Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Neben dem Natur. Kab. ist ein kleiner medicini-
scher Garten,
wo der Gärtner den jungen Wundärzten
etwas Botanik lehrt. Seine ganze Orangerie besteht
aus 4-6. Stücken. In der Mitte steht

Lorenz Costers marmorne Bildsäule *) --
des Bürgers von Harlem, auf den die ganze Stadt,
aber ohne Grund, so stolz thut. Er steht in seiner Klei-
dung auf einem Fußgestelle, hat ein Buch in der rechten
und die Letter A. in der linken Hand. Hinten und vor-
ne sind lateinische Inschriften. Am Fußgestelle ist er
abgebildet, wie er erst Buchstaben in Baumrinden schnei-
det, auf der andern Seite sieht man schon eine Presse und
einen ganzen Kasten voll Schriften, die Coster zusam-
mensetzt.

Mit einigen Bestellungen auf Morgen kam die Nacht,
die Müdigkeit und der Schlaf herbei.

Den 8ten August.

Am schönen lieblichen Sommermorgen ging ich hin-
aus nach dem

Harlemer Holz oder Busch. Dies ist ein Lust-
wald vor der Stadt, worin herrliche Spaziergänge ange-
legt sind. Ich sah da die Hannengemeier, so nennt
man die deutschen Bauern, die aus Westphalen und
Niedersachsen um Johannistag hierher kommen und
mähen, denn die reichen holländischen Bauern verrichten
dergleichen Arbeit nicht. Die Leute haben des Tags

24. Stü-
*) Die Aerzte dieser Stadt haben sie im J. 1723. errich-
tet. Herausgeber.
L l 5

Neben dem Natur. Kab. iſt ein kleiner medicini-
ſcher Garten,
wo der Gaͤrtner den jungen Wundaͤrzten
etwas Botanik lehrt. Seine ganze Orangerie beſteht
aus 4-6. Stuͤcken. In der Mitte ſteht

Lorenz Coſters marmorne Bildſaͤule *)
des Buͤrgers von Harlem, auf den die ganze Stadt,
aber ohne Grund, ſo ſtolz thut. Er ſteht in ſeiner Klei-
dung auf einem Fußgeſtelle, hat ein Buch in der rechten
und die Letter A. in der linken Hand. Hinten und vor-
ne ſind lateiniſche Inſchriften. Am Fußgeſtelle iſt er
abgebildet, wie er erſt Buchſtaben in Baumrinden ſchnei-
det, auf der andern Seite ſieht man ſchon eine Preſſe und
einen ganzen Kaſten voll Schriften, die Coſter zuſam-
menſetzt.

Mit einigen Beſtellungen auf Morgen kam die Nacht,
die Muͤdigkeit und der Schlaf herbei.

Den 8ten Auguſt.

Am ſchoͤnen lieblichen Sommermorgen ging ich hin-
aus nach dem

Harlemer Holz oder Buſch. Dies iſt ein Luſt-
wald vor der Stadt, worin herrliche Spaziergaͤnge ange-
legt ſind. Ich ſah da die Hannengemeier, ſo nennt
man die deutſchen Bauern, die aus Weſtphalen und
Niederſachſen um Johannistag hierher kommen und
maͤhen, denn die reichen hollaͤndiſchen Bauern verrichten
dergleichen Arbeit nicht. Die Leute haben des Tags

