Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
126.
Erkennest du, wohin auf oder niederstrebt
Der Zeitgang, gib nur nach, o Herz, das widerstrebt!
Kein Widerstreben hilft; du mußt dich ihm bequemen,
Wo nicht, mit deinem Thun vom Schauplatz Abschied nehmen.
In jeder Jahreszeit kommt andres an die Reihe;
Begehre nicht, daß man nur Wetter dir verleihe!
Wenn du im Wetter, das nun kommt, nicht blühen kannst,
So freue dich daß du schon deine Frucht gewannst.
Das worin du erstickst, ist andern Lebensluft;
Der Zukunft Odem weht aus des Vergangnen Gruft.
Was also bleibet dir? theilnehmende Betrachtung,
Dem Werden zuzusehn ohn' Aerger und Verachtung.
Glückselig ein Gemüth, in dessen Heiligthumen
Jedwede Jahreszeit hervorbringt Himmelsblumen.

126.
Erkenneſt du, wohin auf oder niederſtrebt
Der Zeitgang, gib nur nach, o Herz, das widerſtrebt!
Kein Widerſtreben hilft; du mußt dich ihm bequemen,
Wo nicht, mit deinem Thun vom Schauplatz Abſchied nehmen.
In jeder Jahreszeit kommt andres an die Reihe;
Begehre nicht, daß man nur Wetter dir verleihe!
Wenn du im Wetter, das nun kommt, nicht bluͤhen kannſt,
So freue dich daß du ſchon deine Frucht gewannſt.
Das worin du erſtickſt, iſt andern Lebensluft;
Der Zukunft Odem weht aus des Vergangnen Gruft.
Was alſo bleibet dir? theilnehmende Betrachtung,
Dem Werden zuzuſehn ohn' Aerger und Verachtung.
Gluͤckſelig ein Gemuͤth, in deſſen Heiligthumen
Jedwede Jahreszeit hervorbringt Himmelsblumen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0098" n="88"/>
        <div n="2">
          <head>126.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Erkenne&#x017F;t du, wohin auf oder nieder&#x017F;trebt</l><lb/>
              <l>Der Zeitgang, gib nur nach, o Herz, das wider&#x017F;trebt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Kein Wider&#x017F;treben hilft; du mußt dich ihm bequemen,</l><lb/>
              <l>Wo nicht, mit deinem Thun vom Schauplatz Ab&#x017F;chied nehmen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>In jeder Jahreszeit kommt andres an die Reihe;</l><lb/>
              <l>Begehre nicht, daß man nur Wetter dir verleihe!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wenn du im Wetter, das nun kommt, nicht blu&#x0364;hen kann&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>So freue dich daß du &#x017F;chon deine Frucht gewann&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Das worin du er&#x017F;tick&#x017F;t, i&#x017F;t andern Lebensluft;</l><lb/>
              <l>Der Zukunft Odem weht aus des Vergangnen Gruft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Was al&#x017F;o bleibet dir? theilnehmende Betrachtung,</l><lb/>
              <l>Dem Werden zuzu&#x017F;ehn ohn' Aerger und Verachtung.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Glu&#x0364;ck&#x017F;elig ein Gemu&#x0364;th, in de&#x017F;&#x017F;en Heiligthumen</l><lb/>
              <l>Jedwede Jahreszeit hervorbringt Himmelsblumen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0098] 126. Erkenneſt du, wohin auf oder niederſtrebt Der Zeitgang, gib nur nach, o Herz, das widerſtrebt! Kein Widerſtreben hilft; du mußt dich ihm bequemen, Wo nicht, mit deinem Thun vom Schauplatz Abſchied nehmen. In jeder Jahreszeit kommt andres an die Reihe; Begehre nicht, daß man nur Wetter dir verleihe! Wenn du im Wetter, das nun kommt, nicht bluͤhen kannſt, So freue dich daß du ſchon deine Frucht gewannſt. Das worin du erſtickſt, iſt andern Lebensluft; Der Zukunft Odem weht aus des Vergangnen Gruft. Was alſo bleibet dir? theilnehmende Betrachtung, Dem Werden zuzuſehn ohn' Aerger und Verachtung. Gluͤckſelig ein Gemuͤth, in deſſen Heiligthumen Jedwede Jahreszeit hervorbringt Himmelsblumen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/98
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/98>, abgerufen am 19.04.2024.