Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
80.
"Ich weiß nicht" hab' ich unbedenklich oft gesagt
Dem Kinde, das mich Unbeantwortlichs gefragt.
Zuletzt hat es gesagt: du weißt auch gar nichts, Vater!
Und zu Besinnung hat mich das gebracht, zu spater.
"Ich weiß nicht" sollst du nie dem Kind auf seine Fragen,
Ausweichend ihm vielmehr dies oder jenes sagen.
"Ich denk'? ich glaub'? ich mein'?" ei, Gott behüte, nein!
Das würd' Unwissenheit in andrer Wendung seyn.
"Nicht sagen will ichs dir, du wirst es schon erfahren,
Erwarte nur die Zeit, du kannst dein Fragen sparen."

80.
„Ich weiß nicht“ hab' ich unbedenklich oft geſagt
Dem Kinde, das mich Unbeantwortlichs gefragt.
Zuletzt hat es geſagt: du weißt auch gar nichts, Vater!
Und zu Beſinnung hat mich das gebracht, zu ſpater.
„Ich weiß nicht“ ſollſt du nie dem Kind auf ſeine Fragen,
Ausweichend ihm vielmehr dies oder jenes ſagen.
„Ich denk'? ich glaub'? ich mein'?“ ei, Gott behuͤte, nein!
Das wuͤrd' Unwiſſenheit in andrer Wendung ſeyn.
„Nicht ſagen will ichs dir, du wirſt es ſchon erfahren,
Erwarte nur die Zeit, du kannſt dein Fragen ſparen.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0291" n="281"/>
        <div n="2">
          <head>80.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>&#x201E;Ich weiß nicht&#x201C; hab' ich unbedenklich oft ge&#x017F;agt</l><lb/>
              <l>Dem Kinde, das mich Unbeantwortlichs gefragt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Zuletzt hat es ge&#x017F;agt: du weißt auch gar nichts, Vater!</l><lb/>
              <l>Und zu Be&#x017F;innung hat mich das gebracht, zu &#x017F;pater.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>&#x201E;Ich weiß nicht&#x201C; &#x017F;oll&#x017F;t du nie dem Kind auf &#x017F;eine Fragen,</l><lb/>
              <l>Ausweichend ihm vielmehr dies oder jenes &#x017F;agen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>&#x201E;Ich denk'? ich glaub'? ich mein'?&#x201C; ei, Gott behu&#x0364;te, nein!</l><lb/>
              <l>Das wu&#x0364;rd' Unwi&#x017F;&#x017F;enheit in andrer Wendung &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>&#x201E;Nicht &#x017F;agen will ichs dir, du wir&#x017F;t es &#x017F;chon erfahren,</l><lb/>
              <l>Erwarte nur die Zeit, du kann&#x017F;t dein Fragen &#x017F;paren.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0291] 80. „Ich weiß nicht“ hab' ich unbedenklich oft geſagt Dem Kinde, das mich Unbeantwortlichs gefragt. Zuletzt hat es geſagt: du weißt auch gar nichts, Vater! Und zu Beſinnung hat mich das gebracht, zu ſpater. „Ich weiß nicht“ ſollſt du nie dem Kind auf ſeine Fragen, Ausweichend ihm vielmehr dies oder jenes ſagen. „Ich denk'? ich glaub'? ich mein'?“ ei, Gott behuͤte, nein! Das wuͤrd' Unwiſſenheit in andrer Wendung ſeyn. „Nicht ſagen will ichs dir, du wirſt es ſchon erfahren, Erwarte nur die Zeit, du kannſt dein Fragen ſparen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/291
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/291>, abgerufen am 29.03.2024.