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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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bekannten Geschwister: ich mochte sie nicht fragen.
Auch Mathilde nahm innigeren Antheil, als je-
mals. Alle drey Kinder hatten für Betty und
für Deborah allerlei gearbeitet. Von ihrem Ta-
schengelde hatte Jda eine Parthie neuer Schul-
bücher für die armen Kinder des Ortes gekauft,
die sie dem Herrn Pfarrer überlieferte. Clärchen
hatte nemlich hierzu gerathen, als Jda von ihr
ausforschen wollen, welches kleine Geschenk ihm
wohl lieb seyn könnte.

Seit Paul todt ist, wußte Jda noch nichts wie-
der an seine Stelle zu setzen. Der gute Pfarrer
nahm das ganz so auf, wie ich wünschte, dankte
Jda mit wenigen väterlichen Worten, und sagte:
wenn die Kinder jeßt fleißiger lernten, als sonst,
und wohlgezogener würden, so wäre das zum
Theil ihr Werk; denn er wolle die Bücher zu
Preisen machen, womit er Fleiß und ordentliches
Betragen belohnen würde. Wie des Kindes
Wangen glüheten, und wie sie die lieben Augen
so verschämt niederschlug! Von diesem Kinde
kann man sagen: das Himmelreich ist sein. Jda

bekannten Geſchwiſter: ich mochte ſie nicht fragen.
Auch Mathilde nahm innigeren Antheil, als je-
mals. Alle drey Kinder hatten für Betty und
für Deborah allerlei gearbeitet. Von ihrem Ta-
ſchengelde hatte Jda eine Parthie neuer Schul-
bücher für die armen Kinder des Ortes gekauft,
die ſie dem Herrn Pfarrer überlieferte. Clärchen
hatte nemlich hierzu gerathen, als Jda von ihr
ausforſchen wollen, welches kleine Geſchenk ihm
wohl lieb ſeyn könnte.

Seit Paul todt iſt, wußte Jda noch nichts wie-
der an ſeine Stelle zu ſetzen. Der gute Pfarrer
nahm das ganz ſo auf, wie ich wünſchte, dankte
Jda mit wenigen väterlichen Worten, und ſagte:
wenn die Kinder jeßt fleißiger lernten, als ſonſt,
und wohlgezogener würden, ſo wäre das zum
Theil ihr Werk; denn er wolle die Bücher zu
Preiſen machen, womit er Fleiß und ordentliches
Betragen belohnen würde. Wie des Kindes
Wangen glüheten, und wie ſie die lieben Augen
ſo verſchämt niederſchlug! Von dieſem Kinde
kann man ſagen: das Himmelreich iſt ſein. Jda

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[11/0019] bekannten Geſchwiſter: ich mochte ſie nicht fragen. Auch Mathilde nahm innigeren Antheil, als je- mals. Alle drey Kinder hatten für Betty und für Deborah allerlei gearbeitet. Von ihrem Ta- ſchengelde hatte Jda eine Parthie neuer Schul- bücher für die armen Kinder des Ortes gekauft, die ſie dem Herrn Pfarrer überlieferte. Clärchen hatte nemlich hierzu gerathen, als Jda von ihr ausforſchen wollen, welches kleine Geſchenk ihm wohl lieb ſeyn könnte. Seit Paul todt iſt, wußte Jda noch nichts wie- der an ſeine Stelle zu ſetzen. Der gute Pfarrer nahm das ganz ſo auf, wie ich wünſchte, dankte Jda mit wenigen väterlichen Worten, und ſagte: wenn die Kinder jeßt fleißiger lernten, als ſonſt, und wohlgezogener würden, ſo wäre das zum Theil ihr Werk; denn er wolle die Bücher zu Preiſen machen, womit er Fleiß und ordentliches Betragen belohnen würde. Wie des Kindes Wangen glüheten, und wie ſie die lieben Augen ſo verſchämt niederſchlug! Von dieſem Kinde kann man ſagen: das Himmelreich iſt ſein. Jda

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/19>, abgerufen am 29.03.2024.