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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Sexualtheorie.
also ähnlich, wie in der Geschichte der Morphologie und Syste-
matik: die Prämissen fand Darwin vor, den Schluß aus ihnen
zog er; auch hier beruht die Sicherheit seiner Theorie auf den
Ergebnissen der besten Beobachter, auf Untersuchungen, welche in
Darwin's Theorie ihren nothwendigen logischen und historischen
Abschluß finden.

7.
Mikroskopische Untersuchung der Befruchtungsvorgänge der Phanero-
gamen, Pollenschlauch und Keimkörper.
1)
1830-1850.

Schon im vorigen Jahrhundert hatten diejenigen, welche
von der Sexualität der Pflanzen überzeugt waren, auf verschiedene
Weise versucht, mit Hülfe des Mikroskops eine Vorstellung davon
zu gewinnen, in welcher Weise durch den Pollen die Erzeugung
des Embryos innerhalb des Samens vermittelt werde. Von
den sehr rohen derartigen Versuchen Morland's und Geof-
froy's abgesehen, waren es Needham (1750), Jussieu,
Linne, Gleichen, Hedwig, welche die Vorstellung hegten,
der Pollen zerspringe auf der Narbe, die darin enthaltenen Körn-
chen aber drängen durch den Griffel hinab zu den Samenknospen,
um dort entweder selbst zu Embryonen ausgebrütet zu werden,
oder doch zu deren Erzeugung behülflich zu sein. Diese Vor-
stellungsweise schloß sich eng an die damals herrschende Evo-
lutionstheorie an und schien in den Samenkörperchen der Thiere
eine Stütze zu finden; sie stützte sich zugleich auf die Beobacht-
ung, daß Pollenkörner in Wasser gelegt unter dem Mikroskop

1) Um die sehr gedrängte Darstellung nicht durch zahlreiche Citate zu
stören, mache ich hier die wichtigeren Schriften namhaft: Robert Brown's
vermischte Schriften, herausgegeben von Nees von Esenbeck Bd. IV.
1830 Bd. V. 1834. -- Mohl über G. Amici in bot. Zeitung 1863
Beilage p. 7. -- Schleiden: über die Bildung des Eichens und Entstehung
des Embryos in Nova Acta Acad. Leopold 1839 Bd. XI. 1. Abth. --
W. Hofmeister: Zur Uebersicht der Geschichte von der Lehre der Pflanzen-
befruchtung in Flora 1867 p. 119 ff.

Geſchichte der Sexualtheorie.
alſo ähnlich, wie in der Geſchichte der Morphologie und Syſte-
matik: die Prämiſſen fand Darwin vor, den Schluß aus ihnen
zog er; auch hier beruht die Sicherheit ſeiner Theorie auf den
Ergebniſſen der beſten Beobachter, auf Unterſuchungen, welche in
Darwin's Theorie ihren nothwendigen logiſchen und hiſtoriſchen
Abſchluß finden.

7.
Mikroſkopiſche Unterſuchung der Befruchtungsvorgänge der Phanero-
gamen, Pollenſchlauch und Keimkörper.
1)
1830-1850.

Schon im vorigen Jahrhundert hatten diejenigen, welche
von der Sexualität der Pflanzen überzeugt waren, auf verſchiedene
Weiſe verſucht, mit Hülfe des Mikroſkops eine Vorſtellung davon
zu gewinnen, in welcher Weiſe durch den Pollen die Erzeugung
des Embryos innerhalb des Samens vermittelt werde. Von
den ſehr rohen derartigen Verſuchen Morland's und Geof-
froy's abgeſehen, waren es Needham (1750), Juſſieu,
Linné, Gleichen, Hedwig, welche die Vorſtellung hegten,
der Pollen zerſpringe auf der Narbe, die darin enthaltenen Körn-
chen aber drängen durch den Griffel hinab zu den Samenknoſpen,
um dort entweder ſelbſt zu Embryonen ausgebrütet zu werden,
oder doch zu deren Erzeugung behülflich zu ſein. Dieſe Vor-
ſtellungsweiſe ſchloß ſich eng an die damals herrſchende Evo-
lutionstheorie an und ſchien in den Samenkörperchen der Thiere
eine Stütze zu finden; ſie ſtützte ſich zugleich auf die Beobacht-
ung, daß Pollenkörner in Waſſer gelegt unter dem Mikroſkop

1) Um die ſehr gedrängte Darſtellung nicht durch zahlreiche Citate zu
ſtören, mache ich hier die wichtigeren Schriften namhaft: Robert Brown's
vermiſchte Schriften, herausgegeben von Nees von Eſenbeck Bd. IV.
1830 Bd. V. 1834. — Mohl über G. Amici in bot. Zeitung 1863
Beilage p. 7. — Schleiden: über die Bildung des Eichens und Entſtehung
des Embryos in Nova Acta Acad. Leopold 1839 Bd. XI. 1. Abth. —
W. Hofmeiſter: Zur Ueberſicht der Geſchichte von der Lehre der Pflanzen-
befruchtung in Flora 1867 p. 119 ff.
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[466/0478] Geſchichte der Sexualtheorie. alſo ähnlich, wie in der Geſchichte der Morphologie und Syſte- matik: die Prämiſſen fand Darwin vor, den Schluß aus ihnen zog er; auch hier beruht die Sicherheit ſeiner Theorie auf den Ergebniſſen der beſten Beobachter, auf Unterſuchungen, welche in Darwin's Theorie ihren nothwendigen logiſchen und hiſtoriſchen Abſchluß finden. 7. Mikroſkopiſche Unterſuchung der Befruchtungsvorgänge der Phanero- gamen, Pollenſchlauch und Keimkörper. 1) 1830-1850. Schon im vorigen Jahrhundert hatten diejenigen, welche von der Sexualität der Pflanzen überzeugt waren, auf verſchiedene Weiſe verſucht, mit Hülfe des Mikroſkops eine Vorſtellung davon zu gewinnen, in welcher Weiſe durch den Pollen die Erzeugung des Embryos innerhalb des Samens vermittelt werde. Von den ſehr rohen derartigen Verſuchen Morland's und Geof- froy's abgeſehen, waren es Needham (1750), Juſſieu, Linné, Gleichen, Hedwig, welche die Vorſtellung hegten, der Pollen zerſpringe auf der Narbe, die darin enthaltenen Körn- chen aber drängen durch den Griffel hinab zu den Samenknoſpen, um dort entweder ſelbſt zu Embryonen ausgebrütet zu werden, oder doch zu deren Erzeugung behülflich zu ſein. Dieſe Vor- ſtellungsweiſe ſchloß ſich eng an die damals herrſchende Evo- lutionstheorie an und ſchien in den Samenkörperchen der Thiere eine Stütze zu finden; ſie ſtützte ſich zugleich auf die Beobacht- ung, daß Pollenkörner in Waſſer gelegt unter dem Mikroſkop 1) Um die ſehr gedrängte Darſtellung nicht durch zahlreiche Citate zu ſtören, mache ich hier die wichtigeren Schriften namhaft: Robert Brown's vermiſchte Schriften, herausgegeben von Nees von Eſenbeck Bd. IV. 1830 Bd. V. 1834. — Mohl über G. Amici in bot. Zeitung 1863 Beilage p. 7. — Schleiden: über die Bildung des Eichens und Entſtehung des Embryos in Nova Acta Acad. Leopold 1839 Bd. XI. 1. Abth. — W. Hofmeiſter: Zur Ueberſicht der Geſchichte von der Lehre der Pflanzen- befruchtung in Flora 1867 p. 119 ff.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/478>, abgerufen am 29.03.2024.