Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
26.
Wie der Genesene ganz der Gesundheit Glück
Empfindet, wenn er an die Krankheit denkt zurück;
Des ungehemmten Stroms der Lebensfülle froh,
Wenn er der Hemmung nun, er hofft auf stets, entfloh:
So auch, wer voriger Verirrungen gedenkt,
Aus denen Gott ihn hat zur rechten Bahn gelenkt;
Er mag die rechte Bahn mit rechter Freude wallen,
Kraft fühlend und Entschluß, nie mehr zurück zu fallen.
Doch wie ein Nachgefühl der Krankheit den Gesunden
Oft leise mahnt, und, kaum sich meldend, ist geschwunden;
So den, der voriger Verirrung auch gedenkt,
Nur daß dis Nachgefühl von Krankheit stärker kränkt.
Denn einen Unterschied in dem, was wir erduldet,
Macht immer, ob es war ver- oder unverschuldet.

26.
Wie der Geneſene ganz der Geſundheit Gluͤck
Empfindet, wenn er an die Krankheit denkt zuruͤck;
Des ungehemmten Stroms der Lebensfuͤlle froh,
Wenn er der Hemmung nun, er hofft auf ſtets, entfloh:
So auch, wer voriger Verirrungen gedenkt,
Aus denen Gott ihn hat zur rechten Bahn gelenkt;
Er mag die rechte Bahn mit rechter Freude wallen,
Kraft fuͤhlend und Entſchluß, nie mehr zuruͤck zu fallen.
Doch wie ein Nachgefuͤhl der Krankheit den Geſunden
Oft leiſe mahnt, und, kaum ſich meldend, iſt geſchwunden;
So den, der voriger Verirrung auch gedenkt,
Nur daß dis Nachgefuͤhl von Krankheit ſtaͤrker kraͤnkt.
Denn einen Unterſchied in dem, was wir erduldet,
Macht immer, ob es war ver- oder unverſchuldet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0160" n="150"/>
        <div n="2">
          <head>26.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wie der Gene&#x017F;ene ganz der Ge&#x017F;undheit Glu&#x0364;ck</l><lb/>
              <l>Empfindet, wenn er an die Krankheit denkt zuru&#x0364;ck;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Des ungehemmten Stroms der Lebensfu&#x0364;lle froh,</l><lb/>
              <l>Wenn er der Hemmung nun, er hofft auf &#x017F;tets, entfloh:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So auch, wer voriger Verirrungen gedenkt,</l><lb/>
              <l>Aus denen Gott ihn hat zur rechten Bahn gelenkt;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Er mag die rechte Bahn mit rechter Freude wallen,</l><lb/>
              <l>Kraft fu&#x0364;hlend und Ent&#x017F;chluß, nie mehr zuru&#x0364;ck zu fallen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Doch wie ein Nachgefu&#x0364;hl der Krankheit den Ge&#x017F;unden</l><lb/>
              <l>Oft lei&#x017F;e mahnt, und, kaum &#x017F;ich meldend, i&#x017F;t ge&#x017F;chwunden;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>So den, der voriger Verirrung auch gedenkt,</l><lb/>
              <l>Nur daß dis Nachgefu&#x0364;hl von Krankheit &#x017F;ta&#x0364;rker kra&#x0364;nkt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Denn einen Unter&#x017F;chied in dem, was wir erduldet,</l><lb/>
              <l>Macht immer, ob es war ver- oder unver&#x017F;chuldet.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0160] 26. Wie der Geneſene ganz der Geſundheit Gluͤck Empfindet, wenn er an die Krankheit denkt zuruͤck; Des ungehemmten Stroms der Lebensfuͤlle froh, Wenn er der Hemmung nun, er hofft auf ſtets, entfloh: So auch, wer voriger Verirrungen gedenkt, Aus denen Gott ihn hat zur rechten Bahn gelenkt; Er mag die rechte Bahn mit rechter Freude wallen, Kraft fuͤhlend und Entſchluß, nie mehr zuruͤck zu fallen. Doch wie ein Nachgefuͤhl der Krankheit den Geſunden Oft leiſe mahnt, und, kaum ſich meldend, iſt geſchwunden; So den, der voriger Verirrung auch gedenkt, Nur daß dis Nachgefuͤhl von Krankheit ſtaͤrker kraͤnkt. Denn einen Unterſchied in dem, was wir erduldet, Macht immer, ob es war ver- oder unverſchuldet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/160
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/160>, abgerufen am 28.03.2024.