Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
60.
In meiner Einsamkeit da kann ich ohne Schaden,
Wen ich am liebsten will, bei mir zu Gaste laden, --
Nicht unverträgliche Gesellschaft so gemischt,
Wie streitende Gericht' auf einmal aufgetischt, --
Nicht so unleidlicher Gesichter Schofel, Pafel,
Womit die Eßlust mir benimmt die Gastwirthstafel, --
Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen,
Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; --
Die Weisen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten,
Und die in Ländern weit geahnten, unbekannten;
Und alle Lieben mir und Abgeschiedenen;
Wie labt das Mienenspiel mich der Zufriedenen!
Die Unterhaltung kreis't, die nicht in Pausen stockt,
Wie ew'ger Frühlingshauch aus Blüthen Blüthen lockt.
Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut,
Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut,
60.
In meiner Einſamkeit da kann ich ohne Schaden,
Wen ich am liebſten will, bei mir zu Gaſte laden, —
Nicht unvertraͤgliche Geſellſchaft ſo gemiſcht,
Wie ſtreitende Gericht' auf einmal aufgetiſcht, —
Nicht ſo unleidlicher Geſichter Schofel, Pafel,
Womit die Eßluſt mir benimmt die Gaſtwirthstafel, —
Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen,
Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; —
Die Weiſen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten,
Und die in Laͤndern weit geahnten, unbekannten;
Und alle Lieben mir und Abgeſchiedenen;
Wie labt das Mienenſpiel mich der Zufriedenen!
Die Unterhaltung kreiſ't, die nicht in Pauſen ſtockt,
Wie ew'ger Fruͤhlingshauch aus Bluͤthen Bluͤthen lockt.
Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut,
Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0314" n="304"/>
        <div n="2">
          <head>60.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>In meiner Ein&#x017F;amkeit da kann ich ohne Schaden,</l><lb/>
              <l>Wen ich am lieb&#x017F;ten will, bei mir zu Ga&#x017F;te laden, &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nicht unvertra&#x0364;gliche Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;o gemi&#x017F;cht,</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;treitende Gericht' auf einmal aufgeti&#x017F;cht, &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Nicht &#x017F;o unleidlicher Ge&#x017F;ichter Schofel, Pafel,</l><lb/>
              <l>Womit die Eßlu&#x017F;t mir benimmt die Ga&#x017F;twirthstafel, &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen,</l><lb/>
              <l>Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Die Wei&#x017F;en alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten,</l><lb/>
              <l>Und die in La&#x0364;ndern weit geahnten, unbekannten;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Und alle Lieben mir und Abge&#x017F;chiedenen;</l><lb/>
              <l>Wie labt das Mienen&#x017F;piel mich der Zufriedenen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Die Unterhaltung krei&#x017F;'t, die nicht in Pau&#x017F;en &#x017F;tockt,</l><lb/>
              <l>Wie ew'ger Fru&#x0364;hlingshauch aus Blu&#x0364;then Blu&#x0364;then lockt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut,</l><lb/>
              <l>Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut,</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0314] 60. In meiner Einſamkeit da kann ich ohne Schaden, Wen ich am liebſten will, bei mir zu Gaſte laden, — Nicht unvertraͤgliche Geſellſchaft ſo gemiſcht, Wie ſtreitende Gericht' auf einmal aufgetiſcht, — Nicht ſo unleidlicher Geſichter Schofel, Pafel, Womit die Eßluſt mir benimmt die Gaſtwirthstafel, — Nicht Hof- und Staatslivreen, der Uniform Unformen, Von meinem Ideal enorm abnorme Normen; — Die Weiſen alter Zeit, die mir vom Ruhm genannten, Und die in Laͤndern weit geahnten, unbekannten; Und alle Lieben mir und Abgeſchiedenen; Wie labt das Mienenſpiel mich der Zufriedenen! Die Unterhaltung kreiſ't, die nicht in Pauſen ſtockt, Wie ew'ger Fruͤhlingshauch aus Bluͤthen Bluͤthen lockt. Sie reden nicht, was heut' der Tag zu reden beut, Sie reden, was das Herz der Ewigkeit erfreut,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/314
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/314>, abgerufen am 25.04.2024.