24. Stuͤ-
*) Die Aerzte dieſer Stadt haben ſie im J. 1723. errich-
tet. Herausgeber.
L l 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0561" n="537"/>
          <p>Neben dem Natur. Kab. i&#x017F;t ein kleiner <hi rendition="#fr">medicini-<lb/>
&#x017F;cher Garten,</hi> wo der Ga&#x0364;rtner den jungen Wunda&#x0364;rzten<lb/>
etwas Botanik lehrt. Seine ganze Orangerie be&#x017F;teht<lb/>
aus 4-6. Stu&#x0364;cken. In der Mitte &#x017F;teht</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lorenz Co&#x017F;ters marmorne Bild&#x017F;a&#x0364;ule</hi><note place="foot" n="*)">Die Aerzte die&#x017F;er Stadt haben &#x017F;ie im J. 1723. errich-<lb/>
tet. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note> &#x2014;<lb/>
des Bu&#x0364;rgers von <hi rendition="#fr">Harlem,</hi> auf den die ganze Stadt,<lb/>
aber ohne Grund, &#x017F;o &#x017F;tolz thut. Er &#x017F;teht in &#x017F;einer Klei-<lb/>
dung auf einem Fußge&#x017F;telle, hat ein Buch in der rechten<lb/>
und die Letter <hi rendition="#aq">A.</hi> in der linken Hand. Hinten und vor-<lb/>
ne &#x017F;ind lateini&#x017F;che In&#x017F;chriften. Am Fußge&#x017F;telle i&#x017F;t er<lb/>
abgebildet, wie er er&#x017F;t Buch&#x017F;taben in Baumrinden &#x017F;chnei-<lb/>
det, auf der andern Seite &#x017F;ieht man &#x017F;chon eine Pre&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
einen ganzen Ka&#x017F;ten voll Schriften, die <hi rendition="#fr">Co&#x017F;ter</hi> zu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;etzt.</p><lb/>
          <p>Mit einigen Be&#x017F;tellungen auf Morgen kam die Nacht,<lb/>
die Mu&#x0364;digkeit und der Schlaf herbei.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 8ten Augu&#x017F;t.</head><lb/>
            <p>Am &#x017F;cho&#x0364;nen lieblichen Sommermorgen ging ich hin-<lb/>
aus nach dem</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Harlemer Holz</hi> oder <hi rendition="#fr">Bu&#x017F;ch.</hi> Dies i&#x017F;t ein Lu&#x017F;t-<lb/>
wald vor der Stadt, worin herrliche Spazierga&#x0364;nge ange-<lb/>
legt &#x017F;ind. Ich &#x017F;ah da die <hi rendition="#fr">Hannengemeier,</hi> &#x017F;o nennt<lb/>
man die deut&#x017F;chen Bauern, die aus <hi rendition="#fr">We&#x017F;tphalen</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Nieder&#x017F;ach&#x017F;en</hi> um Johannistag hierher kommen und<lb/>
ma&#x0364;hen, denn die reichen holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Bauern verrichten<lb/>
dergleichen Arbeit nicht. Die Leute haben des Tags<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l 5</fw><fw place="bottom" type="catch">24. Stu&#x0364;-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[537/0561] Neben dem Natur. Kab. iſt ein kleiner medicini- ſcher Garten, wo der Gaͤrtner den jungen Wundaͤrzten etwas Botanik lehrt. Seine ganze Orangerie beſteht aus 4-6. Stuͤcken. In der Mitte ſteht Lorenz Coſters marmorne Bildſaͤule *) — des Buͤrgers von Harlem, auf den die ganze Stadt, aber ohne Grund, ſo ſtolz thut. Er ſteht in ſeiner Klei- dung auf einem Fußgeſtelle, hat ein Buch in der rechten und die Letter A. in der linken Hand. Hinten und vor- ne ſind lateiniſche Inſchriften. Am Fußgeſtelle iſt er abgebildet, wie er erſt Buchſtaben in Baumrinden ſchnei- det, auf der andern Seite ſieht man ſchon eine Preſſe und einen ganzen Kaſten voll Schriften, die Coſter zuſam- menſetzt. Mit einigen Beſtellungen auf Morgen kam die Nacht, die Muͤdigkeit und der Schlaf herbei. Den 8ten Auguſt. Am ſchoͤnen lieblichen Sommermorgen ging ich hin- aus nach dem Harlemer Holz oder Buſch. Dies iſt ein Luſt- wald vor der Stadt, worin herrliche Spaziergaͤnge ange- legt ſind. Ich ſah da die Hannengemeier, ſo nennt man die deutſchen Bauern, die aus Weſtphalen und Niederſachſen um Johannistag hierher kommen und maͤhen, denn die reichen hollaͤndiſchen Bauern verrichten dergleichen Arbeit nicht. Die Leute haben des Tags 24. Stuͤ- *) Die Aerzte dieſer Stadt haben ſie im J. 1723. errich- tet. Herausgeber. L l 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/561
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/561>, abgerufen am 25.04.2024.