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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Entwicklungsgeschichte der Zelle, Entstehung der
statirt. Theodor Hartig hatte schon 1851 in seiner Natur-
geschichte der Forstpflanzen im Bastsystem eigenthümliche Zell-
reihen beschrieben, deren Quer- zum Theil auch Längswände von
zahlreichen feinen Löchern siebartig durchbohrt schienen, die er
deßhalb als Siebröhren bezeichnete. Mohl erklärte sich jedoch
1855, indem er Hartig's Entdeckung übrigens bestätigte und
erweiterte, gegen die Durchbohrung der Wände und glaubte an
den betreffenden Stellen nur gitterartige Verdickungen der Zell-
wände zu sehen; er wollte daher Hartig's Siebröhren als
Gitterzellen bezeichnet wissen. Da zeigte jedoch Nägeli 1861,
daß an der wirklichen Durchbohrung wenigstens in gewissen Fällen
nicht zu zweifeln ist, daß die Siebplatten dem Transport schlei-
miger Stoffe im Bastgewebe dienen; nebenbei sei bemerkt, daß
ich 1863, Hanstein 1864 Mittel angaben, durch welche man
sich mit Leichtigkeit die Gewißheit verschaffen kann, daß Hartig's
Siebplatten in der That durchlöchert sind. Unterdessen hatte
man auch schon eine Zahl von Milchsaft führenden Organen als
gefäßartige Bildungen im Sinne Mohl's erkannt und gefunden,
daß derartige Canäle durch Auflösung der Querwände benach-
barter Zellen entstehen. Doch blieb die Kenntniß der milchführen-
den Organe noch bis gegen die Mitte der sechziger Jahr hin
eine sehr ungeordnete und lückenhafte und auch die Unter-
suchung der Harzgänge und ihre Entstehung durch bloßes Aus-
einanderweichen der Zellen gehört erst der neueren Phytotomie
an; Hanstein, Dippel, N. J. C. Müller, Frank u. A.
haben seit 1860 die Kenntniß dieser Gewebebildungen gefördert.
Eine der allerwichtigsten Ausnahmen von Mohl's obengenannter
Ansicht, constatirte schon 1860 Schacht, indem er entwicklungsge-
schichtlich die Entstehung und wahre Form der gehöften Tüpfel
im Holz der Coniferen und in den punktirten Gefäßen der An-
giospermen nachwies und außerdem zeigte, daß in allen
solchen Fällen, wo die gehöften Tüpfel auf beiden Seiten einer
Scheidewand ausgebildet sind, und wo die benachbarten Zellen
später Luft führen, daß da die ursprüngliche, sehr dünne Scheide-
wand im gehöften Tüpfel verschwindet, daß somit in solchen

Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der
ſtatirt. Theodor Hartig hatte ſchon 1851 in ſeiner Natur-
geſchichte der Forſtpflanzen im Baſtſyſtem eigenthümliche Zell-
reihen beſchrieben, deren Quer- zum Theil auch Längswände von
zahlreichen feinen Löchern ſiebartig durchbohrt ſchienen, die er
deßhalb als Siebröhren bezeichnete. Mohl erklärte ſich jedoch
1855, indem er Hartig's Entdeckung übrigens beſtätigte und
erweiterte, gegen die Durchbohrung der Wände und glaubte an
den betreffenden Stellen nur gitterartige Verdickungen der Zell-
wände zu ſehen; er wollte daher Hartig's Siebröhren als
Gitterzellen bezeichnet wiſſen. Da zeigte jedoch Nägeli 1861,
daß an der wirklichen Durchbohrung wenigſtens in gewiſſen Fällen
nicht zu zweifeln iſt, daß die Siebplatten dem Transport ſchlei-
miger Stoffe im Baſtgewebe dienen; nebenbei ſei bemerkt, daß
ich 1863, Hanſtein 1864 Mittel angaben, durch welche man
ſich mit Leichtigkeit die Gewißheit verſchaffen kann, daß Hartig's
Siebplatten in der That durchlöchert ſind. Unterdeſſen hatte
man auch ſchon eine Zahl von Milchſaft führenden Organen als
gefäßartige Bildungen im Sinne Mohl's erkannt und gefunden,
daß derartige Canäle durch Auflöſung der Querwände benach-
barter Zellen entſtehen. Doch blieb die Kenntniß der milchführen-
den Organe noch bis gegen die Mitte der ſechziger Jahr hin
eine ſehr ungeordnete und lückenhafte und auch die Unter-
ſuchung der Harzgänge und ihre Entſtehung durch bloßes Aus-
einanderweichen der Zellen gehört erſt der neueren Phytotomie
an; Hanſtein, Dippel, N. J. C. Müller, Frank u. A.
haben ſeit 1860 die Kenntniß dieſer Gewebebildungen gefördert.
Eine der allerwichtigſten Ausnahmen von Mohl's obengenannter
Anſicht, conſtatirte ſchon 1860 Schacht, indem er entwicklungsge-
ſchichtlich die Entſtehung und wahre Form der gehöften Tüpfel
im Holz der Coniferen und in den punktirten Gefäßen der An-
gioſpermen nachwies und außerdem zeigte, daß in allen
ſolchen Fällen, wo die gehöften Tüpfel auf beiden Seiten einer
Scheidewand ausgebildet ſind, und wo die benachbarten Zellen
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wand im gehöften Tüpfel verſchwindet, daß ſomit in ſolchen

