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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Den 17ten Jul.

Diesen und den folgenden Tag hatte ich mir vorge-
nommen auf dem Lande zuzubringen, um die Abtei St.
Amand und die dabei gelegenen heilsamen Bäder, und
Moräste, die man mir in Paris als wichtig beschrieben
hatte, zu besichtigen. Ich that die kleine Reise von
31/2 Stunden am frühen Morgen zu Fuß, und erquickte
mich ungemein an den herrlichen Frucht-Lein- und Hanf-
feldern, durch die der Weg hingeht. Gegen St. Amand
hin, wird die Gegend etwas waldichter, sonst ist sehr
wenig Holz da. Man findet ein Dörfchen, und ein klei-
nes Städtchen am Flusse Scarpe, die beide von der
Abtei ihren Namen haben. Das Städtchen hat einen
schönen Platz und ein prächtiges Rathhaus. Die hohen
alten Thurmspitzen der Abtei sind schon von weitem sicht-
bar. Das Wichtigste darin ist

Die Kirche der Abtei St. Amand. Der hl.
Amandus, der den französischen König Childerich,
wie man mir sagte, taufte, hat hier eine Augustinerab-
tei, worin wirklich 50. Mönche sind, gestiftet, und zu
der Kirche, die selbst von Blondel als ein Meister-
stück der Baukunst betrachtet wurde, den ersten Grund
gelegt. Vor 113. Jahren hat der Abt Don Nicolas
Dubois
sie zu der gegenwärtigen Pracht erhoben. Der
jetzige Abt ist aus dem Hause Stuart und Ritter vom
St. Georgen-Orden. Die Kirche ist 400. Schuh
lang, über 200. Schuh breit, und erstaunend hoch. Der
Chor ist eigentlich Kirche über Kirche, denn unter dem
gegenwärtigen Chor ist noch die ganze alte Kirche vom
Abt St. Amand wirklich vorhanden. Man braucht ei-
ne volle Stunde, wenn man alles besehen will, und am

besten
Den 17ten Jul.

Dieſen und den folgenden Tag hatte ich mir vorge-
nommen auf dem Lande zuzubringen, um die Abtei St.
Amand und die dabei gelegenen heilſamen Baͤder, und
Moraͤſte, die man mir in Paris als wichtig beſchrieben
hatte, zu beſichtigen. Ich that die kleine Reiſe von
3½ Stunden am fruͤhen Morgen zu Fuß, und erquickte
mich ungemein an den herrlichen Frucht-Lein- und Hanf-
feldern, durch die der Weg hingeht. Gegen St. Amand
hin, wird die Gegend etwas waldichter, ſonſt iſt ſehr
wenig Holz da. Man findet ein Doͤrfchen, und ein klei-
nes Staͤdtchen am Fluſſe Scarpe, die beide von der
Abtei ihren Namen haben. Das Staͤdtchen hat einen
ſchoͤnen Platz und ein praͤchtiges Rathhaus. Die hohen
alten Thurmſpitzen der Abtei ſind ſchon von weitem ſicht-
bar. Das Wichtigſte darin iſt

Die Kirche der Abtei St. Amand. Der hl.
Amandus, der den franzoͤſiſchen Koͤnig Childerich,
wie man mir ſagte, taufte, hat hier eine Auguſtinerab-
tei, worin wirklich 50. Moͤnche ſind, geſtiftet, und zu
der Kirche, die ſelbſt von Blondel als ein Meiſter-
ſtuͤck der Baukunſt betrachtet wurde, den erſten Grund
gelegt. Vor 113. Jahren hat der Abt Don Nicolas
Dubois
ſie zu der gegenwaͤrtigen Pracht erhoben. Der
jetzige Abt iſt aus dem Hauſe Stuart und Ritter vom
St. Georgen-Orden. Die Kirche iſt 400. Schuh
lang, uͤber 200. Schuh breit, und erſtaunend hoch. Der
Chor iſt eigentlich Kirche uͤber Kirche, denn unter dem
gegenwaͤrtigen Chor iſt noch die ganze alte Kirche vom
Abt St. Amand wirklich vorhanden. Man braucht ei-
ne volle Stunde, wenn man alles beſehen will, und am

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[404/0428] Den 17ten Jul. Dieſen und den folgenden Tag hatte ich mir vorge- nommen auf dem Lande zuzubringen, um die Abtei St. Amand und die dabei gelegenen heilſamen Baͤder, und Moraͤſte, die man mir in Paris als wichtig beſchrieben hatte, zu beſichtigen. Ich that die kleine Reiſe von 3½ Stunden am fruͤhen Morgen zu Fuß, und erquickte mich ungemein an den herrlichen Frucht-Lein- und Hanf- feldern, durch die der Weg hingeht. Gegen St. Amand hin, wird die Gegend etwas waldichter, ſonſt iſt ſehr wenig Holz da. Man findet ein Doͤrfchen, und ein klei- nes Staͤdtchen am Fluſſe Scarpe, die beide von der Abtei ihren Namen haben. Das Staͤdtchen hat einen ſchoͤnen Platz und ein praͤchtiges Rathhaus. Die hohen alten Thurmſpitzen der Abtei ſind ſchon von weitem ſicht- bar. Das Wichtigſte darin iſt Die Kirche der Abtei St. Amand. Der hl. Amandus, der den franzoͤſiſchen Koͤnig Childerich, wie man mir ſagte, taufte, hat hier eine Auguſtinerab- tei, worin wirklich 50. Moͤnche ſind, geſtiftet, und zu der Kirche, die ſelbſt von Blondel als ein Meiſter- ſtuͤck der Baukunſt betrachtet wurde, den erſten Grund gelegt. Vor 113. Jahren hat der Abt Don Nicolas Dubois ſie zu der gegenwaͤrtigen Pracht erhoben. Der jetzige Abt iſt aus dem Hauſe Stuart und Ritter vom St. Georgen-Orden. Die Kirche iſt 400. Schuh lang, uͤber 200. Schuh breit, und erſtaunend hoch. Der Chor iſt eigentlich Kirche uͤber Kirche, denn unter dem gegenwaͤrtigen Chor iſt noch die ganze alte Kirche vom Abt St. Amand wirklich vorhanden. Man braucht ei- ne volle Stunde, wenn man alles beſehen will, und am beſten

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/428>, abgerufen am 20.04.2024.