Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
77.
Es scheint alsob Natur bei jedes Thieres Bilden
Zur Hauptsach' es gemacht allein vor allen Gilden,
Die Absicht nur gehabt, es völlig auszurüsten,
Alsob nicht neben ihm bestehn mehr andre müsten.
Alswie ein Bildner wol in jedes seiner Werke,
Nicht denkend anderer, legt seine ganze Stärke.
Sie stellt dem Krokodil die Zähne so im Rachen,
Als wollte sie zur Beut' ihm alles Leben machen.
Die ehrnen Zacken stehn wie festgefugte Mauern,
Doch hinter jedem muß ein neuer Zahnkeim lauern.
Und wie der erste bricht, so dringt der andre vor,
Der schärfer ist als er, und schließt die Lück' im Thor.
Und unter diesem lauscht ein andrer noch verborgen,
Ein andrer unter dem, kein Mangel zu besorgen.
Und so nach seiner Art der Tiger und der Hai,
Und ebenso bedacht viel andre mancherlei.
77.
Es ſcheint alsob Natur bei jedes Thieres Bilden
Zur Hauptſach' es gemacht allein vor allen Gilden,
Die Abſicht nur gehabt, es voͤllig auszuruͤſten,
Alsob nicht neben ihm beſtehn mehr andre muͤſten.
Alswie ein Bildner wol in jedes ſeiner Werke,
Nicht denkend anderer, legt ſeine ganze Staͤrke.
Sie ſtellt dem Krokodil die Zaͤhne ſo im Rachen,
Als wollte ſie zur Beut' ihm alles Leben machen.
Die ehrnen Zacken ſtehn wie feſtgefugte Mauern,
Doch hinter jedem muß ein neuer Zahnkeim lauern.
Und wie der erſte bricht, ſo dringt der andre vor,
Der ſchaͤrfer iſt als er, und ſchließt die Luͤck' im Thor.
Und unter dieſem lauſcht ein andrer noch verborgen,
Ein andrer unter dem, kein Mangel zu beſorgen.
Und ſo nach ſeiner Art der Tiger und der Hai,
Und ebenſo bedacht viel andre mancherlei.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0078" n="68"/>
        <div n="2">
          <head>77.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Es &#x017F;cheint alsob Natur bei jedes Thieres Bilden</l><lb/>
              <l>Zur Haupt&#x017F;ach' es gemacht allein vor allen Gilden,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Ab&#x017F;icht nur gehabt, es vo&#x0364;llig auszuru&#x0364;&#x017F;ten,</l><lb/>
              <l>Alsob nicht neben ihm be&#x017F;tehn mehr andre mu&#x0364;&#x017F;ten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Alswie ein Bildner wol in jedes &#x017F;einer Werke,</l><lb/>
              <l>Nicht denkend anderer, legt &#x017F;eine ganze Sta&#x0364;rke.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Sie &#x017F;tellt dem Krokodil die Za&#x0364;hne &#x017F;o im Rachen,</l><lb/>
              <l>Als wollte &#x017F;ie zur Beut' ihm alles Leben machen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Die ehrnen Zacken &#x017F;tehn wie fe&#x017F;tgefugte Mauern,</l><lb/>
              <l>Doch hinter jedem muß ein neuer Zahnkeim lauern.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Und wie der er&#x017F;te bricht, &#x017F;o dringt der andre vor,</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;cha&#x0364;rfer i&#x017F;t als er, und &#x017F;chließt die Lu&#x0364;ck' im Thor.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Und unter die&#x017F;em lau&#x017F;cht ein andrer noch verborgen,</l><lb/>
              <l>Ein andrer unter dem, kein Mangel zu be&#x017F;orgen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Und &#x017F;o nach &#x017F;einer Art der Tiger und der Hai,</l><lb/>
              <l>Und eben&#x017F;o bedacht viel andre mancherlei.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0078] 77. Es ſcheint alsob Natur bei jedes Thieres Bilden Zur Hauptſach' es gemacht allein vor allen Gilden, Die Abſicht nur gehabt, es voͤllig auszuruͤſten, Alsob nicht neben ihm beſtehn mehr andre muͤſten. Alswie ein Bildner wol in jedes ſeiner Werke, Nicht denkend anderer, legt ſeine ganze Staͤrke. Sie ſtellt dem Krokodil die Zaͤhne ſo im Rachen, Als wollte ſie zur Beut' ihm alles Leben machen. Die ehrnen Zacken ſtehn wie feſtgefugte Mauern, Doch hinter jedem muß ein neuer Zahnkeim lauern. Und wie der erſte bricht, ſo dringt der andre vor, Der ſchaͤrfer iſt als er, und ſchließt die Luͤck' im Thor. Und unter dieſem lauſcht ein andrer noch verborgen, Ein andrer unter dem, kein Mangel zu beſorgen. Und ſo nach ſeiner Art der Tiger und der Hai, Und ebenſo bedacht viel andre mancherlei.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/78
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/78>, abgerufen am 19.04.2024.