Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
42.
O Mensch, sieh hier das Nichts, aus welchem du entsprungen,
Dort die Unendlichkeit, in die du bist verschlungen.
Das Nichts hier, dort das All, und in der Mitte du,
Du schwankst in jedem Nu von diesem jenem zu.
Du streifest hier ans Nichts, und schweifest dort ins All,
Ergreifest keines doch im Steigen noch im Fall.
Wielange führest du mit Wolkenbildern Streit?
Das Nichts ist nichts, und nichts ist die Unendlichkeit.
Gott ist wo Nichts dir scheint, Gott ist wo dir erscheinet
Unendlichkeit, in ihm ist Nichts und Nichts verneinet.
Du bist vor jedem Nichts gerettet, Ihm vereint;
Nichts ist nur, was ohn' Ihn Etwas zu seyn vermeint.

42.
O Menſch, ſieh hier das Nichts, aus welchem du entſprungen,
Dort die Unendlichkeit, in die du biſt verſchlungen.
Das Nichts hier, dort das All, und in der Mitte du,
Du ſchwankſt in jedem Nu von dieſem jenem zu.
Du ſtreifeſt hier ans Nichts, und ſchweifeſt dort ins All,
Ergreifeſt keines doch im Steigen noch im Fall.
Wielange fuͤhreſt du mit Wolkenbildern Streit?
Das Nichts iſt nichts, und nichts iſt die Unendlichkeit.
Gott iſt wo Nichts dir ſcheint, Gott iſt wo dir erſcheinet
Unendlichkeit, in ihm iſt Nichts und Nichts verneinet.
Du biſt vor jedem Nichts gerettet, Ihm vereint;
Nichts iſt nur, was ohn' Ihn Etwas zu ſeyn vermeint.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0149" n="139"/>
        <div n="2">
          <head>42.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>O Men&#x017F;ch, &#x017F;ieh hier das Nichts, aus welchem du ent&#x017F;prungen,</l><lb/>
              <l>Dort die Unendlichkeit, in die du bi&#x017F;t ver&#x017F;chlungen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Das Nichts hier, dort das All, und in der Mitte du,</l><lb/>
              <l>Du &#x017F;chwank&#x017F;t in jedem Nu von die&#x017F;em jenem zu.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Du &#x017F;treife&#x017F;t hier ans Nichts, und &#x017F;chweife&#x017F;t dort ins All,</l><lb/>
              <l>Ergreife&#x017F;t keines doch im Steigen noch im Fall.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wielange fu&#x0364;hre&#x017F;t du mit Wolkenbildern Streit?</l><lb/>
              <l>Das Nichts i&#x017F;t nichts, und nichts i&#x017F;t die Unendlichkeit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Gott i&#x017F;t wo Nichts dir &#x017F;cheint, Gott i&#x017F;t wo dir er&#x017F;cheinet</l><lb/>
              <l>Unendlichkeit, in ihm i&#x017F;t Nichts und Nichts verneinet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Du bi&#x017F;t vor jedem Nichts gerettet, Ihm vereint;</l><lb/>
              <l>Nichts i&#x017F;t nur, was ohn' Ihn Etwas zu &#x017F;eyn vermeint.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0149] 42. O Menſch, ſieh hier das Nichts, aus welchem du entſprungen, Dort die Unendlichkeit, in die du biſt verſchlungen. Das Nichts hier, dort das All, und in der Mitte du, Du ſchwankſt in jedem Nu von dieſem jenem zu. Du ſtreifeſt hier ans Nichts, und ſchweifeſt dort ins All, Ergreifeſt keines doch im Steigen noch im Fall. Wielange fuͤhreſt du mit Wolkenbildern Streit? Das Nichts iſt nichts, und nichts iſt die Unendlichkeit. Gott iſt wo Nichts dir ſcheint, Gott iſt wo dir erſcheinet Unendlichkeit, in ihm iſt Nichts und Nichts verneinet. Du biſt vor jedem Nichts gerettet, Ihm vereint; Nichts iſt nur, was ohn' Ihn Etwas zu ſeyn vermeint.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/149
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/149>, abgerufen am 28.03.2024.