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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

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55.
O seht die Taube, wenn ihr ihre Jungen schlachtet,
Den Schlag verläßt sie nicht, wo ihr das Nest ihr machtet.
Sie wehrt sich nicht, noch klagt, wenn man ihr Liebstes raubt,
Zufrieden, wenn man nur das Daseyn ihr erlaubt.
Ich weiß nicht, ob ein Bild der vollen Sklaverei,
Ob der Ergebung sie vollkommnes Muster sei.

56.
Will deine Heiterkeit trüben ein Tag ein trüber,
So denk: Am Abend ist der ganze Tag vorüber.
Und wenn so trüb' ist auch dein Leben, denk, es sei
Ein Tag, ein längerer, und doch sobald vorbei.

55.
O ſeht die Taube, wenn ihr ihre Jungen ſchlachtet,
Den Schlag verlaͤßt ſie nicht, wo ihr das Neſt ihr machtet.
Sie wehrt ſich nicht, noch klagt, wenn man ihr Liebſtes raubt,
Zufrieden, wenn man nur das Daſeyn ihr erlaubt.
Ich weiß nicht, ob ein Bild der vollen Sklaverei,
Ob der Ergebung ſie vollkommnes Muſter ſei.

56.
Will deine Heiterkeit truͤben ein Tag ein truͤber,
So denk: Am Abend iſt der ganze Tag voruͤber.
Und wenn ſo truͤb' iſt auch dein Leben, denk, es ſei
Ein Tag, ein laͤngerer, und doch ſobald vorbei.

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[156/0166] 55. O ſeht die Taube, wenn ihr ihre Jungen ſchlachtet, Den Schlag verlaͤßt ſie nicht, wo ihr das Neſt ihr machtet. Sie wehrt ſich nicht, noch klagt, wenn man ihr Liebſtes raubt, Zufrieden, wenn man nur das Daſeyn ihr erlaubt. Ich weiß nicht, ob ein Bild der vollen Sklaverei, Ob der Ergebung ſie vollkommnes Muſter ſei. 56. Will deine Heiterkeit truͤben ein Tag ein truͤber, So denk: Am Abend iſt der ganze Tag voruͤber. Und wenn ſo truͤb' iſt auch dein Leben, denk, es ſei Ein Tag, ein laͤngerer, und doch ſobald vorbei.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/166>, abgerufen am 29.03.2024.