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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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wohl eine Inschrift aus dem 16ten Psalm Saturabor
etc.
nach der Vulgata daran ist. Ueber diesen Sarg
senkt sich ein Engel vom Himmel herab mit einer Posaune
am Münde, die gegen den Sarg gerichtet ist. Aus dem
Sarge erhebt sich halb die Mutter des Künstlers, eine
alte Frau, aber ein Meisterstück des Meissels; sie sieht
nach ihrem Sohn, faltet die Hände, und hat den Mund
halb offen, und ein redendes Gesicht. An der Seite steht
an einer Pyramide das Portrait von Le Brun mit einer
Inschrift. Unten an der Pyramide liegen weibliche Fi-
guren aus weissem Marmor, der durch die Zeit gelb ge-
worden ist, vermuthlich Sinnbilder von den bildenden
Künsten, die sich freuen, die Büste des grossen Mannes
über das Grab zu erheben. Hat nicht die Idee: daß bei
des Künstlers Tode ein Engel die Mutter aus dem Gra-
be ruft, um ihren grossen Sohn zu sehen, etwas erhabe-
nes, etwas feierliches? Die Kirche hat ausser diesem
Mausoleum noch für sich selber viel Schönes. -- Le
Brun
aber verdient alle dankbare Hochachtung. Man
darf von seiner Asche nicht gar weit gehen, so sieht man
ein kostbares Stück von ihm *). Nicht weit davon ist
auch

Val de Grace; eine Art von Kapelle, ohne Kir-
chenstühle, blos mit einem Hochaltar und Prie-Dieu
versehen, die aber gesehen zu werden verdient. An den
Säulen und Gesimse ist viele Stukkaturarbeit. Der
Altar hat gedrehte, stark vergoldete Säulen. Der Bo-

den
*) Seine busfertige Magdalene, deren unterm 11ten
Jun. Erwähnung geschieht.
Herausgeber.

wohl eine Inſchrift aus dem 16ten Pſalm Saturabor
etc.
nach der Vulgata daran iſt. Ueber dieſen Sarg
ſenkt ſich ein Engel vom Himmel herab mit einer Poſaune
am Muͤnde, die gegen den Sarg gerichtet iſt. Aus dem
Sarge erhebt ſich halb die Mutter des Kuͤnſtlers, eine
alte Frau, aber ein Meiſterſtuͤck des Meiſſels; ſie ſieht
nach ihrem Sohn, faltet die Haͤnde, und hat den Mund
halb offen, und ein redendes Geſicht. An der Seite ſteht
an einer Pyramide das Portrait von Le Brun mit einer
Inſchrift. Unten an der Pyramide liegen weibliche Fi-
guren aus weiſſem Marmor, der durch die Zeit gelb ge-
worden iſt, vermuthlich Sinnbilder von den bildenden
Kuͤnſten, die ſich freuen, die Buͤſte des groſſen Mannes
uͤber das Grab zu erheben. Hat nicht die Idee: daß bei
des Kuͤnſtlers Tode ein Engel die Mutter aus dem Gra-
be ruft, um ihren groſſen Sohn zu ſehen, etwas erhabe-
nes, etwas feierliches? Die Kirche hat auſſer dieſem
Mauſoleum noch fuͤr ſich ſelber viel Schoͤnes. — Le
Brun
aber verdient alle dankbare Hochachtung. Man
darf von ſeiner Aſche nicht gar weit gehen, ſo ſieht man
ein koſtbares Stuͤck von ihm *). Nicht weit davon iſt
auch

Val de Grace; eine Art von Kapelle, ohne Kir-
chenſtuͤhle, blos mit einem Hochaltar und Prie-Dieu
verſehen, die aber geſehen zu werden verdient. An den
Saͤulen und Geſimſe iſt viele Stukkaturarbeit. Der
Altar hat gedrehte, ſtark vergoldete Saͤulen. Der Bo-

den
*) Seine busfertige Magdalene, deren unterm 11ten
Jun. Erwaͤhnung geſchieht.
Herausgeber.
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[174/0198] wohl eine Inſchrift aus dem 16ten Pſalm Saturabor etc. nach der Vulgata daran iſt. Ueber dieſen Sarg ſenkt ſich ein Engel vom Himmel herab mit einer Poſaune am Muͤnde, die gegen den Sarg gerichtet iſt. Aus dem Sarge erhebt ſich halb die Mutter des Kuͤnſtlers, eine alte Frau, aber ein Meiſterſtuͤck des Meiſſels; ſie ſieht nach ihrem Sohn, faltet die Haͤnde, und hat den Mund halb offen, und ein redendes Geſicht. An der Seite ſteht an einer Pyramide das Portrait von Le Brun mit einer Inſchrift. Unten an der Pyramide liegen weibliche Fi- guren aus weiſſem Marmor, der durch die Zeit gelb ge- worden iſt, vermuthlich Sinnbilder von den bildenden Kuͤnſten, die ſich freuen, die Buͤſte des groſſen Mannes uͤber das Grab zu erheben. Hat nicht die Idee: daß bei des Kuͤnſtlers Tode ein Engel die Mutter aus dem Gra- be ruft, um ihren groſſen Sohn zu ſehen, etwas erhabe- nes, etwas feierliches? Die Kirche hat auſſer dieſem Mauſoleum noch fuͤr ſich ſelber viel Schoͤnes. — Le Brun aber verdient alle dankbare Hochachtung. Man darf von ſeiner Aſche nicht gar weit gehen, ſo ſieht man ein koſtbares Stuͤck von ihm *). Nicht weit davon iſt auch Val de Grace; eine Art von Kapelle, ohne Kir- chenſtuͤhle, blos mit einem Hochaltar und Prie-Dieu verſehen, die aber geſehen zu werden verdient. An den Saͤulen und Geſimſe iſt viele Stukkaturarbeit. Der Altar hat gedrehte, ſtark vergoldete Saͤulen. Der Bo- den *) Seine busfertige Magdalene, deren unterm 11ten Jun. Erwaͤhnung geſchieht. Herausgeber.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/198>, abgerufen am 29.03.2024.