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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

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Gründe wider den Selbstmord.
der Gottheit, das wir, wie sie selbst, re-
spectiren müssen. Aus der Erleuchtungs-
und Erwärmungskraft der Sonne in Absicht
auf unsere Erde schliesse ich mit Grund,
es sey der Wille des Schöpfers, daß die
Erde und die Erdebewohner von ihr beleuch-
tet und erwärmet werden. Aus dem, daß
der Vogel Schwingfedern, der Fisch Floß-
federn hat, schliesse ich mit Grund, es sey
der Wille des Schöpfers, daß jener flie-
ge, dieser schwimme. Aus dem, daß das
Thier mit Instinkt, der Mensch mit Ver-
nunft begabt ist, schliesse ich mit Grund,
es sey der Wille des Schöpfers, daß das
Thier dem Instinct folge, der Mensch sich
durch Vernunft leiten lasse. Aus der er-
kannten Fruchtbringungskraft des Saatkorns
im Schoose der Mutter-Erde, schliesse ich
mit Grund, es sey der Wille des Schöp-
fers,
daß das Saatkorn in die Erde gelegt
werde. So ist denn jede Kraft ein Wink
der Gottheit, daß man dieselbe fortdauren,
und wirken lasse, so lange sie fortdauren,
und wirken kann, im Falle, daß das Ge-
setz der höhern Vollkommenheit kein Op-

fer,
B 5

Gruͤnde wider den Selbſtmord.
der Gottheit, das wir, wie ſie ſelbſt, re-
ſpectiren muͤſſen. Aus der Erleuchtungs-
und Erwaͤrmungskraft der Sonne in Abſicht
auf unſere Erde ſchlieſſe ich mit Grund,
es ſey der Wille des Schoͤpfers, daß die
Erde und die Erdebewohner von ihr beleuch-
tet und erwaͤrmet werden. Aus dem, daß
der Vogel Schwingfedern, der Fiſch Floß-
federn hat, ſchlieſſe ich mit Grund, es ſey
der Wille des Schoͤpfers, daß jener flie-
ge, dieſer ſchwimme. Aus dem, daß das
Thier mit Inſtinkt, der Menſch mit Ver-
nunft begabt iſt, ſchlieſſe ich mit Grund,
es ſey der Wille des Schoͤpfers, daß das
Thier dem Inſtinct folge, der Menſch ſich
durch Vernunft leiten laſſe. Aus der er-
kannten Fruchtbringungskraft des Saatkorns
im Schooſe der Mutter-Erde, ſchlieſſe ich
mit Grund, es ſey der Wille des Schoͤp-
fers,
daß das Saatkorn in die Erde gelegt
werde. So iſt denn jede Kraft ein Wink
der Gottheit, daß man dieſelbe fortdauren,
und wirken laſſe, ſo lange ſie fortdauren,
und wirken kann, im Falle, daß das Ge-
ſetz der hoͤhern Vollkommenheit kein Op-

fer,
B 5
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[25/0037] Gruͤnde wider den Selbſtmord. der Gottheit, das wir, wie ſie ſelbſt, re- ſpectiren muͤſſen. Aus der Erleuchtungs- und Erwaͤrmungskraft der Sonne in Abſicht auf unſere Erde ſchlieſſe ich mit Grund, es ſey der Wille des Schoͤpfers, daß die Erde und die Erdebewohner von ihr beleuch- tet und erwaͤrmet werden. Aus dem, daß der Vogel Schwingfedern, der Fiſch Floß- federn hat, ſchlieſſe ich mit Grund, es ſey der Wille des Schoͤpfers, daß jener flie- ge, dieſer ſchwimme. Aus dem, daß das Thier mit Inſtinkt, der Menſch mit Ver- nunft begabt iſt, ſchlieſſe ich mit Grund, es ſey der Wille des Schoͤpfers, daß das Thier dem Inſtinct folge, der Menſch ſich durch Vernunft leiten laſſe. Aus der er- kannten Fruchtbringungskraft des Saatkorns im Schooſe der Mutter-Erde, ſchlieſſe ich mit Grund, es ſey der Wille des Schoͤp- fers, daß das Saatkorn in die Erde gelegt werde. So iſt denn jede Kraft ein Wink der Gottheit, daß man dieſelbe fortdauren, und wirken laſſe, ſo lange ſie fortdauren, und wirken kann, im Falle, daß das Ge- ſetz der hoͤhern Vollkommenheit kein Op- fer, B 5

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/37>, abgerufen am 28.03.2024.