Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Doch wenn ich blick' empor, so seh' ich nichts als Licht;
Reicht, die hinunter reicht, die Leiter aufwerts nicht?
Wol reicht sie auch hinauf, wol werden zwischen mir
Viel höhre Wesen stehn und, Höchstes, zwischen dir.
Allein ich seh' sie nicht, von deinem Licht geblendet,
Das seine Kraft mir nur zum Niederblicken sendet.
In tausend Bildern seh' ich hier dein Bild gewoben,
Das tröstet mich, daß ich dich selbst nicht sehn kann droben.

36.
Gott ist von keinem Raum, von keiner Zeit umzirkt,
Denn Gott ist da und dann, wo er und wann er wirkt.
Und Gott wirkt überall, und Gott wirkt immerfort;
Immer ist seine Zeit, und Ueberall sein Ort.
Er ist der Mittelpunkt, der Umkreis ist Er auch,
Weltend' und Anfang ist sein Wechselauseinhauch.

Doch wenn ich blick' empor, ſo ſeh' ich nichts als Licht;
Reicht, die hinunter reicht, die Leiter aufwerts nicht?
Wol reicht ſie auch hinauf, wol werden zwiſchen mir
Viel hoͤhre Weſen ſtehn und, Hoͤchſtes, zwiſchen dir.
Allein ich ſeh' ſie nicht, von deinem Licht geblendet,
Das ſeine Kraft mir nur zum Niederblicken ſendet.
In tauſend Bildern ſeh' ich hier dein Bild gewoben,
Das troͤſtet mich, daß ich dich ſelbſt nicht ſehn kann droben.

36.
Gott iſt von keinem Raum, von keiner Zeit umzirkt,
Denn Gott iſt da und dann, wo er und wann er wirkt.
Und Gott wirkt uͤberall, und Gott wirkt immerfort;
Immer iſt ſeine Zeit, und Ueberall ſein Ort.
Er iſt der Mittelpunkt, der Umkreis iſt Er auch,
Weltend' und Anfang iſt ſein Wechſelauseinhauch.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0033" n="23"/>
            </l>
            <lg n="3">
              <l>Doch wenn ich blick' empor, &#x017F;o &#x017F;eh' ich nichts als Licht;</l><lb/>
              <l>Reicht, die hinunter reicht, die Leiter aufwerts nicht?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wol reicht &#x017F;ie auch hinauf, wol werden zwi&#x017F;chen mir</l><lb/>
              <l>Viel ho&#x0364;hre We&#x017F;en &#x017F;tehn und, Ho&#x0364;ch&#x017F;tes, zwi&#x017F;chen dir.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Allein ich &#x017F;eh' &#x017F;ie nicht, von deinem Licht geblendet,</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;eine Kraft mir nur zum Niederblicken &#x017F;endet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>In tau&#x017F;end Bildern &#x017F;eh' ich hier dein Bild gewoben,</l><lb/>
              <l>Das tro&#x0364;&#x017F;tet mich, daß ich dich &#x017F;elb&#x017F;t nicht &#x017F;ehn kann droben.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>36.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Gott i&#x017F;t von keinem Raum, von keiner Zeit umzirkt,</l><lb/>
              <l>Denn Gott i&#x017F;t da und dann, wo er und wann er wirkt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und Gott wirkt u&#x0364;berall, und Gott wirkt immerfort;</l><lb/>
              <l>Immer i&#x017F;t &#x017F;eine Zeit, und Ueberall &#x017F;ein Ort.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Er i&#x017F;t der Mittelpunkt, der Umkreis i&#x017F;t Er auch,</l><lb/>
              <l>Weltend' und Anfang i&#x017F;t &#x017F;ein Wech&#x017F;elauseinhauch.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0033] Doch wenn ich blick' empor, ſo ſeh' ich nichts als Licht; Reicht, die hinunter reicht, die Leiter aufwerts nicht? Wol reicht ſie auch hinauf, wol werden zwiſchen mir Viel hoͤhre Weſen ſtehn und, Hoͤchſtes, zwiſchen dir. Allein ich ſeh' ſie nicht, von deinem Licht geblendet, Das ſeine Kraft mir nur zum Niederblicken ſendet. In tauſend Bildern ſeh' ich hier dein Bild gewoben, Das troͤſtet mich, daß ich dich ſelbſt nicht ſehn kann droben. 36. Gott iſt von keinem Raum, von keiner Zeit umzirkt, Denn Gott iſt da und dann, wo er und wann er wirkt. Und Gott wirkt uͤberall, und Gott wirkt immerfort; Immer iſt ſeine Zeit, und Ueberall ſein Ort. Er iſt der Mittelpunkt, der Umkreis iſt Er auch, Weltend' und Anfang iſt ſein Wechſelauseinhauch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/33
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/33>, abgerufen am 19.04.2024.