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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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51.
Viel besser, daß ein Volk nur einen Irrthum habe,
Als eine Wahrheit für sich selber jeder Knabe.
Viel besser, daß den Dienst ein großer Götz besitze,
Als jeder für sein Haus sich einen kleinen schnitze.
Der Unsinn machte mir nicht die Erbitterung,
Als der Gesinnungszwist, die Sinnzersplitterung.

52.
Zu lehren glaubt' ich oft, was ich an mir erfuhr,
Und sah dann: ich umschrieb ein altes Sprichwort nur.
Das eben ist die Art des Sprichworts: wir gewahren
Erst seinen Sinn, wenn wir ihn an uns selbst erfahren.

51.
Viel beſſer, daß ein Volk nur einen Irrthum habe,
Als eine Wahrheit fuͤr ſich ſelber jeder Knabe.
Viel beſſer, daß den Dienſt ein großer Goͤtz beſitze,
Als jeder fuͤr ſein Haus ſich einen kleinen ſchnitze.
Der Unſinn machte mir nicht die Erbitterung,
Als der Geſinnungszwiſt, die Sinnzerſplitterung.

52.
Zu lehren glaubt' ich oft, was ich an mir erfuhr,
Und ſah dann: ich umſchrieb ein altes Sprichwort nur.
Das eben iſt die Art des Sprichworts: wir gewahren
Erſt ſeinen Sinn, wenn wir ihn an uns ſelbſt erfahren.

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[173/0183] 51. Viel beſſer, daß ein Volk nur einen Irrthum habe, Als eine Wahrheit fuͤr ſich ſelber jeder Knabe. Viel beſſer, daß den Dienſt ein großer Goͤtz beſitze, Als jeder fuͤr ſein Haus ſich einen kleinen ſchnitze. Der Unſinn machte mir nicht die Erbitterung, Als der Geſinnungszwiſt, die Sinnzerſplitterung. 52. Zu lehren glaubt' ich oft, was ich an mir erfuhr, Und ſah dann: ich umſchrieb ein altes Sprichwort nur. Das eben iſt die Art des Sprichworts: wir gewahren Erſt ſeinen Sinn, wenn wir ihn an uns ſelbſt erfahren.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/183>, abgerufen am 28.03.2024.