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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

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77.
O wende dich an das, mein liebendes Gedicht,
Im Menschen, was vereint, an das, was trennet, nicht!
An das nicht, was nur trennt, und ewige Trennung stiftet,
Der beiden Welten Heil mit heiligem Gift vergiftet;
Was als das einzige Heil für hier des Staates Norm
Aufstellen und für dort will eines Glaubens Form;
Daß vor dem heiligen unheiligen Kriege Frieden
Und Glück zu finden sei nicht droben noch hienieden.
Von dieses Fiebers Frost, von dieses Fiebers Glut,
Erstarrt der Menschheit Herz, versiegt ihr Lebensblut.
In diesen Todesfrost blas' einen warmen Hauch,
Und einen klärenden in diesen dumpfen Rauch!
Das reine Menschliche im Menschen wend' hervor,
Der ewigen Sonne zu den Liebesfrühlingsflor!
Daß sich die Menschheit einst fühl' Eins, wie einst sie war,
Und wie sie noch sich fühlt in jedem jungen Paar.
77.
O wende dich an das, mein liebendes Gedicht,
Im Menſchen, was vereint, an das, was trennet, nicht!
An das nicht, was nur trennt, und ewige Trennung ſtiftet,
Der beiden Welten Heil mit heiligem Gift vergiftet;
Was als das einzige Heil fuͤr hier des Staates Norm
Aufſtellen und fuͤr dort will eines Glaubens Form;
Daß vor dem heiligen unheiligen Kriege Frieden
Und Gluͤck zu finden ſei nicht droben noch hienieden.
Von dieſes Fiebers Froſt, von dieſes Fiebers Glut,
Erſtarrt der Menſchheit Herz, verſiegt ihr Lebensblut.
In dieſen Todesfroſt blaſ' einen warmen Hauch,
Und einen klaͤrenden in dieſen dumpfen Rauch!
Das reine Menſchliche im Menſchen wend' hervor,
Der ewigen Sonne zu den Liebesfruͤhlingsflor!
Daß ſich die Menſchheit einſt fuͤhl' Eins, wie einſt ſie war,
Und wie ſie noch ſich fuͤhlt in jedem jungen Paar.
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[179/0189] 77. O wende dich an das, mein liebendes Gedicht, Im Menſchen, was vereint, an das, was trennet, nicht! An das nicht, was nur trennt, und ewige Trennung ſtiftet, Der beiden Welten Heil mit heiligem Gift vergiftet; Was als das einzige Heil fuͤr hier des Staates Norm Aufſtellen und fuͤr dort will eines Glaubens Form; Daß vor dem heiligen unheiligen Kriege Frieden Und Gluͤck zu finden ſei nicht droben noch hienieden. Von dieſes Fiebers Froſt, von dieſes Fiebers Glut, Erſtarrt der Menſchheit Herz, verſiegt ihr Lebensblut. In dieſen Todesfroſt blaſ' einen warmen Hauch, Und einen klaͤrenden in dieſen dumpfen Rauch! Das reine Menſchliche im Menſchen wend' hervor, Der ewigen Sonne zu den Liebesfruͤhlingsflor! Daß ſich die Menſchheit einſt fuͤhl' Eins, wie einſt ſie war, Und wie ſie noch ſich fuͤhlt in jedem jungen Paar.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/189>, abgerufen am 28.03.2024.