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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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und Doctor Oats.

Diese ihre gesuchte Liebe kam aber zu keiner Voll-
kommenheit, sondern dieser tapffere Sohn des
Martis verachtete sie um so viel destomehr. Doch
was er an Bewunderung ihrer Person verabsäu-
mete, das brachte William Leech, ein Procu-
rator,
der zu Lion's-Inn auferzogen war, wieder
ein; welcher ihr öffters in seiner hefftigsten Nei-
gung die Versicherung gab, was massen ihm deren
Gegenwart so schätzbar, ihre Conversation so
tugendhafft, und ihr Humeur so gefällig wäre,
daß er unaufhörlich in ihrer angenehmen Gesell-
schafft zu seyn wünsche. Man kan die Hochach-
tung, die er zu ihr truge, aus dem folgenden Briefe,
den er, bey ihrer achttägigen Abwesenheit auf dem
Lande, an sie schriebe, abnehmen.

Mademoiselle.

Jch habe, seit dem Tage ihrer Abreise,
ein so kümmerliches Leben geführet, daß,
wenn ich es der Unbarmhertzigkeit selb-
sten klagen wollte, sie zum Mitleiden
würde bewogen werden. Jedoch suche
ich diesen
Affect keinesweges bey ihnen
zu erwecken, der ich schon vergnügt bin,
wenn sie nur etwas darvon wissen, da-
mit sie keinen Zweiffel an meiner Liebe,
vielweniger Beständigkeit, tragen mö-
gen. So kan ihnen demnach ich nicht

ver-
und Doctor Oats.

Dieſe ihre geſuchte Liebe kam aber zu keiner Voll-
kommenheit, ſondern dieſer tapffere Sohn des
Martis verachtete ſie um ſo viel deſtomehr. Doch
was er an Bewunderung ihrer Perſon verabſaͤu-
mete, das brachte William Leech, ein Procu-
rator,
der zu Lion’s-Inn auferzogen war, wieder
ein; welcher ihr oͤffters in ſeiner hefftigſten Nei-
gung die Verſicherung gab, was maſſen ihm deren
Gegenwart ſo ſchaͤtzbar, ihre Converſation ſo
tugendhafft, und ihr Humeur ſo gefaͤllig waͤre,
daß er unaufhoͤrlich in ihrer angenehmen Geſell-
ſchafft zu ſeyn wuͤnſche. Man kan die Hochach-
tung, die er zu ihr truge, aus dem folgenden Briefe,
den er, bey ihrer achttaͤgigen Abweſenheit auf dem
Lande, an ſie ſchriebe, abnehmen.

Mademoiſelle.

Jch habe, ſeit dem Tage ihrer Abreiſe,
ein ſo kuͤmmerliches Leben gefuͤhret, daß,
wenn ich es der Unbarmhertzigkeit ſelb-
ſten klagen wollte, ſie zum Mitleiden
wuͤrde bewogen werden. Jedoch ſuche
ich dieſen
Affect keinesweges bey ihnen
zu erwecken, der ich ſchon vergnuͤgt bin,
wenn ſie nur etwas darvon wiſſen, da-
mit ſie keinen Zweiffel an meiner Liebe,
vielweniger Beſtaͤndigkeit, tragen moͤ-
gen. So kan ihnen demnach ich nicht

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[235/0255] und Doctor Oats. Dieſe ihre geſuchte Liebe kam aber zu keiner Voll- kommenheit, ſondern dieſer tapffere Sohn des Martis verachtete ſie um ſo viel deſtomehr. Doch was er an Bewunderung ihrer Perſon verabſaͤu- mete, das brachte William Leech, ein Procu- rator, der zu Lion’s-Inn auferzogen war, wieder ein; welcher ihr oͤffters in ſeiner hefftigſten Nei- gung die Verſicherung gab, was maſſen ihm deren Gegenwart ſo ſchaͤtzbar, ihre Converſation ſo tugendhafft, und ihr Humeur ſo gefaͤllig waͤre, daß er unaufhoͤrlich in ihrer angenehmen Geſell- ſchafft zu ſeyn wuͤnſche. Man kan die Hochach- tung, die er zu ihr truge, aus dem folgenden Briefe, den er, bey ihrer achttaͤgigen Abweſenheit auf dem Lande, an ſie ſchriebe, abnehmen. Mademoiſelle. Jch habe, ſeit dem Tage ihrer Abreiſe, ein ſo kuͤmmerliches Leben gefuͤhret, daß, wenn ich es der Unbarmhertzigkeit ſelb- ſten klagen wollte, ſie zum Mitleiden wuͤrde bewogen werden. Jedoch ſuche ich dieſen Affect keinesweges bey ihnen zu erwecken, der ich ſchon vergnuͤgt bin, wenn ſie nur etwas darvon wiſſen, da- mit ſie keinen Zweiffel an meiner Liebe, vielweniger Beſtaͤndigkeit, tragen moͤ- gen. So kan ihnen demnach ich nicht ver-

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/255>, abgerufen am 28.03.2024.