Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Den Rest des verregneten Tages widmete ich theils
dem 2ten Theil der Naturgeschichte der Thiere von Per-
rault,
theils dem Briesschreiben, und Abends ging ich
noch zu

Mr. Delisle Rome, a la Maison de M. d'En-
nery
, Rue neuve des bons Enfans,
grade neben
dem Hotel de Varsovie. Ein Mann, der jedem
Fremden höflich und freundschaftlich begegnet. Ich hat-
te Addresse an ihn vom Abbe' le Blond, und traf ihn
überm Schreiben an Hr. Prof. Herrmann in Stras-
burg
an, wegen eines Stücks mit grünen Bleikrystallen,
das ihm Letz[t]er geschickt hatte. Er wies mir dessen Brief.
Hr. Prof. Herrmann erhielt von Girognany in Loth-
ringen,
einem Orte, wo man nie Blei entdeckt hatte,
ein Stück Quarz mit kleinen grünen prismatischen Kry-
stallen, die grünes Blei waren. Hr. Delisle hatte es
zerschlagen, und gefunden, daß es kein Stück war, das
man aus Schächten herausgegraben, sondern es hatte an
der Luft gelegen, hatte Hölungen unten, wo grosse Wür-
fel von Blei darin gewesen waren, inwendig sas auch
würklich noch ein Stück von der Bleiminer. Man sah
Humum, kleine Würzelchenfasern etc. noch darin hän-
gen, also kam es wohl nicht aus dem Schachte, an dem
Orte, wo's gefunden worden war: denn vorher hatte
man nie Blei an dem Orte entdeckt. Die Bleikrystalle
waren doch nicht so schön als unser grünes Blei hinter
Freiburg. Weil der Brief noch auf die Post sollte,
hielt ich mich jetzt nicht auf; wiewohl er mir gleich seine
Krystallen-Sammlung zeigen wollte. -- Wir verabre-
deten die Durchsicht seines Kabinets auf Morgen Nach-
mittag, und ich ging weg voll Freuden, wieder einen

Mann

Den Reſt des verregneten Tages widmete ich theils
dem 2ten Theil der Naturgeſchichte der Thiere von Per-
rault,
theils dem Brieſſchreiben, und Abends ging ich
noch zu

Mr. Delisle Romé, à la Maiſon de M. d’En-
nery
, Rue neuve des bons Enfans,
grade neben
dem Hôtel de Varſovie. Ein Mann, der jedem
Fremden hoͤflich und freundſchaftlich begegnet. Ich hat-
te Addreſſe an ihn vom Abbe’ le Blond, und traf ihn
uͤberm Schreiben an Hr. Prof. Herrmann in Stras-
burg
an, wegen eines Stuͤcks mit gruͤnen Bleikryſtallen,
das ihm Letz[t]er geſchickt hatte. Er wies mir deſſen Brief.
Hr. Prof. Herrmann erhielt von Girognany in Loth-
ringen,
einem Orte, wo man nie Blei entdeckt hatte,
ein Stuͤck Quarz mit kleinen gruͤnen priſmatiſchen Kry-
ſtallen, die gruͤnes Blei waren. Hr. Delisle hatte es
zerſchlagen, und gefunden, daß es kein Stuͤck war, das
man aus Schaͤchten herausgegraben, ſondern es hatte an
der Luft gelegen, hatte Hoͤlungen unten, wo groſſe Wuͤr-
fel von Blei darin geweſen waren, inwendig ſas auch
wuͤrklich noch ein Stuͤck von der Bleiminer. Man ſah
Humum, kleine Wuͤrzelchenfaſern ꝛc. noch darin haͤn-
gen, alſo kam es wohl nicht aus dem Schachte, an dem
Orte, wo’s gefunden worden war: denn vorher hatte
man nie Blei an dem Orte entdeckt. Die Bleikryſtalle
waren doch nicht ſo ſchoͤn als unſer gruͤnes Blei hinter
Freiburg. Weil der Brief noch auf die Poſt ſollte,
hielt ich mich jetzt nicht auf; wiewohl er mir gleich ſeine
Kryſtallen-Sammlung zeigen wollte. — Wir verabre-
deten die Durchſicht ſeines Kabinets auf Morgen Nach-
mittag, und ich ging weg voll Freuden, wieder einen