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[370/0382] Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der ſtatirt. Theodor Hartig hatte ſchon 1851 in ſeiner Natur- geſchichte der Forſtpflanzen im Baſtſyſtem eigenthümliche Zell- reihen beſchrieben, deren Quer- zum Theil auch Längswände von zahlreichen feinen Löchern ſiebartig durchbohrt ſchienen, die er deßhalb als Siebröhren bezeichnete. Mohl erklärte ſich jedoch 1855, indem er Hartig's Entdeckung übrigens beſtätigte und erweiterte, gegen die Durchbohrung der Wände und glaubte an den betreffenden Stellen nur gitterartige Verdickungen der Zell- wände zu ſehen; er wollte daher Hartig's Siebröhren als Gitterzellen bezeichnet wiſſen. Da zeigte jedoch Nägeli 1861, daß an der wirklichen Durchbohrung wenigſtens in gewiſſen Fällen nicht zu zweifeln iſt, daß die Siebplatten dem Transport ſchlei- miger Stoffe im Baſtgewebe dienen; nebenbei ſei bemerkt, daß ich 1863, Hanſtein 1864 Mittel angaben, durch welche man ſich mit Leichtigkeit die Gewißheit verſchaffen kann, daß Hartig's Siebplatten in der That durchlöchert ſind. Unterdeſſen hatte man auch ſchon eine Zahl von Milchſaft führenden Organen als gefäßartige Bildungen im Sinne Mohl's erkannt und gefunden, daß derartige Canäle durch Auflöſung der Querwände benach- barter Zellen entſtehen. Doch blieb die Kenntniß der milchführen- den Organe noch bis gegen die Mitte der ſechziger Jahr hin eine ſehr ungeordnete und lückenhafte und auch die Unter- ſuchung der Harzgänge und ihre Entſtehung durch bloßes Aus- einanderweichen der Zellen gehört erſt der neueren Phytotomie an; Hanſtein, Dippel, N. J. C. Müller, Frank u. A. haben ſeit 1860 die Kenntniß dieſer Gewebebildungen gefördert. Eine der allerwichtigſten Ausnahmen von Mohl's obengenannter Anſicht, conſtatirte ſchon 1860 Schacht, indem er entwicklungsge- ſchichtlich die Entſtehung und wahre Form der gehöften Tüpfel im Holz der Coniferen und in den punktirten Gefäßen der An- gioſpermen nachwies und außerdem zeigte, daß in allen ſolchen Fällen, wo die gehöften Tüpfel auf beiden Seiten einer Scheidewand ausgebildet ſind, und wo die benachbarten Zellen ſpäter Luft führen, daß da die urſprüngliche, ſehr dünne Scheide- wand im gehöften Tüpfel verſchwindet, daß ſomit in ſolchen

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/382>, abgerufen am 29.03.2024.