Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
23.
Woher du kamest nicht, und nicht wohin du gehst,
Die Stelle kennst du nur zur Noth, wo nun du stehst.
So kennst du von der Welt, vom allgemeinen Leben,
Auch End' und Anfang nicht, nur kaum der Mitte Schweben.
Sie geht nach einem Ziel, doch scheint es zu entweichen,
Du gehst nach einem auch, doch wirst du's nie erreichen.
Je höher auf du klimmst, je höher steigt die Leiter;
Je weiter spielt die Zeit, dehnt sich der Spielraum weiter.
So bleibt dir und der Welt statt alles Zielerringens
In jedem Nu nur dies Gefühl des Vorwertsdringens.
Schad' auch um euch, wenn ihr das Ende je gewönnet,
Ihr endlichen, die ihr kein Ende denken könnet!

23.
Woher du kameſt nicht, und nicht wohin du gehſt,
Die Stelle kennſt du nur zur Noth, wo nun du ſtehſt.
So kennſt du von der Welt, vom allgemeinen Leben,
Auch End' und Anfang nicht, nur kaum der Mitte Schweben.
Sie geht nach einem Ziel, doch ſcheint es zu entweichen,
Du gehſt nach einem auch, doch wirſt du's nie erreichen.
Je hoͤher auf du klimmſt, je hoͤher ſteigt die Leiter;
Je weiter ſpielt die Zeit, dehnt ſich der Spielraum weiter.
So bleibt dir und der Welt ſtatt alles Zielerringens
In jedem Nu nur dies Gefuͤhl des Vorwertsdringens.
Schad' auch um euch, wenn ihr das Ende je gewoͤnnet,
Ihr endlichen, die ihr kein Ende denken koͤnnet!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0249" n="239"/>
        <div n="2">
          <head>23.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Woher du kame&#x017F;t nicht, und nicht wohin du geh&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Die Stelle kenn&#x017F;t du nur zur Noth, wo nun du &#x017F;teh&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>So kenn&#x017F;t du von der Welt, vom allgemeinen Leben,</l><lb/>
              <l>Auch End' und Anfang nicht, nur kaum der Mitte Schweben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sie geht nach einem Ziel, doch &#x017F;cheint es zu entweichen,</l><lb/>
              <l>Du geh&#x017F;t nach einem auch, doch wir&#x017F;t du's nie erreichen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Je ho&#x0364;her auf du klimm&#x017F;t, je ho&#x0364;her &#x017F;teigt die Leiter;</l><lb/>
              <l>Je weiter &#x017F;pielt die Zeit, dehnt &#x017F;ich der Spielraum weiter.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>So bleibt dir und der Welt &#x017F;tatt alles Zielerringens</l><lb/>
              <l>In jedem Nu nur dies Gefu&#x0364;hl des Vorwertsdringens.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Schad' auch um euch, wenn ihr das Ende je gewo&#x0364;nnet,</l><lb/>
              <l>Ihr endlichen, die ihr kein Ende denken ko&#x0364;nnet!</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0249] 23. Woher du kameſt nicht, und nicht wohin du gehſt, Die Stelle kennſt du nur zur Noth, wo nun du ſtehſt. So kennſt du von der Welt, vom allgemeinen Leben, Auch End' und Anfang nicht, nur kaum der Mitte Schweben. Sie geht nach einem Ziel, doch ſcheint es zu entweichen, Du gehſt nach einem auch, doch wirſt du's nie erreichen. Je hoͤher auf du klimmſt, je hoͤher ſteigt die Leiter; Je weiter ſpielt die Zeit, dehnt ſich der Spielraum weiter. So bleibt dir und der Welt ſtatt alles Zielerringens In jedem Nu nur dies Gefuͤhl des Vorwertsdringens. Schad' auch um euch, wenn ihr das Ende je gewoͤnnet, Ihr endlichen, die ihr kein Ende denken koͤnnet!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/249
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/249>, abgerufen am 28.03.2024.