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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

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106.
Kennst du den Boten nicht, der dir allein Bericht
Von höhern Welten bringt? Der Bote heißet Licht.
Was ist vor ihm der Schall? ein ungestümer Prall,
Der höchstens niederkommt vom niedern Wolkenwall.
Was ist vor ihm der Wind? ein wetterwendisch Kind,
Das über Land und Meer fährt stürmisch oder lind.
Was ist vor ihm der Duft? ein weicher Gruß der Luft,
Der deine Sehnsucht nur ins Unbestimmte ruft.
Hat Schall, Wind oder Duft vom Höchsten dir gesprochen?
Hast du das Ewige gehört, gefühlt, gerochen?
Das Licht nur steiget dir aus höchsten Sfären nieder,
Und steigt mit deinem Blick zu höchsten Sfären wieder.
Folge nur seiner Spur! Verständest du es nur,
Und unverstanden wär dir nichts in der Natur.
106.
Kennſt du den Boten nicht, der dir allein Bericht
Von hoͤhern Welten bringt? Der Bote heißet Licht.
Was iſt vor ihm der Schall? ein ungeſtuͤmer Prall,
Der hoͤchſtens niederkommt vom niedern Wolkenwall.
Was iſt vor ihm der Wind? ein wetterwendiſch Kind,
Das uͤber Land und Meer faͤhrt ſtuͤrmiſch oder lind.
Was iſt vor ihm der Duft? ein weicher Gruß der Luft,
Der deine Sehnſucht nur ins Unbeſtimmte ruft.
Hat Schall, Wind oder Duft vom Hoͤchſten dir geſprochen?
Haſt du das Ewige gehoͤrt, gefuͤhlt, gerochen?
Das Licht nur ſteiget dir aus hoͤchſten Sfaͤren nieder,
Und ſteigt mit deinem Blick zu hoͤchſten Sfaͤren wieder.
Folge nur ſeiner Spur! Verſtaͤndeſt du es nur,
Und unverſtanden waͤr dir nichts in der Natur.
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[95/0105] 106. Kennſt du den Boten nicht, der dir allein Bericht Von hoͤhern Welten bringt? Der Bote heißet Licht. Was iſt vor ihm der Schall? ein ungeſtuͤmer Prall, Der hoͤchſtens niederkommt vom niedern Wolkenwall. Was iſt vor ihm der Wind? ein wetterwendiſch Kind, Das uͤber Land und Meer faͤhrt ſtuͤrmiſch oder lind. Was iſt vor ihm der Duft? ein weicher Gruß der Luft, Der deine Sehnſucht nur ins Unbeſtimmte ruft. Hat Schall, Wind oder Duft vom Hoͤchſten dir geſprochen? Haſt du das Ewige gehoͤrt, gefuͤhlt, gerochen? Das Licht nur ſteiget dir aus hoͤchſten Sfaͤren nieder, Und ſteigt mit deinem Blick zu hoͤchſten Sfaͤren wieder. Folge nur ſeiner Spur! Verſtaͤndeſt du es nur, Und unverſtanden waͤr dir nichts in der Natur.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/105>, abgerufen am 29.03.2024.