Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich möchte wissen, ob sie hier im Winter bleiben;
Vom warmen Ofen kann sie doch kein Frost vertreiben.
Auch Nahrungslosigkeit wird hier sie nicht bekriegen;
Zum mindsten damals war die Stube voll von Fliegen.

16.
Am besten würdest du in einen Koffer packen
Dich lassen, oder auch im Mantelsack einsacken,
Und so auf Reisen gehn, wenn du nicht Geld gewannst,
Zu fahren ordentlich, und nicht zu Fuß gehn kannst.
Fußgänger geht und steht, wo, wie und wann er mag;
Die Luft, die ihn durchweht, weckt seines Herzen Schlag.
Er hört und sieht und denkt, bis er ist müd geworden,
Wo er den Kopf dann hängt auch an den schönsten Borden.
Doch wer durchfliegen kann die Welt im eignen Wagen,
Der fühlt, ein ganzer Mann, vollkommenes Behagen;
Schaut vorwerts und zurück, und frei nach allen Seiten,
Und läßt wie vom Geschick sich von dem Kutscher leiten.
Ich moͤchte wiſſen, ob ſie hier im Winter bleiben;
Vom warmen Ofen kann ſie doch kein Froſt vertreiben.
Auch Nahrungsloſigkeit wird hier ſie nicht bekriegen;
Zum mindſten damals war die Stube voll von Fliegen.

16.
Am beſten wuͤrdeſt du in einen Koffer packen
Dich laſſen, oder auch im Mantelſack einſacken,
Und ſo auf Reiſen gehn, wenn du nicht Geld gewannſt,
Zu fahren ordentlich, und nicht zu Fuß gehn kannſt.
Fußgaͤnger geht und ſteht, wo, wie und wann er mag;
Die Luft, die ihn durchweht, weckt ſeines Herzen Schlag.
Er hoͤrt und ſieht und denkt, bis er iſt muͤd geworden,
Wo er den Kopf dann haͤngt auch an den ſchoͤnſten Borden.
Doch wer durchfliegen kann die Welt im eignen Wagen,
Der fuͤhlt, ein ganzer Mann, vollkommenes Behagen;
Schaut vorwerts und zuruͤck, und frei nach allen Seiten,
Und laͤßt wie vom Geſchick ſich von dem Kutſcher leiten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0326" n="316"/>
            <lg n="17">
              <l>Ich mo&#x0364;chte wi&#x017F;&#x017F;en, ob &#x017F;ie hier im Winter bleiben;</l><lb/>
              <l>Vom warmen Ofen kann &#x017F;ie doch kein Fro&#x017F;t vertreiben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="18">
              <l>Auch Nahrungslo&#x017F;igkeit wird hier &#x017F;ie nicht bekriegen;</l><lb/>
              <l>Zum mind&#x017F;ten damals war die Stube voll von Fliegen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>16.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Am be&#x017F;ten wu&#x0364;rde&#x017F;t du in einen Koffer packen</l><lb/>
              <l>Dich la&#x017F;&#x017F;en, oder auch im Mantel&#x017F;ack ein&#x017F;acken,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und &#x017F;o auf Rei&#x017F;en gehn, wenn du nicht Geld gewann&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Zu fahren ordentlich, und nicht zu Fuß gehn kann&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Fußga&#x0364;nger geht und &#x017F;teht, wo, wie und wann er mag;</l><lb/>
              <l>Die Luft, die ihn durchweht, weckt &#x017F;eines Herzen Schlag.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Er ho&#x0364;rt und &#x017F;ieht und denkt, bis er i&#x017F;t mu&#x0364;d geworden,</l><lb/>
              <l>Wo er den Kopf dann ha&#x0364;ngt auch an den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Borden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Doch wer durchfliegen kann die Welt im eignen Wagen,</l><lb/>
              <l>Der fu&#x0364;hlt, ein ganzer Mann, vollkommenes Behagen;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Schaut vorwerts und zuru&#x0364;ck, und frei nach allen Seiten,</l><lb/>
              <l>Und la&#x0364;ßt wie vom Ge&#x017F;chick &#x017F;ich von dem Kut&#x017F;cher leiten.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0326] Ich moͤchte wiſſen, ob ſie hier im Winter bleiben; Vom warmen Ofen kann ſie doch kein Froſt vertreiben. Auch Nahrungsloſigkeit wird hier ſie nicht bekriegen; Zum mindſten damals war die Stube voll von Fliegen. 16. Am beſten wuͤrdeſt du in einen Koffer packen Dich laſſen, oder auch im Mantelſack einſacken, Und ſo auf Reiſen gehn, wenn du nicht Geld gewannſt, Zu fahren ordentlich, und nicht zu Fuß gehn kannſt. Fußgaͤnger geht und ſteht, wo, wie und wann er mag; Die Luft, die ihn durchweht, weckt ſeines Herzen Schlag. Er hoͤrt und ſieht und denkt, bis er iſt muͤd geworden, Wo er den Kopf dann haͤngt auch an den ſchoͤnſten Borden. Doch wer durchfliegen kann die Welt im eignen Wagen, Der fuͤhlt, ein ganzer Mann, vollkommenes Behagen; Schaut vorwerts und zuruͤck, und frei nach allen Seiten, Und laͤßt wie vom Geſchick ſich von dem Kutſcher leiten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/326
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/326>, abgerufen am 18.04.2024.