Mann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0279" n="255"/>
            <p>Den Re&#x017F;t des verregneten Tages widmete ich theils<lb/>
dem 2ten Theil der Naturge&#x017F;chichte der Thiere von <hi rendition="#fr">Per-<lb/>
rault,</hi> theils dem Brie&#x017F;&#x017F;chreiben, und Abends ging ich<lb/>
noch zu</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Mr. <hi rendition="#i">Delisle Romé</hi>, à la Mai&#x017F;on de M. d&#x2019;<hi rendition="#i">En-<lb/>
nery</hi>, Rue neuve des bons Enfans,</hi> grade neben<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Hôtel de <hi rendition="#i">Var&#x017F;ovie</hi>.</hi> Ein Mann, der jedem<lb/>
Fremden ho&#x0364;flich und freund&#x017F;chaftlich begegnet. Ich hat-<lb/>
te Addre&#x017F;&#x017F;e an ihn vom Abbe&#x2019; <hi rendition="#fr">le Blond,</hi> und traf ihn<lb/>
u&#x0364;berm Schreiben an Hr. Prof. <hi rendition="#fr">Herrmann</hi> in <hi rendition="#fr">Stras-<lb/>
burg</hi> an, wegen eines Stu&#x0364;cks mit gru&#x0364;nen Bleikry&#x017F;tallen,<lb/>
das ihm Letz<supplied>t</supplied>er ge&#x017F;chickt hatte. Er wies mir de&#x017F;&#x017F;en Brief.<lb/>
Hr. Prof. <hi rendition="#fr">Herrmann</hi> erhielt von <hi rendition="#fr">Girognany</hi> in <hi rendition="#fr">Loth-<lb/>
ringen,</hi> einem Orte, wo man nie Blei entdeckt hatte,<lb/>
ein Stu&#x0364;ck Quarz mit kleinen gru&#x0364;nen pri&#x017F;mati&#x017F;chen Kry-<lb/>
&#x017F;tallen, die gru&#x0364;nes Blei waren. Hr. <hi rendition="#fr">Delisle</hi> hatte es<lb/>
zer&#x017F;chlagen, und gefunden, daß es kein Stu&#x0364;ck war, das<lb/>
man aus Scha&#x0364;chten herausgegraben, &#x017F;ondern es hatte an<lb/>
der Luft gelegen, hatte Ho&#x0364;lungen unten, wo gro&#x017F;&#x017F;e Wu&#x0364;r-<lb/>
fel von Blei darin gewe&#x017F;en waren, inwendig &#x017F;as auch<lb/>
wu&#x0364;rklich noch ein Stu&#x0364;ck von der Bleiminer. Man &#x017F;ah<lb/><hi rendition="#aq">Humum,</hi> kleine Wu&#x0364;rzelchenfa&#x017F;ern &#xA75B;c. noch darin ha&#x0364;n-<lb/>
gen, al&#x017F;o kam es wohl nicht aus dem Schachte, an dem<lb/>
Orte, wo&#x2019;s gefunden worden war: denn vorher hatte<lb/>
man nie Blei an dem Orte entdeckt. Die Bleikry&#x017F;talle<lb/>
waren doch nicht &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n als un&#x017F;er gru&#x0364;nes Blei hinter<lb/><hi rendition="#fr">Freiburg.</hi> Weil der Brief noch auf die Po&#x017F;t &#x017F;ollte,<lb/>
hielt ich mich jetzt nicht auf; wiewohl er mir gleich &#x017F;eine<lb/>
Kry&#x017F;tallen-Sammlung zeigen wollte. &#x2014; Wir verabre-<lb/>
deten die Durch&#x017F;icht &#x017F;eines Kabinets auf Morgen Nach-<lb/>
mittag, und ich ging weg voll Freuden, wieder einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mann</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0279] Den Reſt des verregneten Tages widmete ich theils dem 2ten Theil der Naturgeſchichte der Thiere von Per- rault, theils dem Brieſſchreiben, und Abends ging ich noch zu Mr. Delisle Romé, à la Maiſon de M. d’En- nery, Rue neuve des bons Enfans, grade neben dem Hôtel de Varſovie. Ein Mann, der jedem Fremden hoͤflich und freundſchaftlich begegnet. Ich hat- te Addreſſe an ihn vom Abbe’ le Blond, und traf ihn uͤberm Schreiben an Hr. Prof. Herrmann in Stras- burg an, wegen eines Stuͤcks mit gruͤnen Bleikryſtallen, das ihm Letzter geſchickt hatte. Er wies mir deſſen Brief. Hr. Prof. Herrmann erhielt von Girognany in Loth- ringen, einem Orte, wo man nie Blei entdeckt hatte, ein Stuͤck Quarz mit kleinen gruͤnen priſmatiſchen Kry- ſtallen, die gruͤnes Blei waren. Hr. Delisle hatte es zerſchlagen, und gefunden, daß es kein Stuͤck war, das man aus Schaͤchten herausgegraben, ſondern es hatte an der Luft gelegen, hatte Hoͤlungen unten, wo groſſe Wuͤr- fel von Blei darin geweſen waren, inwendig ſas auch wuͤrklich noch ein Stuͤck von der Bleiminer. Man ſah Humum, kleine Wuͤrzelchenfaſern ꝛc. noch darin haͤn- gen, alſo kam es wohl nicht aus dem Schachte, an dem Orte, wo’s gefunden worden war: denn vorher hatte man nie Blei an dem Orte entdeckt. Die Bleikryſtalle waren doch nicht ſo ſchoͤn als unſer gruͤnes Blei hinter Freiburg. Weil der Brief noch auf die Poſt ſollte, hielt ich mich jetzt nicht auf; wiewohl er mir gleich ſeine Kryſtallen-Sammlung zeigen wollte. — Wir verabre- deten die Durchſicht ſeines Kabinets auf Morgen Nach- mittag, und ich ging weg voll Freuden, wieder einen Mann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/279
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/279>, abgerufen am 23.04.2024.