Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich will, die höchste Kron' ist dieses, die mich schmückt,
Der Freiheit Siegel, das mein Geist sich aufgedrückt.
Ich darf, das ist zugleich die Inschrift bei dem Siegel,
Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel.
Ich mag, das endlich ist, was zwischen allen schwimmt,
Ein Unbestimmtes, das der Augenblick bestimmt.
Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag,
Die sechse nehmen mich in Anspruch jeden Tag.
Nur wenn du stets mich lehrst, weiß ich, was jeden Tag
Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.

76.
Bei seinem Vater hat das Kind nicht lernen wollen,
Und in die Schule schickt' er es mit Liebesgrollen.
Da schnarchte streng es an der Lehrer, der es lehrte,
Daß zu des Vaters Lehr' es bald zurück begehrte.
In seine Lehre nahm der Vater es zurück,
Und nun gewitzigt lernt es fleißig und mit Glück.

Ich will, die hoͤchſte Kron' iſt dieſes, die mich ſchmuͤckt,
Der Freiheit Siegel, das mein Geiſt ſich aufgedruͤckt.
Ich darf, das iſt zugleich die Inſchrift bei dem Siegel,
Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel.
Ich mag, das endlich iſt, was zwiſchen allen ſchwimmt,
Ein Unbeſtimmtes, das der Augenblick beſtimmt.
Ich ſoll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag,
Die ſechſe nehmen mich in Anſpruch jeden Tag.
Nur wenn du ſtets mich lehrſt, weiß ich, was jeden Tag
Ich ſoll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.

76.
Bei ſeinem Vater hat das Kind nicht lernen wollen,
Und in die Schule ſchickt' er es mit Liebesgrollen.
Da ſchnarchte ſtreng es an der Lehrer, der es lehrte,
Daß zu des Vaters Lehr' es bald zuruͤck begehrte.
In ſeine Lehre nahm der Vater es zuruͤck,
Und nun gewitzigt lernt es fleißig und mit Gluͤck.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0058" n="48"/>
            </l>
            <lg n="5">
              <l>Ich will, die ho&#x0364;ch&#x017F;te Kron' i&#x017F;t die&#x017F;es, die mich &#x017F;chmu&#x0364;ckt,</l><lb/>
              <l>Der Freiheit Siegel, das mein Gei&#x017F;t &#x017F;ich aufgedru&#x0364;ckt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Ich darf, das i&#x017F;t zugleich die In&#x017F;chrift bei dem Siegel,</l><lb/>
              <l>Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Ich mag, das endlich i&#x017F;t, was zwi&#x017F;chen allen &#x017F;chwimmt,</l><lb/>
              <l>Ein Unbe&#x017F;timmtes, das der Augenblick be&#x017F;timmt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Ich &#x017F;oll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;ech&#x017F;e nehmen mich in An&#x017F;pruch jeden Tag.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l>Nur wenn du &#x017F;tets mich lehr&#x017F;t, weiß ich, was jeden Tag</l><lb/>
              <l>Ich &#x017F;oll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>76.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Bei &#x017F;einem Vater hat das Kind nicht lernen wollen,</l><lb/>
              <l>Und in die Schule &#x017F;chickt' er es mit Liebesgrollen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Da &#x017F;chnarchte &#x017F;treng es an der Lehrer, der es lehrte,</l><lb/>
              <l>Daß zu des Vaters Lehr' es bald zuru&#x0364;ck begehrte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>In &#x017F;eine Lehre nahm der Vater es zuru&#x0364;ck,</l><lb/>
              <l>Und nun gewitzigt lernt es fleißig und mit Glu&#x0364;ck.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0058] Ich will, die hoͤchſte Kron' iſt dieſes, die mich ſchmuͤckt, Der Freiheit Siegel, das mein Geiſt ſich aufgedruͤckt. Ich darf, das iſt zugleich die Inſchrift bei dem Siegel, Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel. Ich mag, das endlich iſt, was zwiſchen allen ſchwimmt, Ein Unbeſtimmtes, das der Augenblick beſtimmt. Ich ſoll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag, Die ſechſe nehmen mich in Anſpruch jeden Tag. Nur wenn du ſtets mich lehrſt, weiß ich, was jeden Tag Ich ſoll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag. 76. Bei ſeinem Vater hat das Kind nicht lernen wollen, Und in die Schule ſchickt' er es mit Liebesgrollen. Da ſchnarchte ſtreng es an der Lehrer, der es lehrte, Daß zu des Vaters Lehr' es bald zuruͤck begehrte. In ſeine Lehre nahm der Vater es zuruͤck, Und nun gewitzigt lernt es fleißig und mit Gluͤck.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/58
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/58>, abgerufen am 19.04.2024.