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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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läuftig, hat eine Menge toskanischer kannelirter Säulen,
überall die schönsten Verzierungen etc. in dem Geschmack,
wie die Gardes des Meubles du Roi, aber, wie ge-
sagt, weiter bekömmt man nichts zu sehen. Ich hätte
gar nicht dran gedacht, wenn mich nicht ein Fremder schon
vor etlichen Tagen, weil er den Weg dahin nicht wuste,
darnach gefragt hätte.

Den 24sten Jun.

Auch heute war, wie der Franzos sagt, eine Tem-
pete furieuse.
Von Morgens früh an, war ein be-
ständig anhaltender Regen. So unlustig wird Paris
dadurch, daß man sich lieber ins kleinste Städtchen, auf
jeden Landsitz wünscht, als in dieser Stadt zu bleiben.
Man setzt Gesundheit und Kleider zu, wenn man in dem
Kothe herumlaufen will. Es war La Fete de St.
Jean,
wo in Seaux die grossen Jets d'eau spielen sol-
ten. Ich hatte gestern mit Hr. Delor abgeredet, heute
Vormittag das Kabinet des Dr. Mauduit zu sehen, der
die schönste Vögel-Sammlung in ganz Paris haben soll,
und Nachmittags solt' ich mit einer Gesellschaft nach
Seaux gehen, aber man muste sich gram seyn, wenn
man in der Wohnung des Koths und der Unsauberkeit
immer laufen wollte. Ich endigte den 3ten Theil der
Hist. Nat. des Anim. de Mr. Perrault, und muste
ohnehin eine Diarrhoe abwarten, die ich seit Sonntags
Abends wieder bekommen hatte Was Wunder, wenn
man beständig an Füssen und in allen Kleidern naß ist,
und das unsauberste, trübste Wasser trinken muß? Ich
will also an diesem Tage wieder einige Bemerkungen
sammeln, die das Ganze der Stadt, so weit ichs kennen
gelernt, betreffen.

Bemer-

laͤuftig, hat eine Menge toſkaniſcher kannelirter Saͤulen,
uͤberall die ſchoͤnſten Verzierungen ꝛc. in dem Geſchmack,
wie die Gardes des Meubles du Roi, aber, wie ge-
ſagt, weiter bekoͤmmt man nichts zu ſehen. Ich haͤtte
gar nicht dran gedacht, wenn mich nicht ein Fremder ſchon
vor etlichen Tagen, weil er den Weg dahin nicht wuſte,
darnach gefragt haͤtte.

Den 24ſten Jun.

Auch heute war, wie der Franzos ſagt, eine Tem-
pete furieuſe.
Von Morgens fruͤh an, war ein be-
ſtaͤndig anhaltender Regen. So unluſtig wird Paris
dadurch, daß man ſich lieber ins kleinſte Staͤdtchen, auf
jeden Landſitz wuͤnſcht, als in dieſer Stadt zu bleiben.
Man ſetzt Geſundheit und Kleider zu, wenn man in dem
Kothe herumlaufen will. Es war La Fête de St.
Jean,
wo in Seaux die groſſen Jets d’eau ſpielen ſol-
ten. Ich hatte geſtern mit Hr. Delor abgeredet, heute
Vormittag das Kabinet des Dr. Mauduit zu ſehen, der
die ſchoͤnſte Voͤgel-Sammlung in ganz Paris haben ſoll,
und Nachmittags ſolt’ ich mit einer Geſellſchaft nach
Seaux gehen, aber man muſte ſich gram ſeyn, wenn
man in der Wohnung des Koths und der Unſauberkeit
immer laufen wollte. Ich endigte den 3ten Theil der
Hiſt. Nat. des Anim. de Mr. Perrault, und muſte
ohnehin eine Diarrhoe abwarten, die ich ſeit Sonntags
Abends wieder bekommen hatte Was Wunder, wenn
man beſtaͤndig an Fuͤſſen und in allen Kleidern naß iſt,
und das unſauberſte, truͤbſte Waſſer trinken muß? Ich
will alſo an dieſem Tage wieder einige Bemerkungen
ſammeln, die das Ganze der Stadt, ſo weit ichs kennen
gelernt, betreffen.

Bemer-
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[272/0296] laͤuftig, hat eine Menge toſkaniſcher kannelirter Saͤulen, uͤberall die ſchoͤnſten Verzierungen ꝛc. in dem Geſchmack, wie die Gardes des Meubles du Roi, aber, wie ge- ſagt, weiter bekoͤmmt man nichts zu ſehen. Ich haͤtte gar nicht dran gedacht, wenn mich nicht ein Fremder ſchon vor etlichen Tagen, weil er den Weg dahin nicht wuſte, darnach gefragt haͤtte. Den 24ſten Jun. Auch heute war, wie der Franzos ſagt, eine Tem- pete furieuſe. Von Morgens fruͤh an, war ein be- ſtaͤndig anhaltender Regen. So unluſtig wird Paris dadurch, daß man ſich lieber ins kleinſte Staͤdtchen, auf jeden Landſitz wuͤnſcht, als in dieſer Stadt zu bleiben. Man ſetzt Geſundheit und Kleider zu, wenn man in dem Kothe herumlaufen will. Es war La Fête de St. Jean, wo in Seaux die groſſen Jets d’eau ſpielen ſol- ten. Ich hatte geſtern mit Hr. Delor abgeredet, heute Vormittag das Kabinet des Dr. Mauduit zu ſehen, der die ſchoͤnſte Voͤgel-Sammlung in ganz Paris haben ſoll, und Nachmittags ſolt’ ich mit einer Geſellſchaft nach Seaux gehen, aber man muſte ſich gram ſeyn, wenn man in der Wohnung des Koths und der Unſauberkeit immer laufen wollte. Ich endigte den 3ten Theil der Hiſt. Nat. des Anim. de Mr. Perrault, und muſte ohnehin eine Diarrhoe abwarten, die ich ſeit Sonntags Abends wieder bekommen hatte Was Wunder, wenn man beſtaͤndig an Fuͤſſen und in allen Kleidern naß iſt, und das unſauberſte, truͤbſte Waſſer trinken muß? Ich will alſo an dieſem Tage wieder einige Bemerkungen ſammeln, die das Ganze der Stadt, ſo weit ichs kennen gelernt, betreffen. Bemer-

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/296>, abgerufen am 24.04.2024.