Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Hier gilt die derbe Faust statt feiner Fingerspitze,
Und vorarbeiten muß Handwerkerfleiß dem Witze.
Wo ihr Beruf erlischt, beginnet deine Sendung;
Sie liefern dir den Stoff, du gibst ihm die Vollendung.

93.
Wenn es nicht weiter geht, gelobt sei Gottes Macht!
Manch besserer als du hats nicht soweit gebracht.
Und wenn es weiter noch soll gehn, in Gottes Namen!
Solang ich vorwerts soll, läßt er mich nicht erlahmen.

94.
Mich freuts am Abend nicht, daß mir manch Lied entsprungen;
Mich freuts nur, wenn ich weiß, daß keines mir mislungen.
Was thuts, wenn keins entsprang? doch wenn nur eins mislang,
Mit diesem muß ich dann mich plagen tagelang.
Ich kann ihm nicht entziehn das Leben, ihm verliehn;
Das misgeborne Kind, ich muß es doch erziehn.

Hier gilt die derbe Fauſt ſtatt feiner Fingerſpitze,
Und vorarbeiten muß Handwerkerfleiß dem Witze.
Wo ihr Beruf erliſcht, beginnet deine Sendung;
Sie liefern dir den Stoff, du gibſt ihm die Vollendung.

93.
Wenn es nicht weiter geht, gelobt ſei Gottes Macht!
Manch beſſerer als du hats nicht ſoweit gebracht.
Und wenn es weiter noch ſoll gehn, in Gottes Namen!
Solang ich vorwerts ſoll, laͤßt er mich nicht erlahmen.

94.
Mich freuts am Abend nicht, daß mir manch Lied entſprungen;
Mich freuts nur, wenn ich weiß, daß keines mir mislungen.
Was thuts, wenn keins entſprang? doch wenn nur eins mislang,
Mit dieſem muß ich dann mich plagen tagelang.
Ich kann ihm nicht entziehn das Leben, ihm verliehn;
Das misgeborne Kind, ich muß es doch erziehn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0071" n="61"/>
            </l>
            <lg n="3">
              <l>Hier gilt die derbe Fau&#x017F;t &#x017F;tatt feiner Finger&#x017F;pitze,</l><lb/>
              <l>Und vorarbeiten muß Handwerkerfleiß dem Witze.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wo ihr Beruf erli&#x017F;cht, beginnet deine Sendung;</l><lb/>
              <l>Sie liefern dir den Stoff, du gib&#x017F;t ihm die Vollendung.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>93.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wenn es nicht weiter geht, gelobt &#x017F;ei Gottes Macht!</l><lb/>
              <l>Manch be&#x017F;&#x017F;erer als du hats nicht &#x017F;oweit gebracht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und wenn es weiter noch &#x017F;oll gehn, in Gottes Namen!</l><lb/>
              <l>Solang ich vorwerts &#x017F;oll, la&#x0364;ßt er mich nicht erlahmen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>94.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Mich freuts am Abend nicht, daß mir manch Lied ent&#x017F;prungen;</l><lb/>
              <l>Mich freuts nur, wenn ich weiß, daß keines mir mislungen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Was thuts, wenn keins ent&#x017F;prang? doch wenn nur eins mislang,</l><lb/>
              <l>Mit die&#x017F;em muß ich dann mich plagen tagelang.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ich kann ihm nicht entziehn das Leben, ihm verliehn;</l><lb/>
              <l>Das misgeborne Kind, ich muß es doch erziehn.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0071] Hier gilt die derbe Fauſt ſtatt feiner Fingerſpitze, Und vorarbeiten muß Handwerkerfleiß dem Witze. Wo ihr Beruf erliſcht, beginnet deine Sendung; Sie liefern dir den Stoff, du gibſt ihm die Vollendung. 93. Wenn es nicht weiter geht, gelobt ſei Gottes Macht! Manch beſſerer als du hats nicht ſoweit gebracht. Und wenn es weiter noch ſoll gehn, in Gottes Namen! Solang ich vorwerts ſoll, laͤßt er mich nicht erlahmen. 94. Mich freuts am Abend nicht, daß mir manch Lied entſprungen; Mich freuts nur, wenn ich weiß, daß keines mir mislungen. Was thuts, wenn keins entſprang? doch wenn nur eins mislang, Mit dieſem muß ich dann mich plagen tagelang. Ich kann ihm nicht entziehn das Leben, ihm verliehn; Das misgeborne Kind, ich muß es doch erziehn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/71
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/71>, abgerufen am 24.04.2024.