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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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I.
Die functionelle Anpassung.
A. Leistungen derselben.

Das Problem einer Erklärung der Zweckmässigkeit in der
Natur hat schon die ältesten Philosophen beschäftigt, und hat
auch schon im classischen Zeitalter der Antike seine allgemeine
und principiell vollständige Lösung durch Empedocles ge-
funden. Er erreichte bereits das Endziel der Zweckmässigkeits-
lehre: Die Erkenntniss der Art und Weise, auf welche Zweck-
mässiges sich bilden könne, ohne Einwirkung einer nach vor-
bedachten Zielen gestaltenden Kraft, rein aus mechanischen
Gründen heraus.

Dieser grosse Denker fasste1) die materielle Grundsubstanz
als das in sich unveränderliche Ursein, und liess sie gemischt
und gestaltet werden durch die Kräfte der Liebe und des
Hasses. In diesem mit zwei einander entgegenwirkenden Kräf-
ten versehenen Stoffgemenge musste ein lang dauernder Wech-
selkampf stattfinden, aus welchem blos die dauerfähigen Ag-
gregationen schliesslich allein übrig bleiben konnten, da alle
gebildeten Gruppirungen so lange immer wieder gelöst werden
mussten, so lange in der Wechselwirkung noch stärkere Con-
glomerate sich bilden konnten.

1) Empedoclis Agrigentini fragmenta disposuit etc. H. Stein. Bonnae,
1852, p. 4. Aristoteles Phys. II. 8.
Roux, Kampf der Theile. 1
I.
Die functionelle Anpassung.
A. Leistungen derselben.

Das Problem einer Erklärung der Zweckmässigkeit in der
Natur hat schon die ältesten Philosophen beschäftigt, und hat
auch schon im classischen Zeitalter der Antike seine allgemeine
und principiell vollständige Lösung durch Empedocles ge-
funden. Er erreichte bereits das Endziel der Zweckmässigkeits-
lehre: Die Erkenntniss der Art und Weise, auf welche Zweck-
mässiges sich bilden könne, ohne Einwirkung einer nach vor-
bedachten Zielen gestaltenden Kraft, rein aus mechanischen
Gründen heraus.

Dieser grosse Denker fasste1) die materielle Grundsubstanz
als das in sich unveränderliche Ursein, und liess sie gemischt
und gestaltet werden durch die Kräfte der Liebe und des
Hasses. In diesem mit zwei einander entgegenwirkenden Kräf-
ten versehenen Stoffgemenge musste ein lang dauernder Wech-
selkampf stattfinden, aus welchem blos die dauerfähigen Ag-
gregationen schliesslich allein übrig bleiben konnten, da alle
gebildeten Gruppirungen so lange immer wieder gelöst werden
mussten, so lange in der Wechselwirkung noch stärkere Con-
glomerate sich bilden konnten.

1) Empedoclis Agrigentini fragmenta disposuit etc. H. Stein. Bonnae,
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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/15>, abgerufen am 28.03.2024.