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Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sehen sollen, wie sie commandirte im Haus, und Alles gehorchte ihr. Die Dienstleute duckten sich wie die Enten auf dem Wasser, wenn sie nur auf sie hinsah. Einmal wirft mein junger Kosak ein Dutzend Teller hin. Trägt sie richtig bis an das Kinn hinauf -- wirft sie hin. Mein Weib die Peitsche vom Nagel. Nun -- wenn die Herrin ihn peitscht, sagt er, will er täglich ein Dutzend Teller zerbrechen -- verstehen Sie?

Und beide fangen an zu lachen.

Da kamen auch die Nachbarn.

Zu mir waren sie alle heiligen Zeiten gekommen, das heißt etwa zu Ostern auf ein Geweihtes. Aber jetzt suchten sie es etwa gut zu machen. Alle kamen sie, sag' ich Ihnen.

Da war der pensionirte Lieutenant Mack. Er kannte den Schiller auswendig, war aber sonst ein guter Mensch. Es war nur das Unglück mit ihm, daß er gern trank. Wissen Sie, nicht daß er etwa betrunken wurde und man ihn unter das Sopha werfen konnte. Was meinen Sie? Da stellte er sich Ihnen mitten in das Zimmer, der kleine, dicke, rothe Kerl, und declamirte Ihnen allenfalls den Kampf mit dem Drachen, und wenn er nüchtern war -- bedenken Sie -- erzählte er uns die ganzen französischen Kriege. Sagen Sie selbst, was war da zu machen.

Dann kam der Baron Schebicki. Kennen Sie ihn nicht? -- Eigentlich hieß der Alte Schebig, Salomon Schebig, war ein Jude, ging mit dem Pünkel, kaufte

sehen sollen, wie sie commandirte im Haus, und Alles gehorchte ihr. Die Dienstleute duckten sich wie die Enten auf dem Wasser, wenn sie nur auf sie hinsah. Einmal wirft mein junger Kosak ein Dutzend Teller hin. Trägt sie richtig bis an das Kinn hinauf — wirft sie hin. Mein Weib die Peitsche vom Nagel. Nun — wenn die Herrin ihn peitscht, sagt er, will er täglich ein Dutzend Teller zerbrechen — verstehen Sie?

Und beide fangen an zu lachen.

Da kamen auch die Nachbarn.

Zu mir waren sie alle heiligen Zeiten gekommen, das heißt etwa zu Ostern auf ein Geweihtes. Aber jetzt suchten sie es etwa gut zu machen. Alle kamen sie, sag' ich Ihnen.

Da war der pensionirte Lieutenant Mack. Er kannte den Schiller auswendig, war aber sonst ein guter Mensch. Es war nur das Unglück mit ihm, daß er gern trank. Wissen Sie, nicht daß er etwa betrunken wurde und man ihn unter das Sopha werfen konnte. Was meinen Sie? Da stellte er sich Ihnen mitten in das Zimmer, der kleine, dicke, rothe Kerl, und declamirte Ihnen allenfalls den Kampf mit dem Drachen, und wenn er nüchtern war — bedenken Sie — erzählte er uns die ganzen französischen Kriege. Sagen Sie selbst, was war da zu machen.

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[0046] sehen sollen, wie sie commandirte im Haus, und Alles gehorchte ihr. Die Dienstleute duckten sich wie die Enten auf dem Wasser, wenn sie nur auf sie hinsah. Einmal wirft mein junger Kosak ein Dutzend Teller hin. Trägt sie richtig bis an das Kinn hinauf — wirft sie hin. Mein Weib die Peitsche vom Nagel. Nun — wenn die Herrin ihn peitscht, sagt er, will er täglich ein Dutzend Teller zerbrechen — verstehen Sie? Und beide fangen an zu lachen. Da kamen auch die Nachbarn. Zu mir waren sie alle heiligen Zeiten gekommen, das heißt etwa zu Ostern auf ein Geweihtes. Aber jetzt suchten sie es etwa gut zu machen. Alle kamen sie, sag' ich Ihnen. Da war der pensionirte Lieutenant Mack. Er kannte den Schiller auswendig, war aber sonst ein guter Mensch. Es war nur das Unglück mit ihm, daß er gern trank. Wissen Sie, nicht daß er etwa betrunken wurde und man ihn unter das Sopha werfen konnte. Was meinen Sie? Da stellte er sich Ihnen mitten in das Zimmer, der kleine, dicke, rothe Kerl, und declamirte Ihnen allenfalls den Kampf mit dem Drachen, und wenn er nüchtern war — bedenken Sie — erzählte er uns die ganzen französischen Kriege. Sagen Sie selbst, was war da zu machen. Dann kam der Baron Schebicki. Kennen Sie ihn nicht? — Eigentlich hieß der Alte Schebig, Salomon Schebig, war ein Jude, ging mit dem Pünkel, kaufte

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/46>, abgerufen am 18.04.2024.