Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Pariser Studenten machen eine traurige
Figur.

Auf der Königl. Bibliothek hat man um das Din-
tenfaß
herum einen Schwamm, der das ganze Geschirr
ausfüllt, und beim Aussprützen alle Tropfen auffängt.
Man muß da das Buch vom Bibliothekar fordern, der
sagts dem Bedienten, dieser holts dann, gibt's erst dem
Garde, der siehts an, und gibt's endlich dem Frem-
den. Will man das nehmliche Buch den andern Tag
wieder haben; so muß mans vom Tisch wegnehmen, und
irgendwo hin stecken, wo man's wieder findet. -- Es
sind nach Maasgabe der Fremden, die beständig hier ar-
beiten, zu wenig Aufwärter da.

Zum Erstaunen ists, wie die Franzosen die deut-
schen Namen
verderben. Nicht ein einziger spricht sie
recht aus. Kein einziger versteht deutsch, sie sagen, die
Sprache sei zu schwer, und habe gar grobe Wörter.

Die Miethkutscher, Decroteurs, Holzträger etc.
schlafen am Tage mitten auf den Strassen, auf harten
Holz, auf ihrem Bock, auf den Steinen. -- Mitten
im Lärmen, im Getümmel um sie herum, besucht sie der
süsse Schlaf. Ein Glück, das manchem in der prächti-
gen Kutsche, und im seidenem Bett in Paris fehlt. --

Den 27sten Mai.

Le Cabinet de l'Hist. Nat. du Roi. Diese herr-
liche Sammlung, ging ich heute weiter durch, und zwar
im zweiten Zimmer, und fand beim Eingang linker
Hand gegen den Jardin du Roi zu, im

I) Ersten

Die Pariſer Studenten machen eine traurige
Figur.

Auf der Koͤnigl. Bibliothek hat man um das Din-
tenfaß
herum einen Schwamm, der das ganze Geſchirr
ausfuͤllt, und beim Ausſpruͤtzen alle Tropfen auffaͤngt.
Man muß da das Buch vom Bibliothekar fordern, der
ſagts dem Bedienten, dieſer holts dann, gibt’s erſt dem
Garde, der ſiehts an, und gibt’s endlich dem Frem-
den. Will man das nehmliche Buch den andern Tag
wieder haben; ſo muß mans vom Tiſch wegnehmen, und
irgendwo hin ſtecken, wo man’s wieder findet. — Es
ſind nach Maasgabe der Fremden, die beſtaͤndig hier ar-
beiten, zu wenig Aufwaͤrter da.

Zum Erſtaunen iſts, wie die Franzoſen die deut-
ſchen Namen
verderben. Nicht ein einziger ſpricht ſie
recht aus. Kein einziger verſteht deutſch, ſie ſagen, die
Sprache ſei zu ſchwer, und habe gar grobe Woͤrter.

Die Miethkutſcher, Decroteurs, Holztraͤger ꝛc.
ſchlafen am Tage mitten auf den Straſſen, auf harten
Holz, auf ihrem Bock, auf den Steinen. — Mitten
im Laͤrmen, im Getuͤmmel um ſie herum, beſucht ſie der
ſuͤſſe Schlaf. Ein Gluͤck, das manchem in der praͤchti-
gen Kutſche, und im ſeidenem Bett in Paris fehlt. —

Den 27ſten Mai.

Le Cabinet de l’Hiſt. Nat. du Roi. Dieſe herr-
liche Sammlung, ging ich heute weiter durch, und zwar
im zweiten Zimmer, und fand beim Eingang linker
Hand gegen den Jardin du Roi zu, im

I) Erſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0101" n="77"/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Pari&#x017F;er Studenten</hi> machen eine traurige<lb/>
Figur.</p><lb/>
            <p>Auf der Ko&#x0364;nigl. Bibliothek hat man um das <hi rendition="#fr">Din-<lb/>
tenfaß</hi> herum einen Schwamm, der das ganze Ge&#x017F;chirr<lb/>
ausfu&#x0364;llt, und beim Aus&#x017F;pru&#x0364;tzen alle Tropfen auffa&#x0364;ngt.<lb/>
Man muß da das Buch vom Bibliothekar fordern, der<lb/>
&#x017F;agts dem Bedienten, die&#x017F;er holts dann, gibt&#x2019;s er&#x017F;t dem<lb/>
Garde, der &#x017F;iehts an, und gibt&#x2019;s endlich dem Frem-<lb/>
den. Will man das nehmliche Buch den andern Tag<lb/>
wieder haben; &#x017F;o muß mans vom Ti&#x017F;ch wegnehmen, und<lb/>
irgendwo hin &#x017F;tecken, wo man&#x2019;s wieder findet. &#x2014; Es<lb/>
&#x017F;ind nach Maasgabe der Fremden, die be&#x017F;ta&#x0364;ndig hier ar-<lb/>
beiten, zu wenig Aufwa&#x0364;rter da.</p><lb/>
            <p>Zum Er&#x017F;taunen i&#x017F;ts, wie die <hi rendition="#fr">Franzo&#x017F;en</hi> die <hi rendition="#fr">deut-<lb/>
&#x017F;chen Namen</hi> verderben. Nicht ein einziger &#x017F;pricht &#x017F;ie<lb/>
recht aus. Kein einziger ver&#x017F;teht deut&#x017F;ch, &#x017F;ie &#x017F;agen, die<lb/>
Sprache &#x017F;ei zu &#x017F;chwer, und habe gar grobe Wo&#x0364;rter.</p><lb/>
            <p>Die Miethkut&#x017F;cher, Decroteurs, Holztra&#x0364;ger &#xA75B;c.<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;chlafen</hi> am Tage mitten auf den Stra&#x017F;&#x017F;en, auf harten<lb/>
Holz, auf ihrem Bock, auf den Steinen. &#x2014; Mitten<lb/>
im La&#x0364;rmen, im Getu&#x0364;mmel um &#x017F;ie herum, be&#x017F;ucht &#x017F;ie der<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Schlaf. Ein Glu&#x0364;ck, das manchem in der pra&#x0364;chti-<lb/>
gen Kut&#x017F;che, und im &#x017F;eidenem Bett in <hi rendition="#fr">Paris</hi> fehlt. &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 27&#x017F;ten Mai.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Le Cabinet de l&#x2019;Hi&#x017F;t. Nat. du Roi.</hi> Die&#x017F;e herr-<lb/>
liche Sammlung, ging ich heute weiter durch, und zwar<lb/>
im <hi rendition="#fr">zweiten Zimmer,</hi> und fand beim Eingang linker<lb/>
Hand gegen den <hi rendition="#aq">Jardin du Roi</hi> zu, im</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">I</hi>) <hi rendition="#fr">Er&#x017F;ten</hi></fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0101] Die Pariſer Studenten machen eine traurige Figur. Auf der Koͤnigl. Bibliothek hat man um das Din- tenfaß herum einen Schwamm, der das ganze Geſchirr ausfuͤllt, und beim Ausſpruͤtzen alle Tropfen auffaͤngt. Man muß da das Buch vom Bibliothekar fordern, der ſagts dem Bedienten, dieſer holts dann, gibt’s erſt dem Garde, der ſiehts an, und gibt’s endlich dem Frem- den. Will man das nehmliche Buch den andern Tag wieder haben; ſo muß mans vom Tiſch wegnehmen, und irgendwo hin ſtecken, wo man’s wieder findet. — Es ſind nach Maasgabe der Fremden, die beſtaͤndig hier ar- beiten, zu wenig Aufwaͤrter da. Zum Erſtaunen iſts, wie die Franzoſen die deut- ſchen Namen verderben. Nicht ein einziger ſpricht ſie recht aus. Kein einziger verſteht deutſch, ſie ſagen, die Sprache ſei zu ſchwer, und habe gar grobe Woͤrter. Die Miethkutſcher, Decroteurs, Holztraͤger ꝛc. ſchlafen am Tage mitten auf den Straſſen, auf harten Holz, auf ihrem Bock, auf den Steinen. — Mitten im Laͤrmen, im Getuͤmmel um ſie herum, beſucht ſie der ſuͤſſe Schlaf. Ein Gluͤck, das manchem in der praͤchti- gen Kutſche, und im ſeidenem Bett in Paris fehlt. — Den 27ſten Mai. Le Cabinet de l’Hiſt. Nat. du Roi. Dieſe herr- liche Sammlung, ging ich heute weiter durch, und zwar im zweiten Zimmer, und fand beim Eingang linker Hand gegen den Jardin du Roi zu, im I) Erſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/101
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/101>, abgerufen am 28.03.2024.