Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
36.
Oft mahnt ein jäher Stoß den sorgenlosen Gleiter
Auf glatter Lebensflut an Trümmerung und Scheiter.
Du dank' ihm, daß er aus Gedankenlosigkeit
Dich weckt, zu danken Gott für gnädiges Geleit;
Für gnädiges Geleit zu danken und zu flehn,
Daß weiter sanft gewiegt dein Schifflein möge gehn.

37.
Die Schlange fühlte lang ein innerliches Quälen,
Daß ihre alte Haut nicht ab sich wollte schälen.
Sie wußte keinen Rath noch Mittel zu ergreifen,
Die unbequeme Hüll' auf einmal abzustreifen.
So rathlos wie sie gieng, unachtsam fiel die Schlange
In eine Schling' am Weg, gestellt zu ihrem Fange.
Geblieben wäre sie sonst in der Schlinge hangen,
Nur durch den alten Balg ist sie der Schling' entgangen.
36.
Oft mahnt ein jaͤher Stoß den ſorgenloſen Gleiter
Auf glatter Lebensflut an Truͤmmerung und Scheiter.
Du dank' ihm, daß er aus Gedankenloſigkeit
Dich weckt, zu danken Gott fuͤr gnaͤdiges Geleit;
Fuͤr gnaͤdiges Geleit zu danken und zu flehn,
Daß weiter ſanft gewiegt dein Schifflein moͤge gehn.

37.
Die Schlange fuͤhlte lang ein innerliches Quaͤlen,
Daß ihre alte Haut nicht ab ſich wollte ſchaͤlen.
Sie wußte keinen Rath noch Mittel zu ergreifen,
Die unbequeme Huͤll' auf einmal abzuſtreifen.
So rathlos wie ſie gieng, unachtſam fiel die Schlange
In eine Schling' am Weg, geſtellt zu ihrem Fange.
Geblieben waͤre ſie ſonſt in der Schlinge hangen,
Nur durch den alten Balg iſt ſie der Schling' entgangen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0228" n="218"/>
        <div n="2">
          <head>36.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Oft mahnt ein ja&#x0364;her Stoß den &#x017F;orgenlo&#x017F;en Gleiter</l><lb/>
              <l>Auf glatter Lebensflut an Tru&#x0364;mmerung und Scheiter.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Du dank' ihm, daß er aus Gedankenlo&#x017F;igkeit</l><lb/>
              <l>Dich weckt, zu danken Gott fu&#x0364;r gna&#x0364;diges Geleit;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Fu&#x0364;r gna&#x0364;diges Geleit zu danken und zu flehn,</l><lb/>
              <l>Daß weiter &#x017F;anft gewiegt dein Schifflein mo&#x0364;ge gehn.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>37.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Die Schlange fu&#x0364;hlte lang ein innerliches Qua&#x0364;len,</l><lb/>
              <l>Daß ihre alte Haut nicht ab &#x017F;ich wollte &#x017F;cha&#x0364;len.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Sie wußte keinen Rath noch Mittel zu ergreifen,</l><lb/>
              <l>Die unbequeme Hu&#x0364;ll' auf einmal abzu&#x017F;treifen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So rathlos wie &#x017F;ie gieng, unacht&#x017F;am fiel die Schlange</l><lb/>
              <l>In eine Schling' am Weg, ge&#x017F;tellt zu ihrem Fange.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Geblieben wa&#x0364;re &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t in der Schlinge hangen,</l><lb/>
              <l>Nur durch den alten Balg i&#x017F;t &#x017F;ie der Schling' entgangen.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0228] 36. Oft mahnt ein jaͤher Stoß den ſorgenloſen Gleiter Auf glatter Lebensflut an Truͤmmerung und Scheiter. Du dank' ihm, daß er aus Gedankenloſigkeit Dich weckt, zu danken Gott fuͤr gnaͤdiges Geleit; Fuͤr gnaͤdiges Geleit zu danken und zu flehn, Daß weiter ſanft gewiegt dein Schifflein moͤge gehn. 37. Die Schlange fuͤhlte lang ein innerliches Quaͤlen, Daß ihre alte Haut nicht ab ſich wollte ſchaͤlen. Sie wußte keinen Rath noch Mittel zu ergreifen, Die unbequeme Huͤll' auf einmal abzuſtreifen. So rathlos wie ſie gieng, unachtſam fiel die Schlange In eine Schling' am Weg, geſtellt zu ihrem Fange. Geblieben waͤre ſie ſonſt in der Schlinge hangen, Nur durch den alten Balg iſt ſie der Schling' entgangen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/228
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/228>, abgerufen am 19.04.2024.