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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

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Wie eines Knaben Fleiß bald bunte Steinchen sammelt,
Bald Wörter ohne Sinn' in fremder Sprache stammelt;
Was hat der Mann dereinst vom Steinchen und vom Wort?
Er hat nun Lust und Kraft zu sammeln andern Hort.

93.
Die besten Fechter sind im Kampf gefallen immer,
So wie ertrunken meist im Strom die besten Schwimmer.
Warum? weil in den Strom sich nur ein Schwimmer wagt,
Und nur ein Fechter nicht vorm Spiel der Waffen zagt.
So reizend ist Gefahr, daß, wer nur halb sie kennt,
Sich gleich in sie verliebt, und zu mit Lust ihr rennt;
Wer aber nicht sie kennt, und nie sie hat versucht,
Sie scheuet und sich ihr entzieht mit feiger Flucht;
Und nur die Weisesten die rechte Mitt' erzielen,
Weder Gefahr zu scheun, noch mit Gefahr zu spielen.

Rückert, Lehrgedicht V. 9
Wie eines Knaben Fleiß bald bunte Steinchen ſammelt,
Bald Woͤrter ohne Sinn' in fremder Sprache ſtammelt;
Was hat der Mann dereinſt vom Steinchen und vom Wort?
Er hat nun Luſt und Kraft zu ſammeln andern Hort.

93.
Die beſten Fechter ſind im Kampf gefallen immer,
So wie ertrunken meiſt im Strom die beſten Schwimmer.
Warum? weil in den Strom ſich nur ein Schwimmer wagt,
Und nur ein Fechter nicht vorm Spiel der Waffen zagt.
So reizend iſt Gefahr, daß, wer nur halb ſie kennt,
Sich gleich in ſie verliebt, und zu mit Luſt ihr rennt;
Wer aber nicht ſie kennt, und nie ſie hat verſucht,
Sie ſcheuet und ſich ihr entzieht mit feiger Flucht;
Und nur die Weiſeſten die rechte Mitt' erzielen,
Weder Gefahr zu ſcheun, noch mit Gefahr zu ſpielen.

Ruͤckert, Lehrgedicht V. 9
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[193/0203] Wie eines Knaben Fleiß bald bunte Steinchen ſammelt, Bald Woͤrter ohne Sinn' in fremder Sprache ſtammelt; Was hat der Mann dereinſt vom Steinchen und vom Wort? Er hat nun Luſt und Kraft zu ſammeln andern Hort. 93. Die beſten Fechter ſind im Kampf gefallen immer, So wie ertrunken meiſt im Strom die beſten Schwimmer. Warum? weil in den Strom ſich nur ein Schwimmer wagt, Und nur ein Fechter nicht vorm Spiel der Waffen zagt. So reizend iſt Gefahr, daß, wer nur halb ſie kennt, Sich gleich in ſie verliebt, und zu mit Luſt ihr rennt; Wer aber nicht ſie kennt, und nie ſie hat verſucht, Sie ſcheuet und ſich ihr entzieht mit feiger Flucht; Und nur die Weiſeſten die rechte Mitt' erzielen, Weder Gefahr zu ſcheun, noch mit Gefahr zu ſpielen. Ruͤckert, Lehrgedicht V. 9

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/203>, abgerufen am 18.04.2024.