Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
93.
Aus einem Kreise kanst du nie ein Viereck machen,
Nicht aus Unendlichem die Endlichkeit der Sachen.
Doch wol im Kreise kanst du dir ein Viereck denken,
Im Viereck einen Kreis, und eins ins andre schrenken.
So von Unendlichem ist Endliches umfangen,
Und selbst im Endlichen Unendlichs aufgegangen.
Zum Viereck ist der Kreis erstarrt, wenn seiner Speichen
Vier stille stehn und sich die Hand durch Sennen reichen.
Das Viereck wird zum Kreis sich runden, wenn sich drehn
Die Speichen, und im Schwung die Sennen rasch vergehn.
Das starrste wandelt sich, in Schwung gesetzt, zum Rade;
Des Lebens Kreis ist rund, und Tod ist alles Grade.

93.
Aus einem Kreiſe kanſt du nie ein Viereck machen,
Nicht aus Unendlichem die Endlichkeit der Sachen.
Doch wol im Kreiſe kanſt du dir ein Viereck denken,
Im Viereck einen Kreis, und eins ins andre ſchrenken.
So von Unendlichem iſt Endliches umfangen,
Und ſelbſt im Endlichen Unendlichs aufgegangen.
Zum Viereck iſt der Kreis erſtarrt, wenn ſeiner Speichen
Vier ſtille ſtehn und ſich die Hand durch Sennen reichen.
Das Viereck wird zum Kreis ſich runden, wenn ſich drehn
Die Speichen, und im Schwung die Sennen raſch vergehn.
Das ſtarrſte wandelt ſich, in Schwung geſetzt, zum Rade;
Des Lebens Kreis iſt rund, und Tod iſt alles Grade.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0094" n="84"/>
        <div n="2">
          <head>93.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Aus einem Krei&#x017F;e kan&#x017F;t du nie ein Viereck machen,</l><lb/>
              <l>Nicht aus Unendlichem die Endlichkeit der Sachen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Doch wol im Krei&#x017F;e kan&#x017F;t du dir ein Viereck denken,</l><lb/>
              <l>Im Viereck einen Kreis, und eins ins andre &#x017F;chrenken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So von Unendlichem i&#x017F;t Endliches umfangen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;elb&#x017F;t im Endlichen Unendlichs aufgegangen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Zum Viereck i&#x017F;t der Kreis er&#x017F;tarrt, wenn &#x017F;einer Speichen</l><lb/>
              <l>Vier &#x017F;tille &#x017F;tehn und &#x017F;ich die Hand durch Sennen reichen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Das Viereck wird zum Kreis &#x017F;ich runden, wenn &#x017F;ich drehn</l><lb/>
              <l>Die Speichen, und im Schwung die Sennen ra&#x017F;ch vergehn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Das &#x017F;tarr&#x017F;te wandelt &#x017F;ich, in Schwung ge&#x017F;etzt, zum Rade;</l><lb/>
              <l>Des Lebens Kreis i&#x017F;t rund, und Tod i&#x017F;t alles Grade.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0094] 93. Aus einem Kreiſe kanſt du nie ein Viereck machen, Nicht aus Unendlichem die Endlichkeit der Sachen. Doch wol im Kreiſe kanſt du dir ein Viereck denken, Im Viereck einen Kreis, und eins ins andre ſchrenken. So von Unendlichem iſt Endliches umfangen, Und ſelbſt im Endlichen Unendlichs aufgegangen. Zum Viereck iſt der Kreis erſtarrt, wenn ſeiner Speichen Vier ſtille ſtehn und ſich die Hand durch Sennen reichen. Das Viereck wird zum Kreis ſich runden, wenn ſich drehn Die Speichen, und im Schwung die Sennen raſch vergehn. Das ſtarrſte wandelt ſich, in Schwung geſetzt, zum Rade; Des Lebens Kreis iſt rund, und Tod iſt alles Grade.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/94
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/94>, abgerufen am 16.04.2024.