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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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wie ich las, zeigte er mir die Körper, welche die Beweise
dazu abgaben. Es waren die schönsten Alabaster, aber
alle par depots, par undulations gebildet, man sah
die Runzeln gar deutlich daran. Er zeigte a) mir Sta-
lactiten, die in der Mitte angeschliffen, der schönste Ala-
baster waren. b) Einen Menschenkopf aus dem Ori-
ent,
der eine Inkrustation und zwar sichtbar a la ma-
niere des stalactites
hatte, aber wo er angeschliffen
war, den schönsten Alabaster zeigte. c) Einen braunen
Alabaster, aus dem Carlsbade, der Lage über Lage hatte,
und so entstanden war. E) Er sagte mir, daß unter
allen Naturkundigen Ferdin. Imperati und Aldrovan-
di
,
weil sie in Italien die vielen Gefässe aus dem Ala-
baster der Alten gesehen, darin nicht geirrt, und den Ala-
baster auch für einen Kalkstein angesehen, und daß auch
Theophrast's Alabaster eine terre oder pierre calcai-
re
sei, wie's auch Hill in seinem Commentar übern
Theophrast richtig für Kalk erklärt hätte, daß auch der
Alabastrites Plin. aus dem die Alten viele Gefässe,
sonderlich Balsambüchschen, Fläschchen, machten, schon
nach dieser Bestimmung und Anwendung zu urtheilen,
unmöglich ein Gyps gewesen seyn könne, um so viel we-
niger, da nach den neuen Entdeckungen (s. den Natur-
forscher,
) der Gyps sich auch im Wasser auflösen lasse.
Mir fiel hierbei die Stelle Matth. 26, 7. ein, die sich
nun auch leichter erklären läßt. Matthäus und Mar-
cus
nennen das Balsamfläschchen alabasron. Jener
setzt nur e gone katekeen, dieser aber suntripsasa. Das
Letzte hat den Exegten viel Mühe gemacht. Unser Ala-
baster säßt sich nicht so leicht in der Hand entzwei brechen.
War aber der Alabaster der Alten nicht unser Alabaster;
so läßt sich das leichter erklären. Es kan ein Fläschchen
aus
wie ich las, zeigte er mir die Koͤrper, welche die Beweiſe
dazu abgaben. Es waren die ſchoͤnſten Alabaſter, aber
alle par depots, par undulations gebildet, man ſah
die Runzeln gar deutlich daran. Er zeigte a) mir Sta-
lactiten, die in der Mitte angeſchliffen, der ſchoͤnſte Ala-
baſter waren. b) Einen Menſchenkopf aus dem Ori-
ent,
der eine Inkruſtation und zwar ſichtbar à la ma-
niere des ſtalactites
hatte, aber wo er angeſchliffen
war, den ſchoͤnſten Alabaſter zeigte. c) Einen braunen
Alabaſter, aus dem Carlsbade, der Lage uͤber Lage hatte,
und ſo entſtanden war. E) Er ſagte mir, daß unter
allen Naturkundigen Ferdin. Imperati und Aldrovan-
di
,
weil ſie in Italien die vielen Gefaͤſſe aus dem Ala-
baſter der Alten geſehen, darin nicht geirrt, und den Ala-
baſter auch fuͤr einen Kalkſtein angeſehen, und daß auch
Theophraſt’s Alabaſter eine terre oder pierre calcai-
re
ſei, wie’s auch Hill in ſeinem Commentar uͤbern
Theophraſt richtig fuͤr Kalk erklaͤrt haͤtte, daß auch der
Alabaſtrites Plin. aus dem die Alten viele Gefaͤſſe,
ſonderlich Balſambuͤchschen, Flaͤſchchen, machten, ſchon
nach dieſer Beſtimmung und Anwendung zu urtheilen,
unmoͤglich ein Gyps geweſen ſeyn koͤnne, um ſo viel we-
niger, da nach den neuen Entdeckungen (ſ. den Natur-
forſcher,
) der Gyps ſich auch im Waſſer aufloͤſen laſſe.
Mir fiel hierbei die Stelle Matth. 26, 7. ein, die ſich
nun auch leichter erklaͤren laͤßt. Matthaͤus und Mar-
cus
nennen das Balſamflaͤſchchen αλαβαςρον. Jener
ſetzt nur η γονη κατεκεεν, dieſer aber συντριψαςα. Das
Letzte hat den Exegten viel Muͤhe gemacht. Unſer Ala-
baſter ſaͤßt ſich nicht ſo leicht in der Hand entzwei brechen.
War aber der Alabaſter der Alten nicht unſer Alabaſter;
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[260/0284] wie ich las, zeigte er mir die Koͤrper, welche die Beweiſe dazu abgaben. Es waren die ſchoͤnſten Alabaſter, aber alle par depots, par undulations gebildet, man ſah die Runzeln gar deutlich daran. Er zeigte a) mir Sta- lactiten, die in der Mitte angeſchliffen, der ſchoͤnſte Ala- baſter waren. b) Einen Menſchenkopf aus dem Ori- ent, der eine Inkruſtation und zwar ſichtbar à la ma- niere des ſtalactites hatte, aber wo er angeſchliffen war, den ſchoͤnſten Alabaſter zeigte. c) Einen braunen Alabaſter, aus dem Carlsbade, der Lage uͤber Lage hatte, und ſo entſtanden war. E) Er ſagte mir, daß unter allen Naturkundigen Ferdin. Imperati und Aldrovan- di, weil ſie in Italien die vielen Gefaͤſſe aus dem Ala- baſter der Alten geſehen, darin nicht geirrt, und den Ala- baſter auch fuͤr einen Kalkſtein angeſehen, und daß auch Theophraſt’s Alabaſter eine terre oder pierre calcai- re ſei, wie’s auch Hill in ſeinem Commentar uͤbern Theophraſt richtig fuͤr Kalk erklaͤrt haͤtte, daß auch der Alabaſtrites Plin. aus dem die Alten viele Gefaͤſſe, ſonderlich Balſambuͤchschen, Flaͤſchchen, machten, ſchon nach dieſer Beſtimmung und Anwendung zu urtheilen, unmoͤglich ein Gyps geweſen ſeyn koͤnne, um ſo viel we- niger, da nach den neuen Entdeckungen (ſ. den Natur- forſcher,) der Gyps ſich auch im Waſſer aufloͤſen laſſe. Mir fiel hierbei die Stelle Matth. 26, 7. ein, die ſich nun auch leichter erklaͤren laͤßt. Matthaͤus und Mar- cus nennen das Balſamflaͤſchchen αλαβαςρον. Jener ſetzt nur η γονη κατεκεεν, dieſer aber συντριψαςα. Das Letzte hat den Exegten viel Muͤhe gemacht. Unſer Ala- baſter ſaͤßt ſich nicht ſo leicht in der Hand entzwei brechen. War aber der Alabaſter der Alten nicht unſer Alabaſter; ſo laͤßt ſich das leichter erklaͤren. Es kan ein Flaͤſchchen aus

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/284>, abgerufen am 28.03.2024.