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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

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Dritter Abschnitt.
gewöhnlichen Vergnügungen, und die elen-
de Nachäffung des Heroismus in stilles
Anschmiegen an die Huld des Allmächtigen
verwandeln -- das heißt, es würde kein
Selbstmord mehr seyn.

Wenn nun alle Selbstmorde aus Man-
gel am festen, erleuchteten Vertrauen auf
die Fürsehung entstehen, und wenn dieß
feste, erleuchtete Vertrauen eigentlich Gebet
ist: so soll man doch die Quelle des Selbst-
mordens da aufsuchen, wo sie liegt, und die
Quelle zu verstopfen trachten, die wirklich
Quelle des Jammers ist, wenigstens vom
Gebete nicht mehr im verachtenden Tone
sprechen, und die Empfehlung desselben der
Dummheit überlassen.

Brüder, wer sich des Gebetes schämt,
der gleicht dem Sohne, der sich seines Va-
ters schämet. Wer an Gott glaubt, glaubt
an die Kraft des Gebetes, oder er weis nicht,
was er glaubt.

Drum feuriger Jüngling, wenn dir
das Menschenleben lieb ist, so laß dich nicht
vom Gebete.

5. Suche

Dritter Abſchnitt.
gewoͤhnlichen Vergnuͤgungen, und die elen-
de Nachaͤffung des Heroismus in ſtilles
Anſchmiegen an die Huld des Allmaͤchtigen
verwandeln — das heißt, es wuͤrde kein
Selbſtmord mehr ſeyn.

Wenn nun alle Selbſtmorde aus Man-
gel am feſten, erleuchteten Vertrauen auf
die Fuͤrſehung entſtehen, und wenn dieß
feſte, erleuchtete Vertrauen eigentlich Gebet
iſt: ſo ſoll man doch die Quelle des Selbſt-
mordens da aufſuchen, wo ſie liegt, und die
Quelle zu verſtopfen trachten, die wirklich
Quelle des Jammers iſt, wenigſtens vom
Gebete nicht mehr im verachtenden Tone
ſprechen, und die Empfehlung deſſelben der
Dummheit uͤberlaſſen.

Bruͤder, wer ſich des Gebetes ſchaͤmt,
der gleicht dem Sohne, der ſich ſeines Va-
ters ſchaͤmet. Wer an Gott glaubt, glaubt
an die Kraft des Gebetes, oder er weis nicht,
was er glaubt.

Drum feuriger Juͤngling, wenn dir
das Menſchenleben lieb iſt, ſo laß dich nicht
vom Gebete.

5. Suche
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[160/0172] Dritter Abſchnitt. gewoͤhnlichen Vergnuͤgungen, und die elen- de Nachaͤffung des Heroismus in ſtilles Anſchmiegen an die Huld des Allmaͤchtigen verwandeln — das heißt, es wuͤrde kein Selbſtmord mehr ſeyn. Wenn nun alle Selbſtmorde aus Man- gel am feſten, erleuchteten Vertrauen auf die Fuͤrſehung entſtehen, und wenn dieß feſte, erleuchtete Vertrauen eigentlich Gebet iſt: ſo ſoll man doch die Quelle des Selbſt- mordens da aufſuchen, wo ſie liegt, und die Quelle zu verſtopfen trachten, die wirklich Quelle des Jammers iſt, wenigſtens vom Gebete nicht mehr im verachtenden Tone ſprechen, und die Empfehlung deſſelben der Dummheit uͤberlaſſen. Bruͤder, wer ſich des Gebetes ſchaͤmt, der gleicht dem Sohne, der ſich ſeines Va- ters ſchaͤmet. Wer an Gott glaubt, glaubt an die Kraft des Gebetes, oder er weis nicht, was er glaubt. Drum feuriger Juͤngling, wenn dir das Menſchenleben lieb iſt, ſo laß dich nicht vom Gebete. 5. Suche

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/172>, abgerufen am 25.04.2024.