erſatzte ihr holdſeliges Antlitz, ſchoͤne Ge-
ſtalt, und gute Auferziehung dasjenige, ſo ihr am
Gelde gebracht: Wannenhero eines anſehnlichen
Mannes Sohn, der ein Erbe von 900. Pfund
jaͤhrlicher Einkuͤnffte war, ſich in ſie verliebte; Weil
aber ſeine Zuneigung ſeines Vaters Willen zuwi-
der war, wurde die Liebe zwiſchen ihnen mit aller
moͤglichen Heimlichkeit fortgeſetzet; Deſſen unge-
achtet wurde das heimliche Verſtaͤndniß, nach wel-
chem ſie ſich mit einander verplaͤmpert hatten, des
jungen Menſchen ſeinem Vater durch folgenden
Brieff entdecket:

Mein Hochgeehrter Herr,

Woferne ſie es nicht geſchwind hinter-
treiben, ſo wird Dero Sohn bald mit des
Herrn
Robinſons Tochter verehliget
werden. Dieſen Morgen iſt er, an ſtatt,
daß er, nach ihrer Meynung, nach
Dor-
ſetshire
reiſen ſollen, nach Guilford ge-
gangen, von wannen er ſeine Liebſte mit
ſich nehmen will, mit welcher er morgen
zu
Graveſend zu ſeyn gedencket, um von
dar zu Waſſer nach Holland zu gehen;

All-
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[186/0206] Madame Robinſon, drey Toͤchter hatte, war ihr Heyraths-Guth nicht eben ſo gar groß: Denn da er ſich verbunden ſahe, auch fuͤr ſeine uͤbrigen Kinder zu ſorgen, kunnte er ihr uͤber 500. Pfund nicht beſtimmen. Nichts deſto- weniger erſatzte ihr holdſeliges Antlitz, ſchoͤne Ge- ſtalt, und gute Auferziehung dasjenige, ſo ihr am Gelde gebracht: Wannenhero eines anſehnlichen Mannes Sohn, der ein Erbe von 900. Pfund jaͤhrlicher Einkuͤnffte war, ſich in ſie verliebte; Weil aber ſeine Zuneigung ſeines Vaters Willen zuwi- der war, wurde die Liebe zwiſchen ihnen mit aller moͤglichen Heimlichkeit fortgeſetzet; Deſſen unge- achtet wurde das heimliche Verſtaͤndniß, nach wel- chem ſie ſich mit einander verplaͤmpert hatten, des jungen Menſchen ſeinem Vater durch folgenden Brieff entdecket: Mein Hochgeehrter Herr, Woferne ſie es nicht geſchwind hinter- treiben, ſo wird Dero Sohn bald mit des Herrn Robinſons Tochter verehliget werden. Dieſen Morgen iſt er, an ſtatt, daß er, nach ihrer Meynung, nach Dor- ſetshire reiſen ſollen, nach Guilford ge- gangen, von wannen er ſeine Liebſte mit ſich nehmen will, mit welcher er morgen zu Graveſend zu ſeyn gedencket, um von dar zu Waſſer nach Holland zu gehen; All-

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/206>, abgerufen am 29.03.2024.