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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Der eine trägt ein Bild des Herrn vor seiner Brust,
Stets eingedenk des Herrn zu seyn und dienstbewust.
Er hat das Bild von Holz nach seiner Kunst geschnitzt,
Und fühlt sich gläubig stolz, daß er die Gunst besitzt.
Ein andrer trägt den Herrn in seines Busens Schrein,
Ihn mahnt der innre Stern, kein Bild von Holz und Stein.
Der eine thut nur das, was ihm der Herr befohlen,
Der andre geht, Befehl sich selber einzuholen.
Ein dritter fragt nicht erst, was ihm der Herr befiehlt,
Er sieht sein Angesicht, und weiß worauf er zielt.
Der dient aus Eigennutz, der dient aus Furcht und Scheue,
Der dient aus Pflichtgefühl, und der aus Herzenstreue.
Der eine dient dem Herrn auf festgesetzten Lohn;
Der Herr setzt ihm nichts zu, und bricht nichts ab davon.
Der andre dient und hat bedungen keinen Lohn,
Lang gab der Herr ihm nichts, dann macht' er ihn zum Sohn.

Der eine traͤgt ein Bild des Herrn vor ſeiner Bruſt,
Stets eingedenk des Herrn zu ſeyn und dienſtbewuſt.
Er hat das Bild von Holz nach ſeiner Kunſt geſchnitzt,
Und fuͤhlt ſich glaͤubig ſtolz, daß er die Gunſt beſitzt.
Ein andrer traͤgt den Herrn in ſeines Buſens Schrein,
Ihn mahnt der innre Stern, kein Bild von Holz und Stein.
Der eine thut nur das, was ihm der Herr befohlen,
Der andre geht, Befehl ſich ſelber einzuholen.
Ein dritter fragt nicht erſt, was ihm der Herr befiehlt,
Er ſieht ſein Angeſicht, und weiß worauf er zielt.
Der dient aus Eigennutz, der dient aus Furcht und Scheue,
Der dient aus Pflichtgefuͤhl, und der aus Herzenstreue.
Der eine dient dem Herrn auf feſtgeſetzten Lohn;
Der Herr ſetzt ihm nichts zu, und bricht nichts ab davon.
Der andre dient und hat bedungen keinen Lohn,
Lang gab der Herr ihm nichts, dann macht' er ihn zum Sohn.

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[117/0127] Der eine traͤgt ein Bild des Herrn vor ſeiner Bruſt, Stets eingedenk des Herrn zu ſeyn und dienſtbewuſt. Er hat das Bild von Holz nach ſeiner Kunſt geſchnitzt, Und fuͤhlt ſich glaͤubig ſtolz, daß er die Gunſt beſitzt. Ein andrer traͤgt den Herrn in ſeines Buſens Schrein, Ihn mahnt der innre Stern, kein Bild von Holz und Stein. Der eine thut nur das, was ihm der Herr befohlen, Der andre geht, Befehl ſich ſelber einzuholen. Ein dritter fragt nicht erſt, was ihm der Herr befiehlt, Er ſieht ſein Angeſicht, und weiß worauf er zielt. Der dient aus Eigennutz, der dient aus Furcht und Scheue, Der dient aus Pflichtgefuͤhl, und der aus Herzenstreue. Der eine dient dem Herrn auf feſtgeſetzten Lohn; Der Herr ſetzt ihm nichts zu, und bricht nichts ab davon. Der andre dient und hat bedungen keinen Lohn, Lang gab der Herr ihm nichts, dann macht' er ihn zum Sohn.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/127>, abgerufen am 25.04.2024.