Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

die Personen, in deren Haende ihre zeitliche
und ewige Wohlfahrt gelegt ist, darum
ganz unbekümmert sind -- wer kann
da gelassen bleiben! Dass diese Seuche
auch das weibliche Geschlecht angesteckt ha-
be, ist leider wahr, und laesst uns eine sehr
schwaechliche und elende Nachkommen-
schaft befürchten. Ich kann aber zur Ab-
stellung dieses Elends nicht viel thun, und
muss mich blos auf die Ausschweifung des
maennlichen Geschlechts einschraenken.
Doch werden verstaendige Eltern und Er-
zieher gar vieles, was ich hier sage, auch
auf das weibliche Geschlecht anwenden
können.

III.

Der Anfang dieser bösen Gewohnheit faellt
ohngefaehr in mein 13tes Jahr. Ich ward
nicht dazu verführt, habe nie das Laster von
irgend jemand ausuben sehn, niemals davon
reden hören, kannte damals den Unterschied
des Geschlechts ganz und gar nicht, und ha-
be das Laster selbst Jahrelang mit so volkom-
mener Unschuld des Herzens begangen, dass
nicht einmal eine Ahndung von Unrecht oder
Sündlichkeit bey mir aufstieg. Und so kön-

nen

die Perſonen, in deren Hænde ihre zeitliche
und ewige Wohlfahrt gelegt iſt, darum
ganz unbekümmert ſind — wer kann
da gelaſſen bleiben! Daſs dieſe Seuche
auch das weibliche Geſchlecht angeſteckt ha-
be, iſt leider wahr, und læſst uns eine ſehr
ſchwæchliche und elende Nachkommen-
ſchaft befürchten. Ich kann aber zur Ab-
ſtellung dieſes Elends nicht viel thun, und
muſs mich blos auf die Ausſchweifung des
mænnlichen Geſchlechts einſchrænken.
Doch werden verſtændige Eltern und Er-
zieher gar vieles, was ich hier ſage, auch
auf das weibliche Geſchlecht anwenden
können.

III.

Der Anfang dieſer böſen Gewohnheit fællt
ohngefæhr in mein 13tes Jahr. Ich ward
nicht dazu verführt, habe nie das Laſter von
irgend jemand ausuben ſehn, niemals davon
reden hören, kannte damals den Unterſchied
des Geſchlechts ganz und gar nicht, und ha-
be das Laſter ſelbſt Jahrelang mit ſo volkom-
mener Unſchuld des Herzens begangen, daſs
nicht einmal eine Ahndung von Unrecht oder
Sündlichkeit bey mir aufſtieg. Und ſo kön-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0025" n="15"/>
die Per&#x017F;onen, in deren Hænde ihre zeitliche<lb/>
und ewige Wohlfahrt gelegt i&#x017F;t, darum<lb/>
ganz unbekümmert &#x017F;ind &#x2014; wer kann<lb/>
da gela&#x017F;&#x017F;en bleiben! Da&#x017F;s die&#x017F;e Seuche<lb/>
auch das weibliche Ge&#x017F;chlecht ange&#x017F;teckt ha-<lb/>
be, i&#x017F;t leider wahr, und læ&#x017F;st uns eine &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chwæchliche und elende Nachkommen-<lb/>
&#x017F;chaft befürchten. Ich kann aber zur Ab-<lb/>
&#x017F;tellung die&#x017F;es Elends nicht viel thun, und<lb/>
mu&#x017F;s mich blos auf die Aus&#x017F;chweifung des<lb/>
mænnlichen Ge&#x017F;chlechts ein&#x017F;chrænken.<lb/>
Doch werden ver&#x017F;tændige Eltern und Er-<lb/>
zieher gar vieles, was ich hier &#x017F;age, auch<lb/>
auf das weibliche Ge&#x017F;chlecht anwenden<lb/>
können.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">III.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>er Anfang die&#x017F;er bö&#x017F;en Gewohnheit fællt<lb/>
ohngefæhr in mein 13tes Jahr. Ich ward<lb/>
nicht dazu verführt, habe nie das La&#x017F;ter von<lb/>
irgend jemand ausuben &#x017F;ehn, niemals davon<lb/>
reden hören, kannte damals den Unter&#x017F;chied<lb/>
des Ge&#x017F;chlechts ganz und gar nicht, und ha-<lb/>
be das La&#x017F;ter &#x017F;elb&#x017F;t Jahrelang mit &#x017F;o volkom-<lb/>
mener Un&#x017F;chuld des Herzens begangen, da&#x017F;s<lb/>
nicht einmal eine Ahndung von Unrecht oder<lb/>
Sündlichkeit bey mir auf&#x017F;tieg. Und &#x017F;o kön-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0025] die Perſonen, in deren Hænde ihre zeitliche und ewige Wohlfahrt gelegt iſt, darum ganz unbekümmert ſind — wer kann da gelaſſen bleiben! Daſs dieſe Seuche auch das weibliche Geſchlecht angeſteckt ha- be, iſt leider wahr, und læſst uns eine ſehr ſchwæchliche und elende Nachkommen- ſchaft befürchten. Ich kann aber zur Ab- ſtellung dieſes Elends nicht viel thun, und muſs mich blos auf die Ausſchweifung des mænnlichen Geſchlechts einſchrænken. Doch werden verſtændige Eltern und Er- zieher gar vieles, was ich hier ſage, auch auf das weibliche Geſchlecht anwenden können. III. Der Anfang dieſer böſen Gewohnheit fællt ohngefæhr in mein 13tes Jahr. Ich ward nicht dazu verführt, habe nie das Laſter von irgend jemand ausuben ſehn, niemals davon reden hören, kannte damals den Unterſchied des Geſchlechts ganz und gar nicht, und ha- be das Laſter ſelbſt Jahrelang mit ſo volkom- mener Unſchuld des Herzens begangen, daſs nicht einmal eine Ahndung von Unrecht oder Sündlichkeit bey mir aufſtieg. Und ſo kön- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/25
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/25>, abgerufen am 29.03.2024.